Chaos & Macht

Ben Kinder
MACHT AN
Published in
4 min readDec 29, 2018

Zu Beginn eine steile These: Macht ist überall! Sie ist um uns herum und sie geht durch uns hindurch. Man kann ihr nicht entfliehen und wo Macht ist, ist auch das Chaos nicht weit.

Das Chaos ist überhaupt nie weit weg! Und immer eine Möglichkeit. Chaos so glaubten die alten Griechen ist der Urzustand der Welt — völlige Unordnung und Verwirrung. Chaos steht aber auch für das „Nichts“ — für “Tohuwabohu” das Fehlen von Führung und das Fehlen von Sinn!

Die Entstehung der Welt ist nun die “Creatio ex nihilo” — die Schöpfung aus dem Nichts! Mit der Schöpfung und der Schaffung von zwei Zuständen: Dem Chaos und dem Kosmos — entstand eine erste Unterscheidung — die erste Grenze!

Der Philosoph Konrad Liessmann sagt: „Ohne sie (die Grenze) wäre jedes menschliche Handeln vollkommen orientierungs- und richtungslos, zufällig und beliebig.“ Kurz gesagt: Chaotisch!

Die Grenze lässt das Eine enden und gleichzeitig das Andere beginnen! Sie macht das Eine vom Anderen unterscheidbar! Ohne eine Grenze wäre nichts wahrnehmbar. Ohne einen Rahmen gibt es kein Bild! Grenzen so Liessmann sind „die Voraussetzung jeder menschlichen Erkenntnis.” Denn jede Erkenntnis beginnt mit der Einsicht: Dieses ist nicht Jenes.“

Somit kann auch Freiheit sich ohne Grenzen nicht entfalten. Denn allein das Verständnis von Freiheit und Unfreiheit ermöglicht mir Freiheit zu empfinden!

Grenzen bedingen Freiheit!

Photo by Conor Luddy on Unsplash

Von Menschen gemachte Grenzen sind aber nicht starr, sie sind verhandelbar, fluide… Es liegt ein Versprechen in den Grenzen — dahinter ist noch etwas! Finde es heraus!

Um nicht in völliger Richtungslosigkeit und Beliebigkeit zu leben, brauchen wir Grenzen! Sie strukturieren das Chaos und geben ihm eine Richtung!

So habe ich entdeckt, dass erst Grenzen Freiheit ermöglichen. Die Macht diese Grenzen oder Limits zu verhandeln und Menschen dazu zu bringen sich auf diese Grenzen verbindlich festzulegen, schafft Orientierung, Sinn und Zufriedenheit.

Wer aber hat die Macht diese Grenzen zu verhandeln? Politiker? Konzerne? Wir Alle?

Hier hilft Michel Foucault. Seine Theorie besagt: dass die eigentliche Macht durch Wissen entsteht welches sich durchsetzt! Und nicht durch Autoritäten!

Macht ist ein Mechanismus der ganze Gesellschaften durchdringen kann!

Michel Faucoult, https://dusunbil.com/wp-content/uploads/2017/12/foucault.jpg

Ein Beispiel: Faucoult sagt: Damit sich die Vernunft durchsetzen konnte, brauchte sie ihr Gegenteil: den Wahnsinn — er ist auf der anderen Seite und ihr unterlegen! Er ist weniger wünschenswert. So entstand eine wahrnehmbare Grenze zwischen der Vernunft und dem Wahnsinn. Wollten die Menschen den Wahnsinn nicht , so mussten sie die Vernunft wählen.

Macht ist also weder Wesen, noch Substanz das man sich aneignen kann. Macht ist eine Beziehung zwischen Individuen und Gruppen.

Die Beziehung ist die Macht — nicht die Person, nicht die Gruppe!

Um aber auf Beziehungen Einfluss nehmen zu können, benötigt man Wissen. Wissen über den menschlichen Körper und den menschlichen Geist ; so gelingt es immer bessere Praktiken der Macht zu ermöglichen.

Diese Veränderung der Macht war die Voraussetzung für die ökonomische Ausbeutung des Menschen! Die Formen der Macht mehr Wissen über den Menschen zu erlangen, sind dabei immer subtiler geworden —man frage nur kurz nach beim sozialen Netzwerk des Vertrauens!

Dies ist die Evolution der Macht.

Sie zirkuliert, ist nur bedingt lokalisierbar. Macht wird in Form eines Netzes ausgeübt. Über das Netz erleiden Menschen die Folgen von Macht oder sie übertragen sie weiter — Macht geht durch uns hindurch!

Andererseits wirkt diese wachsende Transparenz auch andersherum — Wissen wird durchlässig und stärkt das einzelne Individuum. Die gesellschaftlichen Grenzen verschieben sich in diesem Prozess immer weiter hin zum Einzelnen. Unser Gewissen prüfen wir heute selbst. Denn es gibt immer weniger gesellschaftlichen Konsens über die allgemeine Gültigkeit von Grenzen.

Macht ist fluide und lässt neue Wissensformen erst entstehen und steht somit als Synonym für das Verschieben von Grenzen — für die ständige Neuvermessung der Welt…

Die Macht steht dabei Jedem offen — Jeder ist in den Machtprozess einbezogen — Man ist nie nur Opfer sondern immer auch möglicher Akteur!

Photo by Markus Spiske on Unsplash

Macht ist also Energie, die über das menschliche Beziehungsgeflecht eine Richtung bekommt . Macht hat einen schöpferischen, produktiven Aspekt, genau wie das Chaos — welches nur eine Richtung, einen Sinn braucht!

Jeder von uns ist mächtig! Nutzt Sie! Vernetzt euch!

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