Community, AI und Podcasts: 5 Trends die 2018 wichtig werden — und 6 Startups, die daran arbeiten

An ein paar Trends kommt in diesem Jahr kein Medienhaus vorbei. Unsere sechs neuen Startups im Media Lab haben genau diese Themen im Blick. Sechs Monate lang arbeiten sie jetzt an Prototypen.

Lina Timm
Media Lab Bayern
7 min readJan 26, 2018

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Das Batch #4 mit Voctag, Vivoico, Eventspace, Factfox, Plantura, Shelfd und unserem Team vom Media Lab. Foto: David Brill

Es gibt ein paar Trends, die momentan die gesamte Branche bewegen. Audio-Inhalte sind so einer. Oder Artificial Intelligence. Im Januar haben wir sechs neue Teams in unser Media Startup Fellowship im Media Lab Bayern aufgenommen — und sie tackeln genau diese Felder.

Einige haben bereits erste Prototypen, andere noch gar keine Lösung, aber sie — und uns! — fasziniert das Problem. Das großartige am Lab: Auch solche Teams können wir bei uns fördern und gemeinsam mit ihnen in den kommenden sechs Monaten verschiedene Prototypen testen und Geschäftsmodelle darum herum entwickeln.

Fünf Trends, sechs Startups, here we go!

TREND 1: PODCASTS

Wenn bisher noch nicht das Jahr des Podcasts war, dann ist es das spätestens 2018. Seit dem Alexa-Hype denken mehr und mehr Medienhäuser über Podcasts nach — und Audio als Medienform wird insgesamt spannender. Größere Podcasts stehen dagegen schon vor der Herausforderung: Wie binden sie die Community, die sie sich aufgebaut haben, gut ein? Voctag arbeitet genau dafür an einer Lösung.

Voctag

Wenn ich stundenlang Podcasts oder Radio höre, warum sollte ich dann meine Meinung dazu in ein Kommentarfeld tippen — und nicht einfach erzählen? Auch für die Podcaster ist das Vorlesen von Kommentaren nicht das Nonplusultra der Hörer-Einbindung.

Voctag löst beide Probleme auf einmal — und wurde damit 2017 schon App des Jahres bei Spiegel Online! Es ist eine Plattform für Podcast- und Radiocommunities, auf der Nutzer Sprachnachrichten austauschen und miteinander oder mit ihrem Lieblingspodcaster ins Gespräch kommen können. Die Nutzer können Fragen stellen, auf Beiträge antworten, diskutieren oder einfach nur zuhören.

Das Gründerduo aus Philipp Wallinger und Jonas Reif kennt sich schon aus der Grundschule. Für Philipp ist es schon das zweite Startup nach einer Food-App, die günstige Mittagsangebote im Umkreis anzeigen sollte. Mit seinem Team kommunizierte Philipp ständig über Sprachnachrichten — nach einer langen Nacht entstand daraus die Idee für Voctag.

Voctag ist außerdem das Partner-Startup des Red Bull Media House, gemeinsam werden sie in den nächsten Monaten an Tests und Use-Cases experimentieren.

www.voctag.com

TREND 2: AUTOMATISIERUNG

Artificial Intelligence, Machine Learning — so viele Buzzwords bestimmen gerade die Medienkonferenzen. Worum es dabei eigentlich geht: Die Automatisierung von Redaktionsprozessen. Meiner Ansicht nach einer der spannendsten Trends, schließlich setzt er Ressourcen in der Redaktion für tiefe Recherche, Kommentare und inhaltliche Einordnung frei.

Die Automatisierungs-Lösung unserer neuen Fellows Plantura spart dabei sogar nicht nur Zeit, sondern bietet auch noch einen innovativen Ansatz der Themenrecherche und Nutzereinbindung.

Plantura

An der Oberfläche ist Plantura ein Onlinemagazin für Gartenfreunde — unter der Haube arbeitet ein datengetriebenes Tech-Framework mit einem Crawler und Natural Language Processing, um Trend-Themen zu identifizieren. Klingt komplex, funktioniert so: Der Crawler durchsucht ein Gartenforum und findet, worüber gerade viel diskutiert wird. Dieses Thema bekommen die Redakteure auf den Tisch, die dann recherchieren und den Artikel schreiben. Die werden von Plantura zielgruppenspezifisch und crossmedial ausgespielt — und erzielt so Online-Reichweiten, von denen die Landlust nur träumen kann.

Plantura findet, was die Zielgruppe wirklich interessiert und kann seine Artikel entsprechend ausrichten. Felix Lill, Melissa Raupach und Dominik Cadmus sind mit der Idee 2017 gestartet, heute hat die Seite schon 100.000 Unique Visitors im Monat.

www.plantura.garden

Trend 3: Community-Building

Das Thema Community-Building ist nicht nur für Medien mit Abomodellen wichtig. Spätestens mit der letzten Änderung von Facebooks Newsfeed-Algorithmus hat sich gezeigt, wie wichtig eine Community und Bindung der User an die eigene Marke ist. Gleich zwei unserer neuen Teams entwickeln Lösungen zu diesem Problemfeld.

Factfox

Es gibt Themen, die auf Social Media immer und immer wieder zu hitzigen Debatten führen. Flüchtlinge zum Beispiel, oder Feminismus. Die Argumente bleiben aber auch bei neuen Artikeln meist die gleichen — Social Media Manager werden also immer wieder mit ähnlichen Fragen, Kritikpunkten und Anschuldigungen konfrontiert.

Factfox will den Redaktionen helfen, Zeit und Nerven zu sparen. Das Tool schlägt dem Redakteur automatisch Antworten auf Nutzerkommentare vor und ermöglicht so eine leichtere Bearbeitung. Neue Antworten werden automatisch erfasst und landen in der Datenbank. Außerdem arbeitet Factfox gerade daran, für die Redakteure die wichtigsten User herauszufinden — also die Trolle von denen zu trennen, die wirklich diskutieren möchten.

Die Gründer Miriam Mogge und Sami Boussaid arbeiteten beide in Berlin (sie als Journalistin, er in der Entwicklung bei verschiedenen Startups) und wechselten dann zusammen zum BR, der gerade eine Innovationsabteilung aufbaute. Ende 2016 gewannen sie mit ihrer Idee den dpa Hackathon und arbeiten seither an Factfox.

www.factfox.io

Eventspace

Nichts läuft aktuell so gut wie Konferenzen — gerade zu digitalen Themen ist der Bedarf an Austausch riesig. Das Problem: Die Teilnahme kostet Zeit und Geld, neben den Tickets vor allem für die Anreise. Viele Eventveranstalter bieten bereits Livestreams vom Bühnenprogramm, die werden aber ebenso lau nachgefragt wie Webinare. Denn ein wichtiger Faktor fehlt: das Networking.

Wie lässt sich das in die Online-Welt übertragen? An dem Problem arbeitet Alexandru Nita als Intrapreneur der Medientage München. Mit Eventspace will er digitale Satellite-Events zu großen Konferenzen anbieten, bei denen sich die Teilnehmer vorher oder nachher online vernetzen können. So bilden sich Themen-Communities, die den Teilnehmern Anreisezeit und Geld sparen und trotzdem einen riesigen Mehrwert bieten.

www.eventspace.es

TREND 4: INFLUENCER

Noch so ein Buzzword: Influencer Marketing. Aber auch da ist etwas dran. Personen können oft weitaus authentischer und besser ihre Followerschaft aufbauen, als reine Markenaccounts. Diesen Trend nicht nur mit Werbung, sondern auch mit Journalismus zu verbinden, ist ein spannendes neues Feld.

Vivoico

Machen wir uns nichts vor, selbst der treueste Leser einer Marke konsumiert nicht ausschließlich diese Inhalte. Wer Rezepte mag, wird nicht nur auf einer Kochseite unterwegs sein, sondern auch auf YouTube oder Instagram Leuten folgen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Genauso beim Thema Sport oder jedem anderen Interessensgebiet.

Vivoico bietet daher eine Möglichkeit, den Besuchern von News-Webseiten fremde Inhalte zu präsentieren, während gleichzeitig die Verbindung zur Marke des Publishers steigt. Ein leicht zu implementierendes Tool ergänzt bestehende Artikel mit dem Content von Microinfluencern, zum Beispiel mit passenden Videos zum Thema. Die Inhalte bieten dem Nutzer einen klaren Mehrwert, der so länger auf der Seite des Publishers bleibt, die Creator profitieren von der Reichweite.

Manuel Geitner und Sebastian Deptalla bringen zu Vivoico ihre Erfahrung im Aufbau von Deutschlands größter Community gutefrage.net und im datengetriebenen Umgang mit User-Generated-Content mit.

www.vivoico.de

Trend 5: Streaming

Kennt ihr das, wenn ihr gerade eine Serie fertig geschaut habt und jetzt dringend eine neue braucht — aber gar nicht wisst, wo ihr anfangen sollt, zu suchen? Shelfd löst das Problem und erfindet nebenbei noch eine Lösung, die Werbung besser macht.

Shelfd

Shelfd ist eine kuratierte Streaming-Plattform. Die Gründer Andrea Uecker und David Streit produzieren oder hosten keine Videos selbst, sondern durchforsten die Mediatheken und das Netz nach den besten Inhalten. Ziel ist es, eine Plattform zu bauen, auf der alle denkbaren Sender über eine Oberfläche abrufbar sind. Nutzer könnten dann personalisierte Empfehlungen erhalten und Produzenten ihre Wunsch-Zielgruppe erreichen.

Shelfd ist das Partner Startup der Süddeutschen Zeitung und der Südwestdeutschen Medien-Holding. Gemeinsam arbeiten sie mit Shelfd an einer Lösung, wie Werbung besser und für den Nutzer weniger nervig in das Angebot eingebunden werden kann — zum Beispiel indem nicht nur Serien empfohlen werden, sondern gleich noch passende Produkte.

Das Gründerteam hat sich 2016 auf einer Startup-Veranstaltung an der Humbold-Uni in Berlin kennengelernt. Shelfd war zu diesem Zeitpunkt noch eine fixe Idee aus Davids Masterarbeit. Der Designer David und Andrea mit ihrem BWL- und Soziologie-Hintergrund arbeiteten perfekt zusammen, entwickelten die Plattform und gründeten 2017 gemeinsam Shelfd.

www.shelfd.com

In den nächsten sechs Monaten bekommen die sechs Startups Coachings und Workshops zu allen Themen rund um die Gründung und 1on1 mit Medien-Mentoren. Ich bin schon supergespannt, wie sich die Ideen und Teams entwickeln!

Ihr findet eines der Themen spannend und möchtet euch mit den Gründern austauschen? Meldet euch immer! Sie freuen sich alle über Feedback, Mentoring und jeden Kontakt!

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Lina Timm
Media Lab Bayern

Digital Enthusiast. Journalism and Startups. Program Manager @MediaLabBayern. Founder of digital-journalism.rocks.