Machine Ethics und 7 Non-Obvious-Trends — SXSW Breakfast Taco III

Wenn wir schon eine künstliche Intelligenz erschaffen, warum machen wir sie dann eigentlich nicht gleich weniger voreingenommen als Menschen?

Lina Timm
Media Lab Bayern
7 min readMar 11, 2018

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Hi Friends! 🤠

First of all: Ganz viele von euch haben den Breakfast Taco weiterempfohlen, vielen vielen Dank dafür! Das freut mich total! Jetzt müsst ihr mir nur noch sagen, ob ihr ihn zu lang oder zu kurz oder genau richtig findet, euch die Kategorien interessieren oder etwas ganz anderes. Schreibt mir, ich freue mich über jedes Feedback!

Nun zu Tag zwei auf der South by. 🙌 Ich habe Hannah Suppa endlich einmal in echt getroffen, Essen über Sessionbesuche gestellt und bin erst nach 25 Minuten in die Session mit Twitter- und Medium-Gründer Ev Williams reingekommen. Die letzte Session hat mich dafür wieder versöhnt. Obwohl die Schlange schon über mehrere Stockwerke (!) ging, bin ich noch in die “7 Non-Obvious Trends” gekommen, die ihr euch gestern gewünscht hattet. Und die waren super!

Abends gab’s dann Networking-Fear-Of-Missing-Out mit drei parallelen Abendessen und fünf Du-MUSST-da-sein-Parties. Habe zwei geschafft, dafür aber mit umso tolleren Leuten umso tollere Pläne geschmiedet.

Welche Learnings ich am Samstag eingesammelt habe? Here we go!

👩‍💻 #TechThatChangesTheWorld

Wir müssen über Artificial Intelligence reden. Die SXSW hat dieses Jahr ohnehin nur zwei Themen: Blockchain und AI. Oder AI und Blockchain. Manchmal auch AI mit Blockchain. “Exploring Innovation in AI” war ein super Überblick zu den aktuellen Herausforderungen mit AI.

WAS AI SCHON KANN

  • Mehr als man noch vor kurzem für möglich gehalten hätte. Adam Cheyer arbeitet seit 30 Jahren mit AI, hat Siri erfunden und sagt:

“ In the past 8 years things occurred that I thought would never happen in my lifetime.”

  • Der größte Durchbruch: Synthese. Künstliche Intelligenz kann jetzt Zusammenhänge verstehen. Sei es, dass Robin zu Batman gehört, oder dass in einem Bild nicht nur 1000 verschiedene Objekte abgebildet sind, sondern, dass sie gemeinsam die Szene ergeben: Drei Hund spielen am Strand mit einem Ball.

WAS AI NOCH NICHT KANN

  • Die Wissenschaft ist weit davon entfernt, das menschliche Gehirn zu verstehen. Für die Entwicklung von AI würde das zwar helfen, aber AI muss nicht zwingend genauso funktionieren.
    Beispiel I: Ein Flugzeug hat eine vollkommen andere Mechanik als ein Vogel. Jeder Versuch, Flugzeuge Vögeln nachzubauen, ist fehlgeschlagen.
    Beispiel II: Alpha Go, mit menschlichen Spielen trainiert, kann Menschen 3:1 schlagen. Alpha Go trainiert, indem zwei Computer von 0 an gegeneinander spielen und schlägt Menschen 100:0.
  • Alle 10 Jahre ändert sich die Art, wie wir mit Computern interagieren. Erst gab es den PC, dann den Webbrowser, dann das Smartphone — und jetzt bald künstliche Assistenten. So wie in “Her” geht das nur leider noch nicht.
    (Funfact: Siri hat uns immer so schlecht verstanden, weil sie zu Beginn mit öffentlich verfügbarem Sprachaufnahmen trainiert wurde. Also Nachrichtensprechern, Schauspielern, meist männlich, kaum mit Frauen und Kindern. Wer also nicht gerade zehn Jahre Sprechtraining hatte…)

DIE BEIDEN GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN

  1. Machine Ethics: Ein Dataset entwickeln, dass den Maschinen hilft, unsere menschlichen Werte und Normen in ihre Entscheidungen mit einzubeziehen.
  2. Smaller Data Sets: Ein Kind lernt anhand von 3 Beispielen, was ein Hund ist. Maschinen brauchen aktuell 1000. Wir müssen ein System finden, wie Maschinen auch mit kleineren Datensets lernen können.

Was mit AI definitiv noch nicht geht: Sehen, Fühlen, Bewusstsein.

🔮 #MediaTrends

Ihr habt euch die Session zu “7 Non-Obvious-Trends” gewünscht und ich habe mich brav für euch in die Schlange gestellt. Über zwei Stockwerke. Aber es hat sich gelohnt! Es sind keine Medientrends im engeren Sinne, aber alle lassen sich auf Medien anwenden. Die Trends und ein paar Ideen dazu:

  1. Manipulated Outrage
    Medien, (Facebook-)Algorithmen und Werbung kreieren einen “stream of noise”, der nur dazu da ist, Empörung zu befeuern. Was nicht hilft: Leuten sagen, dass sie nicht aufgebracht sein sollen. Was hilft: Empörung anerkennen.
    Meine Idee für Medien: Eine Rubrik einführen: “Outrage of the week”. Warum du zu diesem Thema aufgebracht sein darfst — und drei Schritte, die du selbst tun kannst, um diesen Missstand zu lösen.
  2. Ungendered
    Nach der “Fierce feminity” in 2017 kommt jetzt die völlige Auflösung von Geschlechtern an sich. Zumindest in den Büchern der Wissenschaftler und im Facebook-Status. Besonders spannend für die Produktentwicklung.
    Meine Idee für Medien: Das Geschlecht bei der Entwicklung neuer Medienideen vollkommen aus der Zielgruppe rausnehmen und stattdessen nur nach Themenbegeisterung auswählen.
  3. Human Mode
    Mehr Automatisierung führt zu einer neuen Sehnsucht nach menschlichen Erlebnissen. Wer telefoniert bei einer Telefonhotline schon lieber mit der Automatik statt einem Mitarbeiter? Für Unternehmen kann das ein neuer Premium-Service sein.
    Meine Idee für Medien: Premium-Service: Lass es dir von einem Redakteur erklären! Du verstehst ein Thema nicht? Schedule einen Call mit DEM Experten für X, in 15 Minuten erzählt er dir alles, was du wissen musst und beantwortet all deine Fragen.
  4. Light-Speed Learning
    Menschen lernen nicht einmal, sondern ständig, nebenbei und schnell. Schönes Beispiel: Ein 8-Jähriger, der allein im Auto zu McDonalds gefahren ist und alle Verkehrsregeln beachtet hat. Warum er fahren konnte? Hatte er sich auf Youtube angeschaut. Oder die Buzzfeed Tasty-Videos, mit denen man Kochen lernt.
    Meine Idee für Medien: Tasty hat’s schon vorgemacht, jedes Special-Interest-Medium kann es nachmachen: Vorhandenen Content neu nach Skill-Themen bündeln, die ich lernen kann und daraus Tutorials erstellen.
  5. Enlightened Consumption
    Kunden möchten ihre Entscheidungen an ihre eigenen Werte anpassen und kaufen zunehmend das, was mit Werten einhergeht, die ihnen wichtig sind.
    Meine Idee für Medien: Noch offener herausstellen, für welche Werte das Medium steht. Oder gleich das Abo mit Charity bzw. gesellschaftlichen Themen verbinden. Wenn du diesen Garten-Newsletter abonnierst, unterstützt du den örtlichen Kleingartenverein, in dem du eine Parzelle hast. Wenn du dieses Frauen-Magazin abonnierst, unterstützt du Frauen in Slums mit Menstruationstassen.
  6. Disruptive Distribution
    Matratzen werden online versandt. Deliveroo liefert nicht mehr nur aus Restaurants, sondern auch aus reinen Küchen(gab’s das nicht schon mal und hieß “Lieferservice”?). Newsrooms werden zu Content-Agenturen.
    Idee für Medien: Data-Driven Information Push. Aus meinem bisherigen Profil weiß das Medium, was ich schon weiß und was nicht. Gebe ich einen Trigger aus, dass ich mich gerade mit einem Thema beschäftigen möchte (formerly known as “googlen”), erhalte ich nur die Informationen, die ich in jedem Fall noch nicht kenne.
  7. Lovable Unperfection
    Viel charmanter und authentischer als perfekt zu sein ist es, aus seiner Imperfektion eine Marke zu machen.
    Meine Idee für Medien: Geschichten, die als work in progress veröffentlicht werden und Einsicht schaffen, wie das Stück entsteht. Und eine tägliche Rubrik “Was wir heute falsch verstanden haben”, in der jeder Redakteur angehalten ist, mindestens einmal die Woche etwas zu posten und nach Hilfe vom Nutzer zu fragen.

Übrigens: Innovation geht nur in der Intersection zwischen Branchen, sagt Rohit Bhargava.

💡 #CrazyIdea

Robot controlled businesses. Wenn AI weiter voranschreitet, können wir irgendwann Geschäftsmodelle haben, in denen die Automatisierung im Zentrum steht und Menschen nur noch an den Rändern zum Einsatz kommen. Wenn das so weit ist, dann würden wir unseren Arbeitsvertrag bei einer Maschine unterschreiben. (Ob die ein Herz für Arbeitnehmerbedürfnisse hat?)

🌟 #BestBrandAction

Gibt’s morgen wieder, ich habe heute zu viele Sessions und zu wenig Markentralala gesehen.

💥 #ProTipp

Vox hat enttäuscht, dort gibt’s kaum mehr als free Food und free Drinks. Meine SXSW-WG-Kollegen vom MedienNetzwerk Bayern empfehlen aber das WOW-Haus von Sony. Soll toll sein!

Was soll ich mir heute ansehen?

Was wünscht ihr euch Sonntag? Schickt mich in eure Lieblingssession! Unten voten, von der meistgewählten Session berichte ich dann morgen.

Folgendes gibt’s heute im Sessionplan:

  • 2018 Emerging Trends Report
    Amy Webb erzählt uns, auf welche Zukunft wir uns vorbereiten müssen.
  • Breaking Thru a Tweet Driven News Cycle & Culture
    Wie können Storyteller mit tiefgehenden Geschichten in einem oberflächlichen und schnellen “Tweet News Cycle” durchkommen?
  • How Product Thinking Shapes Our Future
    Produkte formen unser Leben — also formt Produktinnovation unsere Zukunft. Eine Einführung in “Product Thinking”, das das Produkt in den Mittelpunkt stellt.
  • Talk to Me: The Power of Voice
    Sprachassistenten werden immer smarter — Warum die nächste Evolutionsstufe digitalen Entertainments von der Stimme angetrieben wird.
  • Prototyping the Future of Public Media
    Wie wird die nächste Generation öffentlich-rechtlicher Medien aussehen? Vertreter aus Großbritannien, den USA, Norwegen und Kanada erzählen ihre Geschichten.
  • Shredding the Newspaper
    Warum hat sich die Art, wie News präsentiert werden, im letzten Jahrhundert kaum geändert? Selbst Online gibt es noch Print-Eigenheiten wie plakative Werbung oder Artikel über mehrere Seiten. Wie Startups die Präsentation der Nachrichten verändern.

→ Stimme HIER bis heute, 15 Uhr, ab! ←

Jetzt aber erst einmal gute Nacht aus Austin und guten Morgen Deutschland! 🙌 ☀️

Wenn ihr mehr als das morgendliche Briefing haben möchtet, könnt ihr übrigens sehr gern auf Twitter unter 🐦 @Luisante mitlesen & mitdiskutieren!

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Lina Timm
Media Lab Bayern

Digital Enthusiast. Journalism and Startups. Program Manager @MediaLabBayern. Founder of digital-journalism.rocks.