Social Video — wie wird ein Clip viral?

Spätestens seit Facebook Videos bevorzugt, machen Medienhäuser in Video. Aber wie müssen sie aussehen, damit sie in den sozialen Netzen auch richtig gut funktionieren? Auf der New Publishing-Bühne auf den Medientagen gab dazu unter anderem Social-Video-Pionier NowThis Antworten.

Johannes Klingebiel
Media Lab Bayern
3 min readNov 5, 2016

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Im Gegenzug zu anderen Medienunternehmen wurde das New Yorker Startup NowThis von Anfang an als Distributed-Media-Organisation gegründet. Also keine eigene Homepage mehr, alle Inhalte leben nur noch auf den Plattformen. Heute gehören nicht nur Accounts auf Facebook, Instagram, Youtube und Pinterest zum Portfolio des Unternehmens, sondern auch mehrere Snapchat-Accounts. Die eigene Contentstrategie wird dabei maßgeblich durch das interne Insights-Team mitbestimmt, dessen Aufgabe darin besteht, Inhalte zu messen und anschließend Empfehlungen an die Redaktion auszugeben. Dies schlägt sich auch in dem Leitmotiv von NowThis wieder: Speed & Volume, denn je mehr Datenpunkte existieren, desto genauer kann gemessen werden, was dem Publikum gefällt. Für Lo Martin, Creative Director von NowThis, ist Social Media das Kaffeehaus des 21. Jahrhunderts.

Das MESH Collective verfolgt im Gegensatz dazu eine vollkommen andere Strategie und kooperiert viel mit Influencern und Youtubern, um journalistische Inhalte zu produzieren. Chefredakteurin Franzi von Kempis ist auch selbst mit eigenen Inhalten als “Besorgte Bürgerin” auf den Plattformen unterwegs. Ihrer Erfahrung nach gibt es in Deutschland noch viele Lücken und Nischen, die durch gute Inhalte gefüllt werden können.

“Das Internet ist noch nie daran kaputt gegangen, dass jemand was versucht hat” — Franzi von Kempis

Seit kurzem hat auch die altehrwürdige Tagesschau ein eigenes Team, das speziell für Social Media Videos produziert, die “Webvideo Unit” (kurz: WUT). Das Team kann auf die Schlagkraft einer jahrzehntealten Marke zurückgreifen — und versucht aber gezielt auf Themen einzugehen, die das Publikum auf den sozialen Kanälen der Tagesschau interessieren. Gefunden werden diese in den Kommentaren unter den einzelnen Videos, sowie auf den Nutzerprofilen der Fans. In Folge dessen muss sich das Team mit etwa 200.000 Aufrufen pro Video und etwa 2.000 Reaktionen nicht vor anderen Medien verstecken. Ihr Tipp: Keinen Regeln glauben und einfach ausprobieren.

Die optimale Länge von Social Video liegt dabei rund um 60 Sekunden, wobei die Kernthese des Videos bereits in den ersten 3 Sekunden genannt werden sollte, um die Neugier des Zuschauers zu wecken. Eine Erkenntnis, die auch für das Tagesschau-Team ein Umdenken erforderte. Nicht erst den majestätisch fliegenden Vogel zeigen, sondern wie er an Müll stirbt. Die Themen selbst dürfen dabei durchaus Subjektiv produziert werden. Bei der Tagesschau laufen die Kommentare aus den Tagesthemen besonders gut, so Klumpp. Auch sei es immer wieder schwierig Themen tatsächlich neutral in Erklärvideos einzuordnen, wo oft keine wirklich objektive Position möglich ist (Stichwort: ISIS, Trump, etc.).

Eine oft gestellte Frage beim Thema Content auf Plattformen: Bemerken die Nutzer die Marke dahinter oder nicht? Laut Lo Martin von NowThis ist das Branding selbst unwichtig für den Erfolg von Videos auf sozialen Netzwerken. Martin sieht die Schlagkraft der Marke NowThis eher in den Geschichten, die die Organisation erzählt, weniger im Logo, dass am Ende des Videos stehe. Auch für Kempis ist die Marke selbst nebensächlich, was auch dem Umstand geschuldet ist, dass das MESH Collective mit Youtubern zusammenarbeite, die selbst eigene Marken sind.

Und wie steht’s bei dem Thema mit Snapchat? Martin gibt zu, dass sie eine “Love-Hate Relationship” mit der Plattform habe. Die große Stärke der Plattform sei jedoch die vollkommen andere und jüngere Zielgruppe, als auf anderen Plattformen. Als Medienhaus sollte man aber keine halben Sachen machen, empfiehlt Birgit Klumpp. “Wenn Snapchat, dann richtig!”

360°-Videos, die oft als die Zukunft des Mediums bezeichnet werden, haben alle drei im Blick. Zwar fehle für das MESH Collective noch die Man-Power, um mit diesen zu experimentieren — das Interesse wäre aber da. Auch NowThis hat sich noch nicht an 360°-Videos herangewagt, laut Martin würden momentan vor allem Non-Profits diese Form nutzen, um Empathie beim Zuschauer zu erzeugen. Hier sind sich alle einig: Ausprobieren und sehen, was funktioniert.

Die ganze Session noch einmal zum Nachschauen

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