Wie sieht eine Welt ohne Screens aus? — SXSW Breakfast Taco IV

Amy Webb prophezeit den Beginn vom Ende des Smartphones — gleichzeitig wissen die Alexa-Macher aber noch immer nicht, wie wir uns mit ihren Speakern richtig unterhalten können.

Lina Timm
Media Lab Bayern
8 min readMar 12, 2018

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👋 Hey ihr Innovatoren!

Mein Gehirn is over capacity. Gestern hätte ich meinen Tag auch um 12.15 Uhr beenden können. Alles erreicht.

9.30 — Mein Lyft-Fahrer hat einen 15 Wochen alten Chihuahua dabei.

“I have anxiety and my doctor said I should get a dog to comfort me. I searched for the tiniest one I could find to bring him everywhere without bothering anyone else.”

Puppy-cuddling auf dem Weg zur Arbeit is a thing, Leute! Meine Glückseligkeit hat den ganzen Tag angehalten. 🤩

Ich möchte jetzt bitte jeden Morgen mit Frank zur Konferenz fahren! 🐶 Mein Badge fand er auch ganz lecker.

09.50 Uhr — Den Talk von Amy Webb wollte ich UNBEDINGT sehen, 70 Minuten vor Beginn stelle ich mich in die noch überschaubare Schlange und schaffe einen Sitzplatz in der ersten Reihe! 💪 Amy hat dann leider in der nächsten Stunde mein Gehirn zerfetzt, aber dazu später.

12.15 Uhr — Erinnert ihr euch an Mike Pell und die Holograms? Er hat meinen Breakfast Taco über seine Session gelesen, sich mega gefreut, dass ich seine Methode gleich für den Journalismus angewandt habe — und mir erzählt, dass sein nächstes Buch von Informationsvermittlung in mixed reality handelt. Wir treffen uns auf der Messe, er schenkt mir sein signiertes Buch und wir verabreden uns, demnächst einmal über ein paar Ideen zu skypen. 🤠

Nun aber zu den Learnings von gestern. 🙌

👩‍💻 #TechThatChangesTheWorld

Amy Webbs Talk stand auf meiner Liste, weil mir Johannes Klingebiel und Christian Simon seit Monaten in den Ohren damit liegen, WIE toll sie ist.

Und was soll ich sagen, ihr habt natürlich Recht! Amy hat in einer Stunde so viel gesagt, das ruft in den kommenden Tagen noch einmal nach einem ganz eigenen Text. Aber ich probiere mal, meine ersten Gedanken und Key Takeaways hier schon einmal zusammen zu fassen.

Zum Start ein Lacher, wie wir mit Trends umgehen. Links der Leadership Cycle of Doom, in der Mitte wie es ist… und rechts, wie es wirklich ist 🤷‍.

Wenn man das ganze als Chance sieht, könnte man mit Trends aber auch so umgehen:

225 Emerging Tech Trends hat Amy Webb für das Jahr 2018 zusammengestellt. Dafür reicht eine Stunde nicht, deshalb hat sie sich ein paar konkrete Trends und ein paar Cluster herausgepickt. Wichtig: Man muss zwischen Trend und trendy unterscheiden. Faustregel: Wenn es ein Buzzwort dafür gibt, ist es trendy. Ein echter Trend basiert auf menschlichen Bedürfnissen, ist langanhaltend, entwickelt sich und kommt erst einmal als “Outlier” von der Norm vor.

Here we go — und weil es gestern so lustig war, hier wieder ergänzt durch meine Medien-Ideen dazu.

📱 2018 is the Beginning of the End of the Smartphones

Wir haben “peak smartphone”. Die Geräte werden aktuell nicht mehr schlauer. Nachdem das Smartphone über Jahre Geräte gebündelt hat, haben wir jetzt wieder mehr: Smartwatches, smarte Ohrstöpsel, smarte Brillen. Nach dem Smartphone kommen: Digitale Assistenten und damit ein non-visual user interface. Hi Alexa & Co.

Medien-Idee: Wie kann Information ohne Screen vermittelt werden? Google Suchergebnisse lassen sich schneller auf das richtige Stichwort scannen als wenn mir Alexa alle Möglichkeiten vorliest. Keine Lösung, aber ein Problem das auch die Macher von Alexa in einer anderen Session gestern adressiert haben: Voice UI muss den Nutzer besser kennen, um besser eingrenzen zu können, was er jetzt gerade sucht. Dass auf “Was ist in New York passiert?” gleich die Antwort kommt: “Ein Hubschrauber abgestürzt” und kein “Das sind die aktuellen Stücke auf dem Broadway”. Ergo: Jetzt schon Nutzerprofile anlegen und Daten sammeln! Wir werden sie brauchen.

Bis 2028 sieht Amy Webb für den Trend drei unterschiedliche Szenarien:

😍 Optimistic: Alle Firmen arbeiten zusammen und es gibt gemeinsame Betriebssysteme für Geräte (großes Lachen im Raum). Nutzer haben volle Kontrolle über ihre Daten und schauen sich wieder in die Augen statt auf die Smartphones. Wahrscheinlichkeit: 0%

😑 Pragmatic: Es gibt keine gemeinsamen Betriebssysteme, Nutzer werden zunehmend frustriert. Wahrscheinlichkeit: 50%

😱 Catastrophic: Der Markt ist hoch reguliert und es gibt einen großen digitalen Graben. Reiche Leute haben die besten Geräte, der Rest bekommt, was übrig ist und zahlt mit Daten und damit, dass er furchtbare Werbung erträgt. Wahrscheinlichkeit: 50%

📣 Voiceprints

Unsere Stimme verrät über uns, wie gesund wir sind, wie wir uns fühlen, wie alt wir sind, wir groß der Raum ist, in dem wir uns befinden und wie viele Menschen außer uns dort sind. Aus welchem Material die Wände sind und über für das menschliche Ohr nicht hörbare Fluktuationen im lokalen Stromnetz auch, in welchem Ort. Damit können Voiceprints zukünftig zum Beispiel Passwörter ersetzen.

Medien-Idee: Könnte man an oben anschließen. Im Panel mit den Alexa-Machern kam immer wieder das Thema “Kontext” auf. Wenn die Maschine Kontext hat, kann sie schneller reagieren. Fragt das Kind nach Neuigkeiten in der Quantenphysik, erklärt Alexa einfacher, als bei der Mutter, die Weltraumforscherin ist.

🤖 AI is already here. It just didn’t show up as we all expected.

Die Sicherheitskontrolle am Flughafen, das selbst bremsende Auto — all das ist schon AI. ANI um genau zu sein. Artificial Narrow Intelligence. AI, die in einem ganz bestimmten Thema spezialisiert ist. Was der nächste große Sprung ist: “reinforcement learning”. Ein Agent entwickelt selbstständig Strategien, um seine Belohnung zu maximieren. Hunde können das schon, Maschinen jetzt auch. Ergebnis: Diese Systeme übertreffen menschliche Programme.

Medien-Idee: WG-Kollege Benjamin Eimannsberger vom MedienNetzwerk Bayern und ich haben beim Abendessen lang diskutiert, seine brillante Idee: Um Likes (=Belohnung) für Artikel zu maximieren, redigieren Maschinen automatisch die Texte. Die Kriterien dafür haben sie selbst erlernt. Ergibt das nur Katzencontent? Nein, weil die Leser dann ja irgendwann auch genervt und weg wären.
Die destruktive Maschine wäre (laut Benny) noch klüger und würde einfach Texte erfinden für maximale Likes. (Oh boy! Was haben wir kreiert!)

Und was machen wir jetzt mit den Trends?

Nun, Amy Webb sagt:

„I don’t think that we live in another ones simulation.“

Was wiederum heißt: Wir haben es selbst in der Hand.

Den gesamten Report gibt es hier — und Amy Webb teilt sogar ihren kompletten Research-Folder!

🔮 #MediaTrends

Warum sind gerade Medien eigentlich so schlecht in Innovation? Die klügste Antwort, die ich bislang gehört habe, kam heute von Alexis Lloyd, die beim US-Startup Axios arbeitet. Sie sagt: Medien sind darauf getrimmt, zu re-agieren. Es passiert etwas, sie berichten. Es passiert was anderes, sie berichten anders.

Um Produkte zu entwickeln, muss man aber genau umgekehrt arbeiten. Sich überlegen, was es bräuchte, aktiv eine Strategie aufsetzen.

“Product thinking is pretty alien to newsrooms.”

Die letzten Jahre haben sich Medien außerdem immer gefragt, was das Ding ist, das sie als nächstes retten wird. Bots? Social? Facebook? Wir leben aber nicht mehr in einer Welt, in der es nur noch das eine Ding gibt. Jede neue Technologie ist nur eine weitere, die dazu kommt. Deshalb müssen wir uns viel genauer fragen: Was kann diese Technologie besser? Passt sie gut zu unserer Marke? Das erfordert durchdachte Strategien — eben ein Produktdenken.

Ich finde ja schon länger, dass der Journalismus vor allem ein Produkt-Problem hat und viel mehr darüber nachdenken muss, wie er seine Inhalte in Produkte gießt, die sich an die digitale Lebensrealität der Menschen schnell genug anpassen. Das geht nur über rapid prototyping und stetiges Hinterfragen, welches Bedürfnis der Nutzer die Marke erfüllt und wie man die Distribution von Geschichten anpassen muss, um dieses Bedürfnis besser zu befriedigen.

💡 #CrazyIdea

Nochmal zurück zu Alexa & Co — ziemlich viel dreht sich gerade um die Frage, wie man von einzelnen Befehlen zu echter Konversation mit den digitalen Assistenten kommt. Dazu gab’s noch keine gute Idee. Aber dafür die, dass alles besser miteinander verbunden ist (#Kontext). Ich sitze im Auto, sage Alexa, dass ich gern Grey’s Anatomy sehen möchte, komme heim und auf dem Fernseher startet die Serie. Praktisch!

🌟 #BestBrandAction

YouTube hat sein Haus in diesem Jahr mit “Story HQ” überschrieben. Vor zwei Jahren gab es noch nur einen Haufen Screens für alle, dieses Jahr ist das Haus komplett mit Interaktionen gestaltet. Ich kann Stories anschauen, die 5, 15 oder 60 Sekunden lang sind — und sie starten erst, wenn ich eine Schachfigur auf das richtige Feld gestellt habe, meinen Fuß in einen übergroßen Schuh gesetzt oder einen Deckel hochgehoben habe. Dinge tun, I like!

YouTube Haus.

Sonst so: Mehr Bällebäder (Mashable), VR-Hängematten (Dell) und Robodogs (nochmal Mashable).

Bällebäder sind jetzt Mainstream. Bei Mashable als Bitcoin-Wasserballbad. VR-Hängematten (Dell) sind a thing, Robodogs (Mashable) auch. Leider hatten sie auch verschüchterte, gestresste echte Welpen da zum Streicheln. Sehr uncool.

💥 #ProTipp

Wenn ihr Zeit habt: HBO hat “Westworld” 15 Kilometer vor Austin als eigene Stadt nachgebaut!

Was soll ich mir heute ansehen?

Was wünscht ihr euch Montag? Schickt mich in eure Lieblingssession! Unten voten, von der meist gewählten Session berichte ich dann morgen.

Das heutige Menü:

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Lina Timm
Media Lab Bayern

Digital Enthusiast. Journalism and Startups. Program Manager @MediaLabBayern. Founder of digital-journalism.rocks.