Wohlstand

Ich habe neue Sneaker. Und ich verspüre keinerlei Drang sie hier mit euch zu teilen. Ganz im Gegenteil.
Es sind faire Sneaker. Die Art, die man in meiner Szene trägt. Das It-Tüpfelchen zu meinem fair fashion Look. Trotzdem ist es mir keinen Post, ja, nicht mal ne Story wert. Konsum, auch wenn es guter ist, nervt mich an. Es ist etwas notwendiges geworden, etwas praktisches. Ich brauche Schuhe, die nicht durchgelatscht sind und nicht zu hässlich. Aber es sind halt nur Schuhe.

Ich muss ständig daran denken, wie war das vor 60 Jahren. Wie oft und wie viel Paar Schuhe hatten die Menschen da? Und wie ist das, wenn mein Sohn 29 ist? Dann ist das Jahr 2047. Wie sieht das Leben in Deutschland in 2047 aus? Leben wir noch in Deutschland? Wie ist die Stimmung? Wie ist die Arbeitslosenquote? Wovon lebt er? Wie ist die Verpflegungssicherheit? Gibt es genug zu Essen, gibt es Wasser? Wie hat Deutschland und die EU (gibt es sie noch?) geschafft mit dem Rechtsruck umzugehen, wie mit den Klimaflüchtlingen, die kommen werden? Hat er selber einen Kinderwunsch, oder ist er mit Überleben beschäftigt? Gibt es SolarFlugtaxis statt Autos oder hat die Umwelt kollabiert und die Wirtschaft mit sich gerissen?

Ich frage mich, wann endet der Wohlstand in dem wir alle Leben? Jedes Jahr ein neues Paar Speaker. Das kann sich nicht nur die Mittelschicht, sondern auch die meisten Ärmeren leisten. Statt fair und bio sind sie halt von Deichmann oder Primark. Aber selbst diese Art Wohlstand ist einzigartig in der Geschichte der Menschheit. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie von Dauer ist.

Ich habe viele Fragen. An die Zukunftsforscher*innen, an die Wissenschaft, allem voran an die Regierung. Dazu gehört nicht, wie ihr meine neuen Sneaker findet.

Foto von @katjahentschel — die traumhafte FamilienPortraits macht