Kinski meets McKinsey #3: Richtig miese Führung

In diesem Heft soll es eigentlich um die Frage gehen, wie gute, zukunftsfähige Führung aussehen kann. Denn grundsätzlich sind wir große Befürworter*innen einer konstruktiven, lösungsorientierten Sicht auf die Dinge. Nun gibt es aber auch diese Kolumne, in der wir alles Konstruktive, Lösungsorientierte beiseite lassen und Raum schaffen für Wut. Und diesmal richtet sich unsere Wut auf etwas, das die meisten von uns kennen: richtig miese Führung.

Neue Narrative
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4 min readMar 5, 2019

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Von Sebastian Klein

Bilder: Grafikladen

Genauso, wie es nicht die eine richtige Art zu führen gibt, gibt es unendlich viele Arten schlechter Führung. Uns sind wirklich viele eingefallen. Um die Wut nicht ausufern zu lassen, haben wir hier drei Typen mieser Führung herausgegriffen, über die wir uns besonders gut ärgern können. Wir möchten sie euch nun vorstellen und freuen uns, wenn ihr eure eigenen Erfahrungen mit schlechter Führung mit uns teilt.

Los geht’s.

Der Narzisst

Jeder kennt diesen Typus: der jeden Morgen in den Spiegel schaut und denkt: „Was hat Mutter Natur sich nur dabei gedacht, so viel Potenzial, gutes Aussehen und Charme in einer einzigen Person zu versammeln?“ Den Typus, der alles, was er tut, für einen Geniestreich hält, die Leistungen anderer hingegen grundsätzlich für zweitrangig. Der jeden Furz, den er lässt, für eine Bereicherung der Welt hält. Der andere nur mag, wenn sie ihm sein positives Selbstbild spiegeln. Der für jeden Fehler einen Schuldigen sucht, der keinesfalls er selbst sein kann.

Wir alle kennen ihn, denn diese Art von Mensch findet sich leider häufig in Machtpositionen. Weil er sich schamlos auf jede Bühne drängt. Weil er immer hier schreit, wenn es Lorbeeren oder das letzte Stück vom Kuchen zu verteilen gibt. Weil er gar kein Problem damit hat, ganz vorne als Autor auf dem Paper zu stehen, das er selbst erst gelesen hat, nachdem klar war, es wird in einem A-Journal veröffentlicht.

Narzissmus ist wirklich sehr anstrengend: Der Senior-Chef, der in der Vorstellungsrunde mit seinen Leistungen angibt und sich zu Tode ärgert, wenn der Junior-Mitarbeiter einen Witz macht, über den auch noch gelacht wird. Der dann aber keinesfalls Feedback dazu gibt, sondern stattdessen hintenrum die Meinung kundtut, der junge Kollege sollte besser mal die Klappe halten, wenn der Chef auch im Raum anwesend ist. Der Beratungs-Partner, von dem alle wissen, dass er keine Idee für gut befinden wird, die nicht von ihm stammt. Dem deswegen alle ständig versuchen, ihre Beiträge als die seinen zu verkaufen — was ihn wiederum in seiner eigenen Großartigkeit bestärkt.

Der Caretaker

„Care-taking is the highest form of dominance“, sagt Brian Robertson, Gründer von HolacracyOne. Und wir finden, er hat Recht. Denn auch das ist schlechte Führung: Wer sich zu sehr um andere kümmert und Mitarbeiter*innen in eine Art Eltern-Kind-Beziehung zwingt, der macht sie unmündig und nimmt ihnen jeden Raum zu wachsen.

Das sieht vordergründig oft sympathisch aus: Der Chef kümmert sich, hat immer ein offenes Ohr und nimmt sich die Zeit, den Mitarbeiter*innen alles bis ins Kleinste zu erklären und alle Probleme zu lösen. Doch im Ergebnis heißt das: Der oder die Mitarbeiter*in hat keinerlei Verantwortung und ist zu 100 % abhängig vom Kümmerer — der wiederum in seine Heldenrolle wächst, ohne die die Mitarbeiter*innen aus seiner Sicht wirklich arm dran wären.

Damit ist der Caretaker auch nicht besser als sein Cousin, der Micromanager. Beide kontrollieren und dominieren ihre Mitarbeiter*innen, und wer sich nicht am Arbeitsplatz in ein Kleinkind zurückentwickeln will (allerdings ohne die angenehmen Seiten des Spielens und Mittagsschläfchen-Haltens), der sollte sich dringend von ihnen fernhalten.

Der Ehrgeizling

Jeder, der schon mal in einem typischen Startup gearbeitet hat, müsste diese Art von Führungsperson kennen: frisch von der Business-School, aus gutem Hause, gerade dem Stimmbruch entwachsen und ausgestattet mit einer langen Bucketlist von Lebenszielen. Eigentlich völlig ahnungslos — insbesondere in Bezug auf Menschen und deren Bedürfnisse — ist dieser Typ mit einer übergroßen Portion Leistungsbereitschaft und Ehrgeiz felsenfest davon überzeugt, die Welt brauche ganz dringend eine weitere Plattform, die auf -ondo endet.

Den Ehrgeizling als Mitarbeiter im Team zu haben, kann durchaus von Vorteil sein: Er hängt sich rein, stellt alle privaten, sozialen Interessen hinter den Job und ist leicht mit Zuckerbrot und Peitsche zu steuern. Doch leider haben das auch Venture-Capital-Geber erkannt, was dazu führt, dass diese Persönlichkeit nicht selten mit 25 Jahren ein Team von 20 Mitarbeiter*innen zum nächsten Unicorn-Startup aufbauen soll.

Das sieht dann mitunter so aus: Erwachsene Mitarbeiter*innen werden von ihren halbstarken „Chefs“ zur spontanen Mitarbeiterversammlung zitiert: Dort heißt es dann, es gäbe eine Entlassungswelle, und alle Mitarbeiter, die nach Rückkehr an ihren Arbeitsplatz eine entsprechende E-Mail im Postfach hätten, verließen bitte augenblicklich das Unternehmen. Ein kleiner Trost: Die Gründer, über die diese Geschichte die Runde machte, wurden zwischenzeitlich selbst aus dem eigenen Unternehmen gefeuert und müssen sich vor Gericht wegen Betrugsvorwürfen verantworten.

Führen und leben lassen

Nun wollen wir es mal gut sein lassen mit dem Geschimpfe. Wir vertrauen darauf, dass es in Zukunft immer weniger miese Führung geben wird. Falls ihr persönlich gerade von solcher betroffen seid, denkt daran: Ihr habt es selbst in der Hand. Ändert eure Führungskraft, und falls das nicht geht: Stimmt mit den Füßen ab und sucht euch eine andere.

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