Wie unser agiler, selbstorganisierter Strategieprozess mit OKRs abläuft

Eine klare Ausrichtung ist für selbstorganisierte Teams, die auch noch größtenteils remote zusammenarbeiten, unabdingbar. Aber wie kann ein partizipativer Strategieprozess aussehen, der einerseits dabei hilft, den Fokus zu halten und sich gleichzeitig flexibel an neue Erkenntnisse anpassen lässt? In diesem Artikel stellen wir vor, wie wir bei Neue Narrative Strategie machen.

Neue Narrative
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Neue Narrative war lange Zeit ein Projekt von Menschen, die das Magazin neben einer Vollzeitbeschäftigung gemacht haben. Entsprechend war es für uns immer wichtig, sicherzustellen, dass wir eine klare gemeinsame Ausrichtung haben und wissen, was gerade im Fokus ist und was nicht.

Inzwischen sind wir erfreulicherweise ein richtiges Unternehmen. Weiterhin sind aber die meisten im Team nicht in Vollzeit dabei, wir arbeiten nicht immer am gleichen Ort. Hinzu kommt, dass wir tausend Ideen haben und auch von außen ständig gute Vorschläge dazu erhalten, was wir noch alles machen könnten. Ohne einen guten Strategieprozess würden wir ganz sicher im Chaos und/oder in der totalen Überlastung versinken.

Was meinen wir mit Strategie?

Im Grunde verbirgt sich hinter diesem Begriff für uns alles, was ein Team oder eine Organisation unternimmt, um sich auszurichten und zu fokussieren. Es gibt immer zig verschiedene Richtungen, in die man laufen könnte. Sich auf eine festzulegen, die dann für einen bestimmten Zeitraum für alle gilt, macht in der Regel mehr Sinn, als in mehrere gleichzeitig zu laufen. Zu einem guten Strategieprozess gehört natürlich auch, sich ein gutes Bild davon zu verschaffen, was gerade in der Organisation so passiert und was das Umfeld für Möglichkeiten bietet.

Wie das früher ablief: Eine oder mehrere Führungspersonen verschwanden im Elfenbeinturm, wo sie gelegentlich Besuch von allwissenden Berater*innen erhielten. Am Ende eines streng geheimen Prozesses wurde die neue Strategie dann an diejenigen kommuniziert, die sie umsetzen sollten.

Was wir als selbstorganisiertes Team stattdessen machen:

  • Wir haben eine Rolle Strategie, die dafür zuständig ist, den Strategieprozess zu moderieren und ständig weiterzuentwickeln.
  • Einmal im Quartal kommen wir alle für einen halben Tag zusammen, evaluieren die Strategie des letzten Quartals und legen eine neue fest.
  • Wir verwenden dabei OKRs als Strukturierungshilfe: Die aktuellen OKRs landen in unserem wöchentlichen Regelmeeting. Da können wir stets sehen, wo wir jeweils stehen.

Wir wollen an dieser Stelle nicht vertiefen, wie OKRs sinnvoll genutzt werden können. Für uns sind sie eine einfache Strukturierungshilfe, um unsere aktuellen Fokusbereiche und Ziele festzuhalten. Sie helfen uns dabei, uns gemeinsam auf anspruchsvolle Ziele zu committen. Und sie helfen uns vor allem dabei, zu den richtigen Dingen Nein zu sagen. Wenn wir uns auf bestimmte Fokusbereiche geeinigt haben, landet alles, was nicht in sie reinpasst, in unserem Spannungsspeicher für die nächste Iteration unserer Strategie. (Das hilft uns beim Neinsagen, denn wir wissen, es gibt einen Ort, wo wir die Themen sammeln und einen Zeitpunkt, zu dem wir sie anschauen werden.)

So in etwa sieht unser Strategieprozess aus:

  1. Einmal im Quartal blocken wir uns einen halben Tag für ein Strategie-Offsite.
  2. Vorher haben alle im Team ihre Spannungen gesammelt, die mit Strategie zu tun haben: also alle Änderungen im Markt, Ideen zu neuen Produkten, Fragezeichen zu bestehenden Produkten, geniale Einfälle und welterschütternde Erkenntnisse — einfach alles, was strategisch relevant sein könnte.
  3. In unserem Strategie-Offsite kommen wir zusammen, reviewen die OKRs des vergangenen Intervalls und sehen danach alle strategischen Spannungen an, die wir gesammelt haben. Wir bilden Cluster. Jedes Cluster betrachten wir als einen möglichen Fokus-Bereich, aus dem sich ein Objective ergeben könnte.
  4. Wir reviewen unseren Purpose und die Vision, die wir verfolgen.
  5. Nun stimmen wir ab, vergeben Punkte und diskutieren: Am Ende einigen wir uns auf drei Fokusbereiche.
  6. Aus diesen Fokusbereichen formulieren wir Objectives, also abstrakte, weit gefasste Ziele, die wir verfolgen. Ein Objective, das für uns gerade strategischen Fokus hat, ist beispielsweise „Wir machen Vertrieb so gut wie wir Content machen“
  7. Danach sammeln wir mögliche Key Results, also Zielgrößen, an denen wir ablesen können, ob wir unserem Objective näher kommen. Pro Objective gibt es maximal drei Key Results.
  8. Wir definieren die Key Results so, dass es kaum machbar erscheint, sie zu erreichen. Jede*r im Team weiß, dass 70 Prozent Zielerreichung schon ein Erfolg wären.

Für die Ausarbeitung der Strategie hilft uns das folgende Template:

Ganz wichtig ist: Dass wir diesen Strategieprozess machen, liegt daran, dass er uns hilft. Er basiert auf ganz konkreten Spannungen, die wir hatten, nämlich der Herausforderung, unser Team zu fokussieren und gut synchronisiert anspruchsvolle Ziele zu erreichen. Falls ihr ähnliche Herausforderungen bei euch beobachtet, könnte es Sinn machen, ein ähnliches Vorgehen auszuprobieren. Falls es keine Spannungen in dieser Richtung gibt, braucht ihr euch diese Mühe nicht zu machen.

Uns helfen die klaren Fokusbereiche und Ziele dabei, im täglichen Arbeiten Diskussionen sachlicher zu führen. Immer dann, wenn wir priorisieren müssen zwischen A und B, geht es bei der Entscheidung nicht um die Person, die sich am stärksten und cleversten für Version A oder B einsetzt, sondern um die einfache Frage: „Auf welches Objective zahlt das ein?“ Zahlt eine Idee auf kein Objective ein, muss das Thema im schlimmsten Fall ein Quartal lang warten, bis es ausführlich besprochen werden kann.

Darüber hinaus gilt hier die 70:30-Regel: Wir streben an, dass wir alle mindestens 70 Prozent unserer Arbeitsenergie auf Sachen verwenden, auf die wir uns gemeinsam geeinigt haben. Bleiben also immer noch 30 Prozent für andere Projekte und verrückte Ideen.

Wir hoffen, dieser Beitrag und unser Tool kann auch euch eine Hilfestellung sein. Da ihr jetzt ziemlich genau wisst, woran wir gerade arbeiten, wisst ihr in jedem Fall auch, wie ihr uns dabei unterstützen könnt, unsere Ziele zu erreichen. Wenn ihr Ideen dazu habt, schreibt uns gerne an hallo [at] neuenarrative.de.

[Dieser Artikel ist der erste Teil einer kleinen Reihe darüber, wie unser Strategieprozess bei Neue Narrative abläuft. Hier geht es zu Teil 2: Wie unser agiler Strategieprozess durch turbulente Zeiten hilft]

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