New Work braucht Inner Work, Teil 8: Umsetzung

joana breidenbach
New Work braucht Inner Work
3 min readNov 12, 2016

Gute Ideen und Visionen (dazu 7. Teil dieser Artikelserie) müssen auch umgesetzt werden. Hier beschreibt Joana, wie sie ihre Projekte auf die Straße gebracht hat.

Projektumsetzung

Ich habe Projektmanagement nie gelernt, sondern bin Autodidaktin wenn es darum geht eine Idee Realität werden zu lassen. Irgendwann in meinem Studium habe ich angefangen Mindmaps zu malen und diese Art von Visualisierung, was es braucht, um eine Idee weiterzuentwickeln, ist bis heute für mich der erste und notwendige Schritt. Diese Phase ist mit einer gewissen Erregtheit, einer Mischung aus Vorfreude und Beklommenheit verbunden, denn noch ist nicht klar, ob aus der Idee etwas wird. Je mehr ich erfolgreich umgesetzt habe, desto geringer wird diese Ängstlichkeit. Aber sie ist immer noch da. Deshalb kann ich auch verstehen, wieso es anderen, weniger erfahrenden Menschen oft schwerfällt das Zutrauen in die eigene Umsetzungsfähigkeit zu entwickeln. Das einzige was da hilft ist, einen Schritt nach dem anderen zu machen. Wie Pipo Straßenfeger, der Freund von Momo in den gleichnamigen Buch von Michael Ende sagt:

Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man. Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. (…)

So darf man es nicht machen. (…)

Man muss immer nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.

Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste. Das ist wichtig.

Meine Manifestationsfreude ist fast schon zu stark ausgeprägt, denn sobald ich etwas mache, überlege ich schon welche Produkte daraus entstehen könnten. Aus einem Mittagessen mit Freunden wird dann gleich die betterplace Lunchtime Conversation. Den Roundtable in der Flüchtlingshilfe muss ich unverzüglich in einen Podcast gießen. Ich ziehe einfach sehr große Befriedigung aus Dingen, die ich in die Welt gebracht habe und die eine fertige Form angenommen haben. Wo ich Strukturen geschaffen habe, auf die andere aufbauen können. Dabei bin ich auf ein starkes, offenes Netzwerk von Mitstreitern angewiesen, denn ich kann vieles nicht und arbeite am liebsten (als Zugpferd) im Tandem oder Team. Je länger ich tätig bin, desto größer ist mein Netzwerk geworden und desto einfacher ist auch die Umsetzung, denn ich kann mittlerweile aus einem großen Pool begabte Menschen für meine Projekte gewinnen. Das macht extrem viel Freude.

Photo: Nils Hasenau

Bei der Umsetzung ist es auch förderlich, dass ich kein Perfektionist bin. Sachen müssen gut sein, aber mir ist die Innovationskraft und das Statement, welches ich in der Welt sehen möchte, wichtiger, als dass das Projekt in allen Details vollkommen ist. Ich möchte die Aufregung, die ich beim Visionieren und Schaffen spüre, in dem Produkt wiedergespiegelt wissen. Wahrscheinlich sind die meisten Dinge, die ich mache, als Impuls in die Welt zu verstehen.

Was nicht unterschätzt werden darf, ist der große Arbeitsaufwand, der meist mit der Umsetzung verbunden ist. Von allen Arbeiten, die ich bislang hier beschrieben habe, ist die Manifestation die weitaus Schweißintensivste. Ich denke, die harte Maloche schreckt viele Menschen auch davon ab wirklich in die Vollen zu gehen. Sowohl als Anthropologin und Autorin, als auch für betterplace gab es für mich keine Trennung zwischen Arbeit und sonstigem Leben und an den Wochenenden habe ich meist genauso gearbeitet, wie während der Woche. Nur konzentrierter.

Diese Umsetzungskompetenz erzeugt eine selbstverständliche Art von Führung: ich merke das meine Vorschläge im Team oft einfacher aufgenommen werden. Alleine schon deshalb, weil man mir die Umsetzung zutraut. Wenn hingegen ein anderes Teammitglied eine vielleicht viel bessere Idee hat, das Vertrauen des Teams in seine Umsetzungsstärke aber nicht so ausgeprägt ist, hebt die Idee nicht ab.

Im nächsten Teil, dem 9. unserer Serie, schildert Bettina die Schritte, die es dem betterplace lab Team leichter machten, ihre eigenen Projekte zu realisieren.

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joana breidenbach
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