Vier Monate Corona

Google hat angekündigt, die meisten Leute bis Juni 2021 von daheim arbeiten zu lassen. Das ist noch fast ein ganzes Jahr. Viele Unternehmen werden dem Beispiel folgen. Wir werden noch lange von zu Hause arbeiten.

Fühlt sich daheim Erledigtes nach weniger an? Oder nach mehr, weil viel Overhead wegfällt? Man ist viel mehr auf sich zurückgeworfen, man liest den Raum, in dem man alleine ist. Um Korrektive muss man sich aktiv kümmern, sonst verstärkt man nur die eigenen Gedanken. Man kann ja nicht ein Jahr lang den Balkon bepflanzen und Wände streichen. Irgendwann muss man das Äußere als beschränkt und klein akzeptieren und sich anderen Dingen zuwenden, die nicht vom Raum abhängen.

Es muss möglich sein, den Haushalt seiner Seele auch auf ein paar Quadratmetern in Ordnung zu halten, man weiß ja von Gefängnisinsassen, die große Werke lesen oder im Kraftsport Erstaunliches leisten. Die Fernreise ist abgesagt, dann muss es eben jetzt die innere Fernreise sein.

Wie ich die Stereoanlage unwillkürlich lauter drehe als vor der Krise. Die läppischen Spaßhanteln gegen das schlechte Gewissen sind mittlerweile richtig schweren Dingern gewichen. Ich koche, brate und backe, weil man dafür nicht raus muss.

Ich lese noch mehr als sonst. Ich öffne noch mehr Browsertabs als sonst. Die Produktivitätseuphorie lässt nach, wenn man sich nicht richtig freuen und nicht richtig ärgern kann, weil man es eben nur mit sich selbst teilt. Und ja, es gibt Videocalls, aber das sind Termine.

Ich sitze reihum auf allen Sitzgelegenheiten in der Wohnung, dem Drehstuhl am Schreibtisch, dem IKEA-Ohrensessel, dem Plastikbarhocker, dem zu niedrigen Sofa. All diese Möbel werden besessen wie noch nie.

Man muss auch mehr saugen wenn man mehr daheim ist und mehr vollkrümelt. Dann kann man einen neuen Filter für den Sauger bestellen, wieder eine kleine Sache erledigt, von der nur mein Zuhause profitieren wird. Immerhin macht man keine Waldspaziergänge mit Nazis, wenn man daheim bleibt.