Saudi-Arabiens übernächster König

Georg Watzlawek
Notizen zur Außenpolitik
4 min readJan 25, 2015

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Der neue saudische Herrscher Salman hat nicht nur seinen Nachfolger, sondern gleich auch den Nachnachfolger benannt. Der könnte Saudi-Arabien bis 2040 regieren. Und ist eine interessante Person.

Salman ibn Abdel Asis al Saud, der neue König Saudi-Arabiens, ist 79 Jahre alt und offenbar bereits sehr krank. Aber noch am gleichen Tag, als er den Thron von seinem gerade verstorbenen Halbbruder Abdullah übernahm, legte er die Thronfolge für den autokratischen Schlüsselstaat fest.

Salman ibn Abdel al Saud. Foto: US Department for Defense

Wenn in dem Land auch weiterhin alles nach dem Sinn des Königshauses läuft, ist damit die Führung des Landes auf einige Jahrzehnte hinaus geklärt. Allerdings wird es dabei zu einem sehr interessanten Generationswechsel in dem Herrscherhaus und in Saudi-Arabien kommen.

Quelle: Washington Post

Auf Salman folgt zunächst Mukrin. Der ist zwar der jüngste der insgesamt 35 Söhne von Staatsgründer Abdul Asis ibn Saud, aber auch immerhin schon 69 Jahre alt.

Auf Mukrin folgt Mohammed ibn Najef — und damit zum ersten Mal kein Sohn des Staatsgründers, sondern ein Enkel. Mohammed ist Salmans Neffe, Innenminister und nun auch offiziell stellvertretender Kronprinz geworden. Er ist 55 Jahre alt — und könnte bei der langen Lebenserwartung der saudischen Herscher bis zum Jahr 2040 regieren, womöglich länger.

Quelle: Wall Street Journal

Mohammed ibn Najef ist seit 1999 der oberste Terroristenjäger Saudi-Arabiens, seit November 2012 Innenminister und entkam mehrfach nur sehr knapp den Attacken von Selbstmordattentätern. Daher gilt er als harter Gegner der El Kaida und enger Partner der USA.

Er hatte 1981 am Lewis & Clark College in Portland Politik studiert. Seine zwei Töchter heißen ganz un-arabisch Sara und Lulu. Zuletzt wurde Mohammed am 12. Dezember 2014 mit Barack Obama im Weißen Haus zu einem Gespräch über den Antiterrorkampf empfangen, im Außenministerium ist er ein regelmäßiger Gast.

Mohammed ibn Najef 2013 bei Hillary Clinton. Foto: US State Department

In der US-Regierung hält man offenbar viel von Mohammed. Die Washington Post zitiert einen hochrangigen Beamten so:

„What he has — and which American officials have grown to appreciate in particular — is that he’s quite pragmatic and not particularly ideological. He certainly gives priority to the terrorist threat, and on all the practical ways of trying to deal with the problem. On other regional challenges, he is trying to work with us, and with an emphasis on countering the same terrorist threat we perceive. He has been a particularly constructive partner.”

Nach Einschätzung von James Smith, bis 2013 US-Botschafter in Riad, ist Mohammed wahrscheinlich „the hardest working people I know in government. I asked him one time, ‘Why do you stay up all night?’ He smiled and said, ‘That’s when the bad guys come out.’”

Etwas anders sehen Menschrechtler den übernächsten König. Als er Innenminister geworden war, hatten sie noch Hoffnungen auf ihn gesetzt. Doch rasch zeigte sich Mohammed auch in Menschenrechtsfragen als Hardliner. Die Washington Post zitiert Adam Coogle von Human Rights Watch:

„What’s very troubling about his record is that he is the principle architect of this massive onslaught against dissidents and human rights activists. He is the chief, number one hard-liner, and he is persecuting moderate, independent voices for reform.”

Mohammeds Vater Najef, der ebenfalls Innenminister war, habe Regierungsgegner häufig ohne Gerichtsverfahren für einige Wochen eingesperrt. Mohammed selbst habe das System professionalisiert, die Kritiker vor Gericht gebracht — und für zehn bis 15 Jahre verurteilen lassen, berichtet HRW-Mann Coogle.

Coogle hat gerade einen neuen Bericht über die Menschenrechtslage in Saudi Arabien veröffentlicht, in dem er den offiziellen Nachrufen auf den soeben verstorbenen König widerspricht. Zwar habe Abdullah einige vorsichtige Reformen angestoßen, aber das Urteil in Sachen Menschenrechte ist eindeutig:

„Under Abdullah’s watch, authorities rounded up scores of peaceful dissidents and human rights activists who dared to criticize the government, subjecting them to unfair trials before Saudi Arabia’s terrorism court on vague charges such as “sowing discord” and “breaking allegiance with the ruler.” Some have received unthinkably harsh punishments, including the human rights lawyer Waleed Abu al-Khair, who was sentenced to 15 years in prison for peacefully criticizing the government’s human rights record in newspaper interviews and on Twitter. Another is Fadhil al-Manasif, who is serving a 14-year sentence largely for helping journalists cover 2011 protests by Saudi Shia citizens. Others, including reformists Mohammed al-Qahtani and Abdullah al-Hamid, are serving 10 and 11 year sentences on similar charges. Perhaps the most dramatic case of repression involves the liberal blogger Raif Badawi, whom security officers publicly flogged on January 9 as part of a judicial sentence of 1,000 lashes and 10 years in prison for setting up a liberal website and allegedly insulting religious authorities.”

Und für alle diese Fälle ist der Innenminister direkt verantwortlich: Mohammed ibn Najed, der übernächste König Saudi Arabiens.

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Georg Watzlawek
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