Ich war ein Top-Verdiener — trotzdem habe ich alles hingeschmissen

Fabian Schenk, Oktober 2016 Fellow, schreibt über seine Entscheidung seinen Job bei adidas aufzugeben und seine Erfahrung mit dem On Purpose Associate-Programm in Berlin.

Es gibt sicher viele Menschen in der Welt, die mich um meinen früheren Job beneiden würden. Immerhin arbeitete ich als Finanzmanager für eines der größten Sportunternehmen der Welt.

Ich verdiente bei adidas ungefähr doppelt so viel, wie der durchschnittliche Deutsche und auch wenn es Hochphasen gab, in dem mir der Stress und der Druck zu viel wurde, das Team und das Unternehmen haben mich immer unterstützt. Trotzdem, ich habe meinen Job hingeschmissen und das hatte einen verdammt guten Grund.

Ich arbeitete in einer Wohlfühloase

Es war mit Sicherheit kein Burn-Out Syndrom was mich dazu brachte, meinen Job dort aufzugeben. Es lag auch nicht an den Überstunden oder meinem Aufgabenbereich, immerhin beschäftigte ich mich den ganzen Tag mit Fashion und Sport.

Ich war kein langweiliger Finanzberater bei einem beliebigen Bankunternehmen. adidas ist eine einzigartige Marke und ein bisschen fühlte es sich an, wie in einer Wohlfühloase zu arbeiten.

Doch mit den Jahren, die dort vergingen, machte sich ein beklemmendes Gefühl in mir breit. Auf meinen Reisen in alle Teile der Welt wurde mir klar, dass wir in einer riesigen Blase leben. Ich begann, die Wohlfühloase von außen zu betrachten und verstand, dass für unzählige Menschen auf dieser Welt Armut, Umweltverschmutzung und Unterdrückung alltägliche Probleme sind — und unser wirtschaftliches System ist eines der Gründe dafür.

Nachhaltigkeit oder Profit?

Selbst wenn adidas beispielsweise das Thema Nachhaltigkeit nicht komplett ignoriert, es ist ein gewinnorientiertes Unternehmen. Wenn sich dann die Frage stellt „Nachhaltigkeit oder Profit?”, dann wird sich so ziemlich jede Marke für Profit entscheiden. Das versteht man unter Kapitalismus.

Ich bin mir allerdings auch durchaus bewusst, dass wir von diesem System profitieren: „Hey super, ich flieg übers Wochenende für 19 Euro mit Ryan Air nach Barcelona”. Doch gleichzeitig regen wir uns alle über den Klimawandel auf und das die Politik nichts dagegen tut. Schuld ist immer der andere.

Jeder von uns hat ein Bewusstsein dafür, was gerade in der Welt passiert, aber fast keiner hat die Bereitschaft auf einen gewissen Teil seines Konsums zu verzichten. Wir schotten uns ab, regeln unsere sozialen Kontakt lieber online und verschließen die Augen vor der Katastrophe, die uns alle betrifft.

Als ich das begriffen hatte, konnte ich nicht mehr weiter machen. „Was mache ich hier eigentlich? Ist es das wirklich gewesen? Ein solides Jahresgehalt und eine sichere Stellung bei einem Global Player?” — Ich musste etwas ändern, kündigte und begann mein Leben radikal zu verändern.

Nachbarschaft stärken, um Grenzen zu überwinden

Als Teilnehmer des Associate Programms von On Purpose erhalte ich nun Einblicke in Sozialunternehmen und NGOs. Ein Sektor, in dem Geld nur ein Mittel zum Zweck darstellt um bedeutende gesellschaftliche Herausforderungen unserer Zeit zu lösen.

Dabei wird wirtschaftliches Handeln in enger Verbindung mit sozialem und ökologischem Bewusstsein betrachtet. Für ein Drittel meines ehemaligen Jahresgehalts bietet das einjährige Programm umfangreiche Trainings, Unterstützung durch hervorragende Mentoren und die Chance mit professionellen Coaches Gedanken über meine persönliche Zukunft zu besprechen.

Gleichzeitig kann ich meine langjährige Erfahrung bei dem Berliner Start-Up „nebenan.de” einbringen. Die Idee der Internetplattform ist ziemlich simpel: ein soziales Netzwerk für Nachbarschaften. Das Ziel ist es, Menschen zusammenzubringen, die unmittelbar nebeneinander leben. Nachbarn lernen sich online kennen, um sich im Alltag, offline, wieder gegenseitig zu unterstützen.

Ob man zusammen kocht, eine Bohrmaschine verleiht oder Fahrgemeinschaften gründet; das alles sind minimale Stellschrauben mit denen jeder seinen Beitrag leisten kann, um unser Konsumverhalten nachhaltig zu verändern. Doch dafür müssen wir wieder auf einander zugehen, Vorurteile abbauen und Grenzen überwinden.

Mir ist klar, dass man nicht so einfach die ganze Welt retten kann. Aber wenn wir endlich damit anfangen unsere festgefahrenen Lebensweisen zu hinterfragen, dann können wir gemeinsam die Herausforderungen unserer Generation überwinden und die Zukunft vieler Menschen positiver gestalten — denn dafür ist es mit Sicherheit noch nicht zu spät.

--

--

On Purpose Berlin
On Purpose Berlin Erfahrungsberichte

Wir arbeiten mit Menschen, die beruflich #Sinn vor #Gewinn setzen möchten!