Auf den Schultern von Riesen stehen
Am 12. März vor dreissig Jahren war ich elfeinhalb Jahre alt und feierte mit meinem Vater seinen 43. Geburtstag. Am CERN in Genf gibt Tim Berners-Lee gleichentags ein Thesenpapier in Umlauf: „Informationsmanagement: Ein Vorschlag“. Das Ziel: den weltweiten Austausch von Dokumenten in der Forschungsgemeinschaft vereinfachen. Wie Tim es 2012 aus Sicht eines Nutzenden ausdrückte: „(to) easily browse through all the files“.
1990, im Jahr darauf, arbeiten Tim und sein CERN-Kollege Robert Cailliau das Konzept weiter aus: „WorldWideWeb: Vorschlag für ein Hypertext-Projekt“. Sie implementieren die drei WWW-Schlüsselkomponenten HTML, HTTP, URL und kreieren den ersten Web-Server, -Browser und -Editor. Im August 1991 stellt Tim das World Wide Web öffentlich vor. Dessen breitere Nutzung beginnt und, in Tims Worten von 2012, „the world of linked documents exploded dramatically“.
Es ist die Offenheit, stupid!
1993 machen das CERN und Tim die WWW-Software schliesslich frei zugänglich und erlauben jedem, sie zu nutzen und zu verbessern. Spätestens mit diesem weisen und wegweisenden Schritt ist der Riese geboren, auf dessen Schultern wir seither alle stehen.
Wie Tim 2012 schreibt, sei bereits 1994 klar gewesen, dass sich einem eine ziemlich komplexe und potenziell noch tiefgreifendere Frustration (und Gelegenheit) bietet, wenn man sich statt mit Dokumenten mit Daten befasst: „For data, as for documents, the value of any part of the web is increased by the amount of other stuff out there. For documents it is the ability to follow links, but for open data it is the ability to also interconnect and join, to summarise and compare, to monitor, extrapolate, to infer.“
Offene Daten zum Nutzen von allen
Open Data sind (1) nicht personenbezogene und (2) nicht sicherheitskritische Daten, die (3) keinen Drittrechten (wie z.B. Copyrights) unterliegen. Wie das WWW sind sie heute, im Jahr 2019, Realität. Weltweit und in der Schweiz. Die Frage ist, in welchen Bereichen und wie weit die Daten bereits offen verfügbar sind?
Tim betont von Beginn weg – so auch 2012 – den Nutzen, den offene Daten für den Einzelnen im Rahmen unserer Gesellschaft zu schaffen vermögen: „The information about spending, agriculture, health and education that lies behind locked databases could be used to dramatically improve people’s lives. When governments begin to release data openly on the web, the growing movement of hackers and activists and even internal government agencies and corporations, can begin to use the previously unconnected and undissected numbers, images and graphs to create new ways for you to access valuable new information.“
Einfacher und direkter formuliert: „Raw data, now! Opening up data is fundamentally about more efficient use of resources and improving service delivery for citizens. The effects of that are far reaching: innovation, transparency, accountability, better governance and economic growth.“ Was sollen staatliche Institutionen mehr tun beziehungsweise fördern und gewährleisten?
Die Erfahrung in der Schweiz hat mich gelehrt: Staatliche wie private Monopole auf die Nutzung von Daten, die offen sein könnten, verhindern Nutzen für die einzelne User*in, die einzelne Bürger*in. Für uns alle.
Am 4. Juli 2019 treffen sich die Schweizer Open Data Bewegung, Engagierte und Interessierte an offenen Daten zum Opendata.ch/2019 Forum in Bern. Interessiert?
Hinweis: Die eingangs beschriebenen Schritte aus den 1990er Jahren sind dem sda-Artikel „Das CERN feiert 30 Jahre World Wide Web“ auf watson.ch entnommen. Dort erfährt man übrigens auch, wie Tim sich heute für ein freies, die persönlichen Rechte von uns Einzelnen gewährleistendes WWW einsetzt.