Virtuelles Team, neue Persönlichkeit?

Wer bist du?

Accenture DACH
Plan A
Published in
8 min readJul 17, 2020

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Das Accenture Home Office-Tagebuch: In sieben spannenden Tagebucheinträgen berichten unsere Beraterinnen Louisa und Adèle von ihrem Home Office-Alltag und was sie daraus für sich selbst und ihre Teams lernen und mitnehmen können. Das Ergebnis? Jede Menge Tricks für digitale Workflows, aufschlussreiche Selbstexperimente zur Trennung von Arbeit und Freizeit, Tipps zu Körpersprache und Networking in Video-Calls und effizienter Workshop-Gestaltung sowie Einblicke in virtuelle Persönlichkeiten und Lifehacks für mehr Output in den eigenen vier Wänden. Die Einträge beweisen, dass besondere Situationen ganz besondere Fähigkeiten in uns hervorrufen, mit denen wir die Art, wie wir leben und arbeiten, nachhaltig verbessern können. Viel Spaß beim Lesen!

Liebes Tagebuch,

Inzwischen habe ich alle Quarantänemaßnahmen durchgeführt: Bananenbrot gebacken, Freunde auf einer virtuellen Hausparty getroffen, TikTok heruntergeladen (obwohl ich der Meinung war, zu alt dafür zu sein), Bücher gelesen, die ich schon immer mal lesen wollte und, und, und. Aber was mir wirklich gefällt: dass wir nun alle mehr Zeit haben, über Wesentlicheres nachzudenken: unsere Werte und unsere Persönlichkeit. Was vermisse ich am meisten? Was brauche ich wirklich? Wer bin ich in der virtuellen Welt geworden?

Als ich letzte Woche den virtuellen Workshop, von dem ich dir erzählt habe, von meiner Couch aus geleitet habe, wurde mir klar, dass es in diesem virtuellen Raum viele verschiedene Persönlichkeiten gab. Daher habe ich mich gefragt, ob unsere Persönlichkeit in einem virtuellen Kontext vielleicht anders ist.

Dieses Thema finde ich unglaublich interessant. Ich versuche immer, die Menschen und ihre Beweggründe zu verstehen. Für mich ist es eine Art Hobby, zu ergründen, warum Menschen sich so verhalten, wie sie es tun. Wusstest du, dass sich die Persönlichkeit eines Menschen verändern kann? Je nachdem, mit wem und in welcher Sprache man spricht — und je nach Situation — variiert die Persönlichkeit eines Menschen. Und selbst im Laufe eines Lebens verändert sich die Persönlichkeit aufgrund der Erfahrungen, die man macht. Verschiedenen Studien zufolge, die im Journal of Personality and Social Psychology veröffentlicht wurden, verändert sich die Persönlichkeit der meisten Erwachsenen sogar zum Positiven: Sie wird angenehmer, gewissenhafter und emotional belastbarer. Das Verhalten wird von der Kombination aus Situation und Persönlichkeit bestimmt. Dazu kommen Einflussfaktoren wie die aktuellen Lebensumstände, Gefühle, Ziele und Gedanken. Dennoch schwanken die starken Persönlichkeitsmerkmale einer Person immer um ein relativ stabiles Niveau. Das kann man in etwa mit dem Sonnensystem vergleichen, das sich stabil bewegt. Wenn du einen Forscher fragen würdest, was „Persönlichkeit“ ist, würden die Antworten wahrscheinlich sehr voneinander abweichen, da es, wie bei fast jedem wissenschaftlichen Thema, nicht die „eine“ richtige Antwort zu geben scheint.

Als ich über diese virtuellen Persönlichkeiten grübelte, habe ich viel gegoogelt, um mehr darüber zu erfahren. Aber ich konnte zu diesem Thema nichts finden. Also beschloss ich, einigen meiner Kollegen die gleichen Fragen über ihr virtuelles Verhalten zu stellen. Das Ergebnis war ziemlich amüsant, aber auch super interessant. Ich konnte unter meinen Kollegen vier verschiedene Typen identifizieren. Da sich die Persönlichkeit mit dem Kontext ändert, schätze ich, dass keiner von ihnen zu 100 % einer dieser Typen ist. Vielmehr sind alle eher Mischtypen mit unterschiedlichen Ausprägungen. Etwas, das alle gemeinsam haben: Sie würden ausnahmslos die „reale Welt“ der virtuellen Welt vorziehen. Ebenso würden sie alle weniger reisen und mehr Zeit zu Hause verbringen wollen. Sie ärgern sich über die verlängerte Bildschirmzeit, aber gehen jeweils anders damit um:

Der geborene virtuelle Profi

Dieser Persönlichkeitstyp liebt die virtuelle Heimarbeit. Menschen, die diesem Typus angehören, können sich dank Homeoffice stärker mit der Offline-Welt verbinden. Das mag verwirrend klingen. Aber für sie fühlt es sich an, als ob das Heimbüro sie gesünder und glücklicher macht. Es ermöglicht ihnen, unter der Woche in der realen Welt Zeit mit ihren Lieben zu verbringen, anstatt virtuell in Kontakt zu bleiben, wenn sie auf Geschäftsreise sind. Es ist, als ob ihr Privatleben real und das Büroleben virtuell geworden wäre. Sie verstehen alle virtuellen Werkzeuge und die virtuelle Arbeitsweise nativ. Um das virtuelle Arbeiten „realer“ und „aufregender“ zu machen, schalten sie in Besprechungen immer ihre Kamera ein. Und sie lieben es, nach neuen virtuellen Werkzeugen zu suchen, um sie dann ihren Kollegen vorzustellen. Um die virtuelle Zeit so schnell wie möglich zu beenden und in die „reale“ Offline-Welt zurückzukehren, nehmen sie sich wenig Zeit für sozialen Austausch. Vielmehr optimieren sie ihre Zeit, indem sie, zumindest während langwieriger Anrufe, weitere Anrufe parallel auf dem Mobiltelefon führen. Was sie demnach verrückt macht, ist alles, was sie davon abhält, ihre virtuelle Zeit möglichst produktiv zu nutzen, zum Beispiel schlechtes Internet. In ihren Pausen, keine Überraschung, switchen sie in die Offline-Welt, um den Garten zu bewässern oder einen Kaffee in der Sonne zu genießen.

Der Multitasking-Champion

Bei dieser Person handelt es sich um einen wahren Multitasking-Gott bzw. eine wahre Multitasking-Göttin. Mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, ist für diese Person kein Problem. Der Multitasking-Champion gehört zu den Leuten, bei denen wir immer denken: „Wow, hat sein Tag mehr Stunden als meiner? Wie kriegt sie/er alles unter einen Hut?“ Man könnte meinen, dass dies bedeutet, dass sie chaotisch sind. Nein — ganz im Gegenteil! Sie sind immer noch super organisiert. Eine ihrer Superkräfte in der virtuellen Welt ist, dass sie immer sozial mit Kollegen verbunden sind und für jeden Anruf genügend Zeit einplanen. Aber um alle Dinge zu erledigen, schalten sie während dem Gespräch lieber die Kamera aus, um gleichzeitig andere Dinge zu erledigen: E-Mails, Nägel, Essen, Einkaufen, Waschen. Auch würden sie lieber Nachrichten an ihre Kollegen senden (anstatt anzurufen), um zu erfahren, wie es ihnen geht. Das spart Zeit, so dass sie zwischen 9.00 und 18.00 Uhr alle Arbeiten und soziale Aktivitäten erledigen können. Was sie also bei der virtuellen Arbeit verrückt macht, ist der Verlust der Spontanität, um an Informationen zu kommen — und dass alles über Anrufe erledigt werden muss. Das ständige Erlernen neuer virtueller Werkzeuge kann für sie lästig sein. Wenn ihre Kollegen ihnen die Werkzeuge erklären, zeigen sie sich aber offen dafür. In der Mittagspause tanken sie neue Energie, indem sie ein Nickerchen machen, Netflix schauen und Sport treiben.

Der soziale Schmetterling

Er nutzt die virtuelle Arbeit, um „aufzuholen“. Diese Person liebt das virtuelle Arbeiten, weil es ihr ermöglicht, mit vielen Kollegen in engem Kontakt zu bleiben, die sie in der „realen“ Welt nicht regelmäßig sehen würde. So nimmt der soziale Schmetterling an den meisten sozialen Events teil, etwa an virtuellen Kaffeepausen, virtuellem Fitnessstudio und Kochkursen. Das ist auch der Grund, warum die Quarantäne diese Person fitter und zu einem Meisterkoch macht. Sie würde ihre Kollegen immer anrufen und fragen, wie es ihnen geht, anstatt im Chat eine Nachricht zu senden. Für sie ist es normal, den Status in Teams (neues Skype) auf „verfügbar“ zu setzen, damit sich jeder willkommen fühlt, sich an sie zu wenden, anstatt ihn auf „beschäftigt“ zu setzen. Während eines langwierigen Anrufs checkt der soziale Schmetterling Instagram, um einen neuen Hintergrund für Teams zu finden, damit Anrufe mehr Spaß machen. Doch nur weil sie soziale Kontakte pflegt, heißt das nicht, dass sie nicht effizient arbeitet. Sie ist sehr strukturiert. Das virtuelle Arbeiten ermöglicht ihr eine tägliche Arbeitsroutine, da die Anzahl der Ad-hoc-Anfragen abnimmt. In der Offline-Welt fordert der Kunde häufig kurzfristig Management-Folien und -Zahlen an und unterbricht so diese Routine. Allein die Verzögerung, die entsteht, wenn sie und jemand anderes bei einem Anruf gleichzeitig zu sprechen beginnen und sie beide sagen „Sie zuerst“, macht sie verrückt. Folglich liebt sie das virtuelle Arbeiten, weil sie mehr Zeit zu Hause UND mehr Zeit für die Arbeit hat, die sie als Consultant ansonsten mit Reisen verbringt.

Der Performer

Performer sind wie Sterne. Man kann sie nicht immer sehen, aber sie leuchten immer. Übersetzt bedeutet das, dass sie ihre Kamera nur dann einschalten, wenn andere sie darum bitten. Sie haben nicht die gleiche Sichtbarkeit wie ein sozialer Schmetterling, aber sie sind die wahren Akteure im Team. Es ist nicht so, dass sie die virtuelle Arbeit nicht mögen, doch sie bevorzugen einfach die reale Welt. Sie ärgern sich darüber, dass sie keinen „echten“ Kontakt zu Menschen haben, was dazu führt, dass sie nicht an virtuellen sozialen Events teilnehmen. Es ärgert sie schon genug, dass sie einen Anruf nach dem anderen erhalten. Aber der Performer ist sehr klug! Der Performer macht das Beste aus der Situation! Da er die Offline-Welt bevorzugt, trägt er die virtuelle Arbeit in die reale Welt, indem er in der Natur spazieren geht, während er ein Gespräch führt. Seine Stärke: Er arbeitet immer super produktiv. Deshalb konzentriert sich der Performer voll auf das Telefonieren und vermeidet jegliche Ablenkung. Falls es ein sehr langwieriger Anruf ist, erstellt er währenddessen seine To-do-Liste oder beginnt schon mal mit einer anderen Aufgabe. Den Performer im Team zu haben, bedeutet definitiv, dass es am Ende großartige Ergebnisse geben wird.

Doch um nun auf die Frage zurückzukommen, wer ich in der virtuellen Welt geworden bin: Ich denke, ich bin in verschiedenen Kontexten eine andere Person. Zumindest ein wenig. Wow, langweilige Antwort. Aber wahrscheinlich ist das bei den meisten Menschen der Fall. Wenn es also um meine Persönlichkeit in einem virtuellen Team geht, würde ich mich irgendwo zwischen „sozialem Schmetterling“ und „Multitasking-Champion“ einordnen. Es würde wirklich viel Spaß machen, tiefer in dieses Thema einzutauchen. Das hängt mit meinem letzten Tagebucheintrag zusammen: Dort habe ich erzählt, dass man sich im Home Office wieder wie ein Student fühlt. Wer immer wir also auch sind: Solange es sich gut anfühlt und wir mit uns selbst zufrieden sind, sollten wir so bleiben. Denn am Ende des Tages müssen wir den Rest unseres Lebens mit uns selbst verbringen. Wow, vielleicht sollte ich nach dieser Coronazeit Dichter werden. Vielleicht bin ich das ja schon. Zumindest manchmal… 😉

Interessiert daran, wie dein Arbeitsalltag bei Accenture aussehen könnte? Erfahre hier mehr über uns!

Stay tuned — nächste Woche folgen Lifehacks für mehr Produktivität in der Homeoffice-Quarantäne.

Die Autorinnen

Moin Moin aus Hamburg. Ich bin Louisa Rahder — Digital Transformation Analyst bei Accenture und digitaler Marketing-„Schwamm“. Digital Customer Experience, Digital Brand Communications and Strategy, Social Media, Content Marketing … die Liste könnte ewig weitergehen … das sind meine Themen und Leidenschaften. Ich liebe meinen Job und möchte so viel Wissen wie möglich aus den unterschiedlichsten Industrien „aufsaugen“. Um genau das tun zu können, bin ich seit März 2020 Teil der Interactive Family. Was hieß das für mich? Direkt nach meiner zweiten Woche ging es ab ins Homeoffice. Ich wurde also zum virtuellen Schwamm. Eine geheime Leidenschaft von mir ist das Schreiben. Deshalb berichten Adèle und ich mit hilfe des fiktiven Charakters „Lucy“, einer Mischung aus uns beiden, über unsere Erlebnisse: wie wir über uns selbst hinausgewachsen sind und „The Future Way of Working“ kennengelernt haben — und wie uns Social Distancing dazu gebracht hat, more connected than ever zu sein. Happy reading!

Mein Name ist Adèle Conraud und ich arbeite als Managerin bei Accenture Interactive.

Ich bin ein absolutes Accenture-Eigengewächs: Einem Praktikum während des Masterstudiums folgte der Einstieg direkt nach dem Abschluss. Nach wie vor bin ich davon überzeugt, dass ich mit dieser Entscheidung goldrichtig lag. Accenture bot mir die Chance, meine Karriere nach meinen Vorstellungen zu gestalten. Ich hatte die Gelegenheit, in Asien und Amerika zu arbeiten und Europa zu bereisen.

Insbesondere in den letzten Monaten habe ich sehr viel über mich gelernt. Seit Anfang März trage ich die Verantwortung für zwei neue Counselees, also Neueinsteigern, die ich bei ihrem Karrierweg unterstütze. Direkt nach der ersten Woche begann das Arbeiten im Home Office. In dem Zuge haben Louisa und ich überlegt, wie wir über das neue Arbeiten berichten können und so den fiktiven Charakter „Lucy“ geschaffen. Aus ihrer Perspektive erhaltet ihr einen Einblick in unseren neuen Arbeitsalltag! Have fun!

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