Nice girls don´t get the corner office

Macht haben & Macht weitergeben

Diana Krebs
Politikerin*
Published in
3 min readJul 29, 2019

--

Wie das Gruppenbild der Damen das konventionelle Machtverständnis auf den Kopf stellt

Das Bild mit Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Stuhlreihe wurde in Deutschland heftig diskutiert.

Drei Frauen in machtvollen Schlüsselpositionen nebeneinander — das präsentiert eine neue Seite in der Politik. Nämlich dass Frauen Macht haben und diese auch durchaus weitergeben können. Nicht nur wurden die neuen Amtsinhaberinnen offiziell der Presse vorgestellt. Es sollte auch deutlich gemacht werden, dass die Bundeskanzlerin ihr politisches Erbe gesichert hat. Das allein ist schon der ultimative Ausdruck eines Machtprivilegs. Dass Bundeskanzlerin Merkel dieses Privileg in Anspruch nahm, zeugt von ihrem außerordentlichen Machtbewusstsein.

Frauen, die politisch aktiv sind, kommen nämlich meist gar nicht dazu, sich um ein Erbe zu kümmern. In der Kommunalpolitik spielt hierbei sicherlich eine Rolle, dass Frauen sich auf die Ziele konzentrieren, die sie erreichen möchten. Während Männer ein Mandat im Gemeinderat durchaus fürs Aufpolieren des eigenen Images nutzen, und um sich kommunal besser zu vernetzen, sind Frauen überwiegend daran interessiert, die Aufgaben zu erledigen, für die sie ins Amt gewählt wurden. Die Motivation scheint für sie persönlicher zu sein. Da geht es um die Lösung der Probleme innerhalb der Kommune.

Ein weiterer Punkt, warum sich für Frauen die Frage nach dem politischen Erbe weniger stellt ist, dass ihre Netzwerke noch nicht so gut gespannt sind. Nach wie vor sind Frauen in der Kommunalpolitik weniger vertreten, und Männer suchen sich ihre Nachfolger eher bei den Männern. Auf der Bundesebenen stellt da Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl eine große Ausnahme dar, als er Angela Merkel für seine Nachfolge als Parteivorsitzende der CDU forcierte. Die wenigsten Frauen sind machtpolitisch in der Lage, ihr Erbe an einen Mann weitergeben zu können.

Und selbst wenn frau in einer machtvollen Position ist, bedeutet das noch lange nicht, dass sie Einfluss auf ihr Erbe nehmen kann. Weil es die Rahmenbedingungen scheinbar unmöglich machen. Beispielsweise war die ehemalige Premierministerin von Großbritannien Theresa May unbestritten in einer machtvollen Position. Aber das Thema, für das sie zur Umsetzung angetreten war, hatte ihr schlichtweg keine Zeit gelassen, einen Nachfolger für ihr Erbe eigenständig auszusuchen und Schritt für Schritt aufzubauen. Sie hätte den Brexit auch gleich ganz stoppen können, aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Ist also Macht erst dann wirkliche Macht, wenn man diese auch weitergeben kann? Oder ist diese Form von legacy building genau die Art von politischem Egoismus, der schlussendlich die Welt in Brand setzt?

So oder so: Jungen Frauen auf der Suche nach weiblichen Vorbildern wird dieses Gruppenbild wohl eher in Erinnerung bleiben, als die Diskussionen um die Suche nach Formen der “anständigen Macht”. Dieses Bild stellt eine Zäsur in unserem Verständnis von Macht dar. Wer Macht hat, und wer sie weitergeben darf, diese Fragen stellten sich bis vor kurzem nicht. Aber dann gelang es einer erklärten Nicht-Feministin wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, durch backdoor politics sich genau die gleichen Rechte zu verschaffen, die bislang nur den Männern zur Verfügung standen.

--

--

Diana Krebs
Politikerin*

Feminismus - Politik - Technologie | Amt für kommunale Zukunft