“ Viele Social Media Unternehmen setzen auf reißerische Inhalte, um Einkommen zu generieren.”

Diana Krebs
Politikerin*

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Wie Online-Belästigung von Politiker*innen droht, Frauen ganz aus der Politik rauszuhalten.

Stephanie Hankey ist Mitbegründerin des Tactical Technology Collective, einer internationalen NGO, die sich mit Bürgern*innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenschließt, um die Auswirkungen von Technologien auf die Gesellschaft zu erforschen. Mit Politikerin* spricht sie darüber, wie sich Online-Belästigung auf die Arbeit und das Engagement von Politikerinnen auswirkt. Und warum Social Media-Unternehmen kein Interesse daran haben, den digitalen Raum in naher Zukunft zu einem sicheren Ort für Politikerinnen* zu machen.

Politikerin*: Stephanie Hankey, Ihr Projektteam hat das Ausmaß von Online-Belästigung von Politikerinnen* im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen untersucht. Was waren die Ergebnisse?

Stephanie Hankey (SH): Frauen in politischen Machtpositionen, vor allem women of color, müssen auf den Social Media-Plattformen wie Twitter und Facebook viel einstecken. Nehmen wir zum Beispiel Gina Miller, eine britische Hedgefondsmanagerin, politische Aktivistin und eine der prominentesten Stimmen gegen den Brexit. Online steht sie unter Dauerbeschuss. So sehr, dass sie ein Buch darüber schrieb. Sie wurde angegriffen, weil sie nicht nur eine Frau war, die sich gegen den Brexit stellte, politisch aktiv und in den Medien präsent war. Sie wurde auch rassistisch angegriffen, da sie von indischer Herkunft ist. So sehen wir es häufig in der Politik: dass es sowohl rassistisch als auch geschlechtsspezifisch motivierte Belästigungen sein können.

Oder nehmen wir Diane Abbott, eine britische Abgeordnete. Während des vergangenen Wahlkampfes berichtete die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, dass Abbott, eine woman of color, allein fast die Hälfte aller missbräuchlichen Tweets erhalten hat, die im Vorfeld der Parlamentswahl an weibliche Abgeordnete geschickt wurden. Viele Studien zeigen, dass Politiker immer online angegangen werden, aber Frauen mehr. Und die Bedrohung gegen sie ist stärker sexualisiert.

Politikerin*: Erhalten Männer mehr Hasskommentare wegen ihrer Politik und Politikerinnen für das, was sie sind und wie sie aussehen?

SH: Genau. Auch männliche Politiker erhalten Hasskommentare online, aber sie sind weniger persönlich. Diese Kommentare beziehen sich weniger darauf, was diese Politiker tragen oder wie sie aussehen. Außerdem sind es keine sexuell gewalttätigen Kommentare. Vergewaltigung ist die größte und am häufigsten geäußerte Bedrohung für Politikerinnen* mit dem Ziel, sie zum Schweigen zu bringen. Diese Art von Online-Belästigung, die sexualisiert und rassistisch motiviert ist, hat erhebliche negative Auswirkungen auf Politikerinnen.

Politikerin*: Können Sie uns Beispiele nennen?

SH: Es gibt den Fall der kanadischen MP Celine Casesar Chavanne. Sie wurde im Dezember 2015 zur Parlamentarischen Sekretärin des Premierministers ernannt und war bis zum 26. Januar 2017 in dieser Funktion tätig, bevor sie zur Parlamentarischen Sekretärin des Ministers für Internationale Entwicklung wurde. Sie beschloss, die liberale Fraktion zu verlassen und als Unabhängige für ihren Wahlbezirk im Parlament zu sein. Nach der Ankündigung ihres Rücktritts sprach sie über die rassistischen Online-Belästigungen, die sie während ihrer Zeit als Politikerin ständig erhalten hatte. Auch Hasspost auf wöchentlicher Basis. Das wurde immer noch schlimmer, wenn sie damit an die Öffentlichkeit ging, um diese für rassistische und sexistische Hassbriefe und Online-Belästigungen über Social Media zu sensibilisieren

Auch eine Umfrage der Interparlamentarischen Union (IPU) aus dem Jahr 2016 mit 55 weiblichen Parlamentariern aus 39 Ländern in fünf Regionen ergab, dass 81,8 Prozent in irgendeiner Form psychologischer Gewalt ausgesetzt waren. Die gleiche Studie zeigte, dass 45 Prozent von ihnen Drohungen wie Vergewaltigung, Schlägen, Tod oder Entführung erhalten hatten.

Diese Einschüchterung ist nicht bloss auf Worte beschränkt. Wir haben auch viele Fälle von gefälschten Bildern gesehen, die über Politikerinnen* verbreitet wurden. Es hängt vom Kontext ab, aber in einigen Ländern, in denen Frauen weniger häufig in einflussreiche Positionen kommen oder wo Gleichstellung noch nicht wirklich ein Thema ist, zirkulieren viel mehr gefälschte Bilder als Versuch, weibliche Politiker zu diskreditieren. Diese Bilder werden normalerweise mit gefälschten Bildern verbreitet, so als ob es aussieht, als hätten diese Politikerinnen etwas getan, was sie in ihrem Amt oder bei einer Wahl diskreditieren könnte.

Politikerin*: Inwiefern unterscheidet sich Online-Belästigung im politischen Bereich von der, die Frauen offline erfahren?

SH: Das ist ein Aspekt, der mich wirklich interessiert. Was ist neu an der Übergriffigkeit im digitalen Raum? Zunächst ist es wichtig zu verstehen, inwieweit das Online-Verhalten gegenüber Frauen eine Erweiterung der Realität ist.

Bloss weil wir nun die technologischen Möglichkeiten dafür haben, bedeutet das ja nicht, dass es zuvor keine Belästigung gegen Frauen* gab. Misogynie und Sexismus gegen Frauen in der Politik sind etwas, was bereits lange etabliert ist. Und die Medien gehen bereits mit schlechtem Beispiel voran. Politikerinnen* werden in der Öffentlichkeit bereits sehr ungerecht behandelt, und das ist der Präzedenzfall dafür, wie es sich online verhält. So wurde beispielsweise in den USA eine Stimmungsanalyse durchgeführt. Sie zeigte deutlich, wie die Medien im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in den USA 2020 mit weiblichen und männlichen Kandidaten umgehen. Und zum großen Teil werden weibliche Kandidaten negativer dargestellt und über sie berichtet als über die männlichen Kollegen.

Mich interessiert auch die Normalisierung, wie männliche Politiker zunehmend über Politikerinnen* sprechen und wie Frauen* in der Politik behandelt werden. Trump ist ein offensichtliches Beispiel. Aber es gibt noch so viele andere. Zum Beispiel die australische Senatorin Sarah Hanson-Young von der Green Party. Sie wurde von einem anderen Senator, David Leyonhjelm, nach einer Senats-Anhörung über die Sicherheit von Frauen nach der Vergewaltigung und Ermordung der australischen Komikerin Eurydice Dixon geslutshamed.
Hanson-Young, eine alleinerziehende Mutter, konfrontierte ihn gleich im Anschluss an die Debatte und ging damit auch an die Öffentlichkeit. Sie verklagte ihn schließlich wegen Verleumdung.

Auf diese Weise werden Politikerinnen* ausgeschaltet: indem man sie sexuell beleidigt. In gewisser Weise gibt es also ein Offline- und Standardverhalten, das dann online fortgesetzt wird.

Politikerin*: Wenn Sie sagen, dass in der Politik Sexismus etabliert sind, was unterscheidet diesen Sexismus von sexistischer Online-Belästigung? Sind es Ausmaß und Beharrlichkeit?

SH: In vordigitalen Zeiten konnte man vielleicht noch von einem singulären Ereignis ausgehen: Die Zeitung sagte dies, ein Reporter oder Politiker sagten das. Die Leute tauchten vielleicht bei dir vor der Türe auf, sagten gemeine Dinge zu dir oder deiner Familie. Oder es wurde ein Drohbrief unter der Türe durchgeschoben. Aber man hatte nicht die Möglichkeit, diesen Brief mit Tausenden von Menschen zu teilen, der Vorfall blieb beschränkt auf lokaler Ebene.

Aber wenn die Belästigung konstant, massiv und hartnäckig ist; wenn man täglich oder wöchentlich Hunderte und Aberhunderte von Kommentaren und Tweets auf Facebook und Twitter erhalten, ist es für jeden Einzelnen schwer zu bewältigen. Und da das Berufs- und Privatleben der Politiker*innen nicht völlig getrennt voneinander sind, können sie es nicht einfach eben mal ausschalten.

Ich denke, dass Online-Belästigung eine Art Schneeballeffekt erzeugen kann. Sie erzeugt eine Art Mob-Effekt.

Und das schwierigste und dringlichste Problem aus meiner Sicht ist folgendes: Frauen, die heutzutage versuchen, in die Politik zu gehen, brauchen diese digitalen Plattformen, um sich zu bewerben und sich sichtbar zu machen. Sie müssen sich an der öffentlichen Debatte beteiligen. Der digitale Raum ist ein wesentlicher Bestandteil des politischen Prozesses. Wenn Frauen jedoch im Online-Bereich ständig heruntergemacht und angegangen werden, dann ist es für sie keine Option, einfach die Kommentare zu ignorieren oder zu einer anderen Plattformen zu wechseln. Es ist ihre Aufgabe, sich einzumischen, analog und digital. So läuft Politik heutzutage.

Aber mit einer konstante Online-Belästigung wird eine unmögliche Arbeitsumgebung geschaffen. Was wir also sehen ist, dass Frauen sich entweder aus der Politik verabschieden. Oder wir sehen, dass aufgrund dieser Online-Belästigung Frauen die politische Arena erst gar nicht betreten wollen.

Politikerin*: …. was eine Katastrophe für jede repräsentative Demokratie ist.

SH: Stimmt. Und dazu kommt, dass der Job ziemlich gefährlich und unangenehm ist. Je niedriger das politische Profil, die politische Ebene als auch die Bezahlung, desto weniger ist es den Aufwand wert. Dies ist ein ernstes Problem, da es Frauen davon fernhält, sich auf verschiedenen politischen Ebenen einzumischen. Aber genau das braucht es ja.

Nehmen wir den Fall der Frauenrechtlerin Caroline Criado-Perez in Großbritannien, die vorgeschlagen hatte, das Portrait der Schriftstellerin Jane Austin auf die 10-Pfund-Banknote drucken zu lassen. Nachdem sie mit diesem Vorschlag an die Öffentlichkeit gegangen war, erhielt sie dafür eine enorme Menge an Online-Belästigung. Also ging sie zur Polizei, um dies zu verfolgen, weil sie um ihre eigene Sicherheit fürchtete. Über einen Zeitraum von 12 Stunden erhielt sie etwa 50 missbräuchliche Tweets pro Stunde. Es waren zwei Männer, die gemeinsam Angriffe auf Frauen koordiniert hatten. Dies führte zu einer Verhaftung eine der beiden.

Es gibt Extremfälle, da bleibt nicht bloss bei Drohungen, wie zum Beispiel bei der Labour-Abgeordneten Jo Cox. Sie wurde 2017 im Vorfeld der britischen Schnellwahl von einem Fanatiker ermordet, bloss weil er nicht mit ihrer Politik einverstanden war. Sie hatte eine Familie, sie war eine sehr erfahrene politische Aktivistin, genoss einen guten Ruf und war sowohl in zivilgesellschaftlichen Kreisen als auch in der Politik sehr gut integriert.

Politikerin*: Da die Polizei also immer mehr Berichte solcher Fälle von Online-Belästigung erhält, wie reagieren die Regierungen?

SH: In Großbritannien wurde nun versucht, eine regulatorische Antwort auf die Online-Belästigung von PolitikerInnen zu formulieren. Dafür steht insbesondere das Anfang 2019 veröffentlichte White Paper Online Harms. Ein wichtiger Schritt: Die Regierung verfolgt damit die Absicht, Online-Belästigung und Hassreden gegen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens als Straftatbestand anzuerkennen.

Wie gesagt: Das ist ein wichtiger Schritt. Trotzdem sind solche Maßnahmen kompliziert, da sie viele Probleme und Fragen in Bezug auf die freie Meinungsäußerung mit sich bringen. Wer kann und darf entscheiden, welche Äußerungen für einen Politiker beleidigend sind und was nicht? Wie werden diese neuen Regeln durchgesetzt und vom wem?

Die Social Media- Plattformen haben mit diesen Fragen wirklich zu kämpfen. Derzeit ist es schwierig, sie dazu zu bringen anzuerkennen, was eine Hassrede ist oder nicht. Und wann sie diese entfernen sollten oder eben nicht.

Es gibt einige Fälle, in denen Politikerinnen* Facebook mit der Bitte kontaktiert haben: Könnt ihr diese anstößigen Inhalte entfernen. Und häufig war die Antwort, dass es sich nicht um beleidigende Inhalte handele. So hatte beispielsweise die Labour-Abgeordnete Cat Smith in einer privaten Facebook-Gruppe Vergewaltigungsdrohungen erhalten, und diese dem Social Media- Unternehmen gemeldet mit der Bitte, diese doch zu löschen. Doch stattdessen erhielt sie die Antwort, dass diese Nachrichten nicht gegen die Communitystandards verstoßen würden. Später entschuldigte sich Facebook bei ihr.

Auch die von Social Media-Unternehmen empfohlenen Lösungen sind nicht unproblematisch. Zum Beispiel empfehlen einige der Unternehmen, man solle die Online-Kommentare und -Antworten einfach ausschalten, dann bekomme man sie auch nicht zu sehen. Für alle anderen aber bleiben die Kommentare ja sichtbar. Das ist nicht wirklich eine Lösung. Denn man kann nicht überprüfen, ob sich die Kommentare verschlimmern. Und das ist gefährlich.

Wenn man ständig Online-Angriffe erhältst, und das einem verständlicherweise mental und psychologisch zusetzt, dann ist es vollkommen nachvollziehbar, warum das Ausschalten der Kommentare wie eine gute Idee erscheint. Wenn die Lösung der Technologieunternehmen aber darin besteht, dass man sein eigenes Verhalten regulieren muss um sich vor Angriffen zu schützen, dann ist niemandem geholfen.

Politikerin*: Warum ist es den Social Media-Unternehmen nicht ein größeres Anliegen, hier Lösungen zu schaffen? Es kann doch nicht in deren Interesse sein, dass beispielsweise Politikerinnen* bei ihrer demokratischen Arbeit untergraben werden.

SH: Erstens müssen wir das Geschäftsmodell der Plattformen verstehen, um zu begreifen, womit wir es zu tun haben. Wir sprechen von einer Aufmerksamkeitsökonomie, nicht wahr. Wenn also Inhalte und Bilder geteilt werden, sehen Benutzer*innen Inhalte, Benutzer*innen liken Inhalte und Bilder. Damit wird Aufmerksamkeit erzeugt. Je mehr die Nutzer*innen liken, je mehr sie zu sehen bekommen, desto mehr Geld verdienen diese Unternehmen, insbesondere Facebook. Viele der Social Media Unternehmen sind daher auch diese reißerischen Inhalte angewiesen, um Einkommen zu generieren.

Warum also sollten Technologieunternehmen ihr ureigenes Geschäftsmodell gefährden wollen?
In jüngster Zeit haben sie jedoch zu spüren bekommen, dass sie dafür aber auch extrem viel schlechte Presse bekommen. Das Vertrauen der Nutzer*innen und des Staates in diese Plattform ist gestört. Es liegt daher im Interesse der Social Media-Unternehmen, die Fälle von extremer Gewalt oder Belästigung zu reduzieren oder Lösungen zu finden, die auch für Nutzer*innen geeignet sind, die der Öffentlichkeit dienen.
Daher hat bei den Social Media-Unternehmen ein Umdenken eingesetzt. Aber angesichts des Umfangs dieses Themas wurde nicht genügend in die Problemlösung investiert.
Viele Technologieunternehmen verlagern dann kurzerhand die Problemlösung an die Community. Zum Beispiel durch die Schaffung von Forschungs- oder Fördermitteln, die lokalen Gruppen bei der Lösungsfindung helfen sollen, Hate speech online anzugehen oder abzumildern.

Einer der Gründe, warum bislang keine bedeutenderen Veränderungen auf systemischer oder politischer Ebene vorgenommen wurden, ist der folgende: Technologieunternehmen wie Twitter und Facebook wollen um jeden Preis vermeiden, als Inhaltsanbieter wie Fernsehsender, Radio oder Zeitung eingestuft zu werden. Dann hätten sie nämlich eine redaktionelle Verantwortung. Wenn Technologieunternehmen so klassifiziert würden, würden sie mit völlig unterschiedlichen Vorschriften und Auswirkungen konfrontiert. Sie müssten die Verantwortung dafür übernehmen, was auf ihren Plattformen veröffentlicht werden darf und was nicht.

Daher wollen sie unbedingt ihren jetzigen Status als Kommunikationsanbieter aufrecht zu erhalten, beispielsweise wie Telekommunikationsanbieter, die völlig unterschiedliche Regelungen in Bezug auf die Verantwortung für Inhalte haben.

Die Wahrheit ist aber, dass Technologieunternehmen wie Twitter und Facebook Inhaltsanbieter sind. Und als Inhaltsanbieter, übernehmen Sie die Verantwortung für das, was sie auf ihren Plattformen hosten.

Sogar nach dem Massenmord im neuseeländischen Christchurch und anderen schrecklichen Ereignissen, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, wollen Technologieunternehmen noch immer am Status des Kommunikationsanbieters festhalten. Sie sind jedoch aufgrund vieler extremer Inhalte nun dazu gezwungen, Inhalte zu entfernen, zu klassifizieren zu überwachen und darauf zu reagieren.

Mit der Einstufung als Inhaltsträger würde das Geschäftsmodell zusammenbrechen und eine gesamte Branche kollabieren. Allerdings sind die Technologieunternehmen rein vom Ressourcenaufwand gar nicht in der Lage, für all die geposteten Inhalte eine redaktionelle Verantwortung zu übernehmen.

Politikerin*: Wie kann man bei diesen düsteren Aussichten mehr Frauen dafür begeistern, den Schritt in die Politik zu wagen?

SH: Es braucht mehr Solidarität und stärkere Frauennetzwerke. Im Menschenrechts- und Aktivistensektor gibt es viele Frauengruppen, die zusammenkommen und Informationen darüber austauschen, welche Art von Online-Missbrauch sie erhalten. Das kann dann verglichen werden. Manchmal findet man ein Muster, z.B. kann es sich um ein und dieselbe Person oder Gruppe handeln. Oder Politikerinnen* und Frauen* aus der Techbranche beraten sich, wie man sich vor Online-Belästigung schützen und verschiedene Reaktionsstrategien entwickeln kann. Ich könnte mir ebenfalls Möglichkeiten vorstellen, wo sich Frauen* aus der Techbranche bereit erklären, Politikerinnen* bei der Bewältigung dieser digitalen Probleme zu unterstützen. Im kleinerem Rahmen gibt es einfache digitale Möglichkeiten, die schnell erlernbar sind. So kann beispielsweise die umgekehrte Bildersuche in der Google-Suche sehr nützlich sein, wenn gefälschte Bilder oder kompromittierende Bilder im Umlauf sind. Die umgekehrte Bildersuche ermöglicht es, alle Instanzen dieses Bildes in wenigen Sekunden zu finden. Eine super einfache Lösung, von der die wenigsten Menschen wissen, dass es sie gibt.

Das sind einige individuelle Lösungsmöglichkeiten, dem Problem von Online-Hetze beizukommen.

Auf der systemischen Ebene aber muss man das Problem zuerst verstehen und umfassender erkennen. Ich denke aber nicht, dass dafür genügend getan wurde. Die Forschung zum Thema Online-Belästigung von Politikerinnen* ist nicht spezifisch und detailliert genug. Es gibt verstreute Berichte von vor einigen Jahren, es gibt viele konkrete Fallstudien, aber es gibt kaum systematisch gesammelte Daten. Aber genau das braucht es, um das Ausmaß und die Tiefe des Problems und dessen Auswirkungen auf Politikerinnen* vollständig zu verstehen.

Zweitens braucht es eine breitere Anerkennung dafür, in welchem Maße Online-Belästigung Frauen* entweder davon abhält, in die Politik einzusteigen, oder in der Politik zu bleiben. Politikerinnen* brauchen die Online-Kanäle, um ihre Arbeit richtig zu machen und eine öffentliche Debatte zu führen, ohne dabei von feindseligen Kommentaren zum Schweigen gebracht zu werden. Und dieses Recht muss verteidigt und gewahrt werden.

Am Ende brauchen wir ein Zusammenspiel von wirkungsvoller Gesetzgebung, von verantwortlich handelnden Social-Media-Plattformen, und Individuen und zivilgesellschaftliche Organisationen, die Politikerinnen im Umgang mit Online-Belästigungen unterstützen können, die halt nicht einfach über Nacht verschwinden. Diese drei Ebenen müssen zusammenwirken. Die Implementierung von nur einer wird keinen großen Unterschied machen.

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Tactical Technology Collective hat seinen Sitz in Berlin, Deutschland.
Das Projektergebnisse zur geschlechtsspezifischen Online-Belästigung von politisch aktiven Frauen finden Sie hier.

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Diana Krebs
Politikerin*

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