Ein Interview mit Dorothee Stanneck über das spanische Pferd (PRE)

Laura Elena
PRE Herz & Verstand UG
20 min readMay 2, 2021

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Dorothees 10-jähriger Nostalgico, ein Carujanohengst vom Gestüt Indalo (Malaga) — “ein extrovertierter Showman, er sich und seine Schönheit feiert und vor nichts auf der Welt Angst hat, außer vor Stuten” (Bildquelle: Dorothee)

Mit Sicherheit kennen sie viele von Euch. In ihrer Facebook Gruppe “Nobleza y Corazon — Freunde iberischer Pferde” beschenkt Dorothee Stanneck ihre aktuell 2800 Mitgleider regelmäßig mit wahnsinnig wertvollen Pedigreeanalysen ihrer herzallerliebsten PRE’s. Sie führt bereits Wartelisten, denn die Nachfrage ist groß und als Tierärztin, Mutter von zwei erwachsenen Kindern und (Mit)- Besitzerin von vier anspruchsvollen Familien PRE’s, ist die Zeit nicht unbegrenzt. Wir von PRE Herz & Verstand konnten sie glücklicherweise auch für die Analyse unserer Verkaufspferde und Deckpaarungen zu Rate ziehen und sind beeindruckt von ihrem fundierten Wissen bei maximaler Leidenschaft. So kam die Idee auf, Dorothee für ein Interview zu gewinnen und ihr Fragen zu stellen, die Ihr — unsere Follower — gerne beantwortet haben möchtet. Inhalte ähnlicher Fragen wurden miteinander kombiniert. Viel Spaß!

Dorothee mit ihrem “beängstigenden Gedankenleser” Jairo, ein 10 jähriger Cartujano-Wallach vom Gestüt Jaralta (Bildquelle: Dorothee)

Dorothee: Hallo ihr Lieben, ich freue mich, dass ich ein bisschen zu Abstammung im Generellen sagen darf und kann (ihr werdet ggf. etwas enttäuscht sein, dass ich oft vage bleibe, aber das liegt in der Natur der Sache). Zunächst der wichtigste Satz vorweg. Habt ihr ein Pferd vor euch, mit dem ihr gut zurecht kommt: Alles, was zählt, ist dieses Pferd. Lernt es zu lesen, hört auf sein Gemüt, baut eure Verbindung auf… das Gleiche tut es mit euch :-) Auch ohne euer Pedigree zu kennen. Pedigreegraben hat Vorteile in lediglich drei Situationen:

  • Wenn es in der Beziehung knirscht und ihr nicht einmal im Ansatz dazu kommt, eine gemeinsame Basis zu finden.
  • Wenn ihr schnell einen Überblick braucht, ob ein (junges, unfertiges) Pferd mit einiger Wahrscheinlichkeit für eure geplante Nutzung taugt, also ganz zu Beginn einer Suche.
  • Wenn man aus seinem Anforderungsprofil das möglichst sinnvolle Suchprofil machen möchte (brauche ich ein bezauberndes Reitkunstpferd, werde ich kaum Dressur-Leistungslinien behelligen… da sind nachher beide enttäuscht). Also nochmal in aller Deutlichkeit:

Alles was zählt, ist das Pferd vor euch. Dann schweigt jedes Pedigree.

PRE Herz & Verstand: Liebe Dorothee, vielen Dank. Zu allererst möchten wir gerne etwas über Dich und deinen Werdegang erfahren. Gibst du uns einen Einblick?

Dorothee: Zu mir gibts auch nicht so elend viel zu sagen. Pferdevirus mit vier (Anfang der 70er), Arabitis mit 12 (ausgelöst vom legendären Ghazal). Tiermedizinstudium und nie gedacht, daß ich mal einen asilen Vollblutaraber selber haben würde. Das hat sich dann auch erst mit knapp 40 erfüllt (da brachen die astronomischen Preise plötzlich massiv ein) mit einer extrem edlen Straight Egyptian Stute. Bis dahin konnte ich bereits die arabischen Pedigrees rückwärts beten und ich habe damit die Leidenschaft für Pedigrees begründet. Aus reiterlichen Gründen (ich bin Vertreter der Ansicht, dass jedes Pferd so geritten werden sollte, wofür es körperlich und geistig sichtbar gezüchtet wurde), bin ich dann zu den Iberern gewechselt. Et voila, da bin ich. Aus reiterlicher und züchterischer Vorliebe bin ich offen zugegeben ein Fan der Iberer, wie man sie auf den barocken Gemälden sieht. Ich bin aber auch bereit, sie entsprechend sorgfältig und angemessen zu schulen und zu reiten. Alles muss halt zusammenpassen.

PRE Herz & Verstand: Sehr interessant, danke! Dann starten wir mit unserer ersten Frage. Einige User würden gerne mehr über die alteingesessenen klassischen Züchter erfahren. Wer ist bzw. war das?

Dorothee: Nun, da gibt es eine ganze Reihe „großer alter Namen“, die zum Teil allerdings nicht mehr existieren oder in andere Zuchten übergingen, oder ihr Zuchtziel verändert haben. Auch gibt es jüngere Zuchten, die sich ganz der klassischen Tradition verschrieben haben und die manchmal sogar „klassischer“ züchten als sogenannte alte Gestüte. Es ist also wirklich viel mehr, als nur der Kandarenbrand (Cartuja/Terry), Guardiola, Bohorquez, Escalera, Romero Benitez, Granda Losada, Yeguada Militar, Peralta, Martinez Boloix, Cardenas, Marin Garcia und bestimmt 30–50 andere mehr zu kennen… es sind ihre Verbindungen untereinander, und ihre Nachfolger, die ebenso wichtig sind. Manche Gestüte sind auch ganz klein und trotzdem sehr alt und extrem gut… damit erhöht sich die Zahl der Gestüte, die sich zu kennen lohnt. Und dann gibt es legendäre „jüngere“, wie Plaza de Armas oder Tomas Osborne, die auf perfekt ausgesuchter Basis hervorragende Pferde erzüchten. Was heißt: in einer Interviewfrage kann man das nicht so auf die Schnelle beantworten. Wer sich etwas auf Deutsch einlesen will, dem lege ich „Spaniens Pferd der Könige“ ans Herz.

Maradona DP — rein Marin Garcia gezogen — ab 2022 erwartet uns Nachzucht von ihm (Bildquelle: privat)

PRE Herz & Verstand: Welche Gestüte sind zu empfehlen, wenn man PRE’s “nach dem alten Schlag” sucht?

Dorothee: Sehr schöne Frage: was ist denn der „alte Schlag“? Schaut man alte Bilder an, so sieht man auch als Laie mit Pferdeverstand, dass im Grundsatz durchaus verschiedene Schläge und Linienbetonungen existierten (und existieren), selbst wenn man modernere, dressurbetonte Linien ausschließen möchte. Ich sag’s mal mit meinen Lieblingen, den Cartujanos: die sind auch alles andere als homogen, es gab immer Züchter, die ihre eigene Vorstellung hatten, und die sehr verschieden angelegte Betonung verschiedener Zuchtziele hatte. Ein lieblicher und elegant angelegter Cartujano auf Kandarenbrandbasis einer Yeguada Indalo z.B., ist etwas ganz anderes als das Verständnis, was das historische Gestüt Lumbreras für diese noblen Pferdelinien hatte und darauf selektierte (funktionale, harte Pferde), wie wiederum ein Züchter wie Peralta, von dem auf Basis von viel Urquijo-Leistungsblut Cartujanos erzüchtet werden, die kraftvoll und mit unglaublicher Präsenz keine Angst vor dem Stier (oder großen Viereck) haben müssen. Ich verallgemeinere hier ganz schlimm — bitte seht mir das nach. Zucht ist etwas wahnsinnig komplexes und das fürchterlichste daran ist, dass auch nach Generationen noch alte Eigenschaften durchmendeln können (ein schlechter Rücken, der 3–4 Generationen überspringt und auf einmal 1:1 wieder auftaucht).

Und damit komme ich zurück zu was ist „alter Schlag“: Ist es der etwas hängerückige kurzhohe Spanier mit weichem Bindegewebe? Sicherlich wollt ihr den eher nicht, oder? Oder ist es ein Pferd, das mit drei Jahren schon einen Mörderkragen hat und lauter runde Formen? Ich kann euch dazu nur eins sagen: der Kerl ist gephotoshoppt oder kugelig gefüttert. „Alter Typ“ ist alles, aber nicht „Barocker Posaunenengel“. Der PRE war immer ein Arbeitspferd. In der Doma Vaquera am Rind oder in der Alta Escuela (Hohen Schule) für seinen Reiter. Als Moppel hätte er das beides nicht erfüllen können, und so bekommt bitte das Bild des „barocken PRE“ aus dem Kopf. PRE waren im Idealfall immer Pferde von großer Athletik, Eleganz und Beweglichkeit. Sie haben einen eher rundlichen Brustkorb für ein gutes Lungenvolumen und waren (und sind) in der Lage, kraftvolle (Versammlungs!)-Muskeln zu entwickeln und dadurch recht runde Formen zu bekommen. Aber sie sind nicht von Hause aus barock. Das ist eine falsche Sichtweise.

„Alter Typ“ ist alles, aber nicht „Barocker Posaunenengel“.

Barock? Posaunenengel? Oder einfach nur hochtragend ;) Hispano-Araber Stute Bashira Cas (Bildquelle: privat)

Ich sehe in vielen Zuchten Pferde von eher klassischem Exterieur auftauchen — ich würde an eurer Stelle immer am ehesten mit einem guten Vermittler nach Individuen der gewünschten Eigenschaften suchen, statt bestimmte Linien finden zu wollen. Mal im Vergleich: Ihr hab ja auch euren (Ehe) Partner nicht anhand bestimmter Bevölkerungsgruppen gesucht („also ich hol mir einen mit italienischen Linien“), sondern habt nach Individuen Ausschau gehalten. Das finde ich den idealen Weg.

PRE Herz & Verstand: Welche Hengste sind die Wichtigsten in den letzten 30 Jahren und die ganz persönlichen Herzensvererber in Deinen Augen?

Dorothee: Es ist ein bisschen eine deutsche Sicht, Vererber zu zitieren und für sehr wichtig zu halten. So funktioniert die moderne Warmblutzucht. Ein Hengst hat viele Nachkommen und kann sich dadurch einen großen Namen machen. Und deshalb verwende ich gerne die Hengstnamen (besonders die Stempelhengste), um ein Pferd zu beschreiben. Aber (wie Züchter definitiv wissen): Es sind definitiv die Stutenfamilien, die die Zuchten prägen. Das ist allerdings so extrem komplex, dass man das niemals in ein paar Zeilen zusammenbekäme. Aus diesen Gründen zitiere ich am allerliebsten die Zuchten (wenn es denn Hochzuchten mit definierten Zuchtstämmen sind), um ein Pferd zu beschreiben — sehr oft ist es dann relativ unerheblich, welcher Hengst/Stute aus dieser Zucht beteiligt ist. Die Tiere tragen alle recht ähnlich aufsummiertes Genmaterial und vererben sich relativ vergleichbar (Knaller sind halt möglich, und Wurstgurken ebenfalls… so ist Zucht).

Im Grundsatz sind Hengste der Yeguada Militar immer die absolut zuverlässigsten Garanten auf gute Vererbung, Korrektheit und Qualität. Die YM hat extra strenge Zuchtwahl, und sie hat eine große Riege an Vererbern in den letzten Jahrzehnten, die erheblichen Einfluss hatte. Alle im Großen und Ganzen ein bis mehrfach auf den wichtigsten Hengst überhaupt, Agente gezogen. Er ist der große Modernisierer und Korrektmacher der PRE und er ist immer noch präsent in diesen Linien. Und das führt auch dazu, dass ich keinen so richtigen „Lieblingsvererber“ habe. Es gibt wirklich in der gesamten Zuchtgeschichte herrliche Hengste. Ich liebe die Präsenz eines Binguero (1986 geboren in der Yeguada Solera Bravo) und natürlich ist ein Impaciente oder Fuego XII (de Cardenas) absolut atemberaubend, aber ehrlich gesagt; die „Klassiker“-Cartujanos wie Destinado II und Descarado II mit ihrer ätherischen Schönheit und Eleganz liegen mir fast noch mehr, sowie den Destinado II-Nachfahren hinreißend schönen, charismatischen Poseido IV.
Sowie die mittelgroßen wendigen athletischen (Urquijo)Cartujanos, die die Grundlage u.a. der Peraltas ausmachen. Und aus dieser Riege kommt mein absoluter Favorit (aus der Historie): der Urquijo gezogene Noticiero III.

Seitenansicht eines Stierkampfreiters mit schwingendem Hut, auf einem weißen, spanischen Pferd
Noticiero III (Bildquelle: https://peraltacaballos.com/tag/noticiero-iii/)

PRE Herz & Verstand: Was macht den Cartujano aus, was der „schnöde“ PRE nicht hat?

Dorothee: Tjaaaaa, gute Frage. Vielleicht fragen wir andersum: Was haben Cartujanozüchter immer im Blick gehabt, was andere nicht haben mussten? Wer sich der Zucht absolut klassischer Linien verschrieben hat, der hat auf das große historische Erbe dieser Pferderasse geachtet und dafür gesorgt, dass in diesem Sinne weitergezüchtet wurde. Dabei ist mir weniger die „Reinheit des Blutes“ wichtig, als das klare Augenmerk auf die Exterieur- und Interieur-Eigenschaften, die man mit dem „Pferd der Könige“ verband.

Ich habe oben schon kurz umrissen, dass auch die Cartujanozucht nicht völlig homogen ist. Aber wichtig war immer ein tadelloses, menschbezogenes, sanftes Interieur, mit viel Intelligenz und Seele. Ja, vielleicht ist das die Beschreibung. Ein Cartujano sollte von innen leuchten, in einer edlen, sanften und doch temperamentvollen Präsenz. Ich nehme dafür in Kauf, dass ich für diese außerordentliche Sensibilität die Verantwortung übernehmen muss und dass solche Pferde recht schnell an falscher/grober Behandlung zerbrechen können und nicht für jeden als die einfachsten auf Gottes Erdboden gelten. Das Exterieur… ja Gott, da fehlt diesen Linien schlimmstenfalls das Korrektiv der Estepeno/Agente-Linien. Insofern müssen sie super sorgfältig gezogen werden, und ggf. mendelt manchmal „Althergebrachtes“ durchaus durch, das man heute nicht mehr in einem Pferd akzeptieren möchte, oder aber ganz bewusst schätzt (Versammlungsbetonung auch durchs Exterieur gefördert, Bewegungen nach oben und nicht in der modernen Definition des Schwunges). Diese Besonderheiten muss man haben wollen. Aber: Siehe Satz ganz oben. Das einzelne Pferd zählt, nicht die Linien!

Fabienne Millies mit ihrem Presumido Cas — hier stimmt alles: Pferd & Linien (Cartujano Blut) ♥

PRE Herz & Verstand: Unter den PRE’s gibt es Zuchtlinien, die entweder gute Voraussetzungen für die Dressur oder für die Arbeitsreitweise mitbringen. Welche Linien können welcher der beiden Kategorien zugeordnet werden?

Dorothee: Oha… das lass aber mal nicht den Züchter hören — Dressur vs. Leistung bzw. Arbeit? Huiuiui :-). Also, es gab immer schon hervorragende Züchter, deren Pferde auf dem großen (internationalen) Parkett abgeliefert haben. Für das Betonen und Filtern dieser Linien hat die ANCCE ihr Zertifizierungsprogramm (Doma Clasica) angelegt. Sieht man sich die dazugehörigen Kataloge an, findet man entsprechende Vererber bzw. Stutennamen und auch die Gestüte, die damit verbunden sind.
Im Online-Pedigree sind sie an den Schleifen neben dem Namen (grüne/blaue bzw. die fünf Hengste mit der orangenen der Elitezertifizierung) zu erkennen. Eigenleistung bzw. Nachkommenleistung sind die Kriterien. Das Programm ist sicherlich modern und gut — aber man muss sein Pferd dort auch drin haben wollen, insofern kommen durchaus Züchter nicht vor, die hervorragend züchten. Aber wenn man „Sankt Georgs“-Aspiranten sucht: Dort findet man Züchter, die in der Richtung arbeiten. Hier sind die Kataloge zu finden:
https://www.ancce.es/programa-de-mejora/catalogos-de-reproductores

PRE Herz & Verstand: Gibt es Kombinationen aus verschiedenen Linien, die nicht empfehlenswert wären, da z.B. nicht gut händelbar oder, oder…?

Dorothee: Ja, dazu gibt es viel Meinung und wenig Substanz… Immer wird ein Reiter, der mit seinem Pferd nicht zurechtkommt, versucht sein, das in einer besonders schwierigen Kombination zu suchen. So sagt man zum Beispiel unter den Dressurreitern, dass besonders Boloix oder Escalera oder grad die Kombi aus beiden im Dressurpedigree „immer Ärger macht“. Wer meine Pedigreebesprechungen kennt, weiß, dass ich beide Linien sehr mag, unter anderem wegen ihrer Eigenständigkeit, Präsenz, Intelligenz und Menschbezogenheit zu „ihrem einen eigenen Menschen“, den sie sich selber mit aussuchen. Passt das zu dem, wie in einem Dressurbetrieb gearbeitet wird? Beritt, Fremdreiter, Reitbeteiligungen, „Schema F“-Ausbildung (ich übertreibe), Unterordnung? Wie kommt ein solches Pferd damit klar? Nicht so, gelle? Ist das „Schuld“ einer falschen Kombination? Nein, das ist einfach Nichtkompatibilität von dem Anspruch der Reitweise mit dem Pferd.

Also: Es gibt generelle Passgenauigkeit von Linien zu bestimmten Jobs und dann auch noch einzelne Pferde, die da jeweils passen — das findet man idealerweise am einzelnen Pferd raus, bzw. fragt den Züchter, oder einen versierten serösen Vermittler.

PRE Herz & Verstand: Kann man selber Hinweise für den Schwerpunkt einer Linie erkennen? Dazu wären vermutlich die entsprechenden Stempelhengste entscheidend. Welche für was?

Dorothee: Die modernen Züchter haben tatsächlich einigermaßen gute Websites oder zumindest Facebook/Instagramauftritte. Man kann, selbst wenn man den Züchter nicht kennt, sehr gut das Exterieur sehen und daran die Eignung ablesen. Züchtet ein Züchter auf Größe und schwunghaftes Gangwerk, liegt der Verdacht nahe, dass er seine Pferde ins Viereck schicken will; finden wir quadratische, nicht sehr riesengroße Pferde mit abgedrehten, gut gewinkelten Formen, dann erwarte ich Eignung für Arbeitsreitweisen. Habe ich Ausstrahlung mit viel Schmelz und Seele, dann denke ich an den klassischen Reitkunsttyp. Alles schrecklich verallgemeinert, denn ihr kauft ja keinen Zuchtstamm, sondern ein einzelnes Pferd.

PRE Herz & Verstand: Welche Brandzeichen sind bedeutend und wie sehen sie aus?

Ein Ausschnitt einer bayofarbenden spanischen Stute mit einer daraufsitzenden Person, die spanische Reitstiefel von Equimonta trägt
Das Brandzeichen unseres Kooperationsgestüts Yeguada Cerro de los Castillejos — Reitstiefel von EQUIMONTA (Bildquelle: privat)

Dorothee: Die spanische Zucht hat hunderte von Bränden, da jeder Züchter einen Brand hat, selbst wenn er nur wenige Pferde im Jahr züchtet. Es gibt keine Zuchtgebiete wie bei uns. Entsprechend unübersichtlich ist das Ganze (bedeutende Brände sind z.B. nicht mehr existent, sie sind aber grundlegend in den Pedigrees) — es gibt in der ANCCE eine Auflistung ihrer Mitglieder mit Bränden (https://www.ancce.es/socios/de-pleno-derecho) und im Internet diverse Auflistungen bedeutender Brände; einen der vielen Links zu dieser oft kopierten Liste ist hier: https://www.andalusier.de/pre-brandzeichen/

PRE Herz & Verstand: Gibt es typische Charakterzüge bei unterschiedlichen Linien? Könntest du etwas über die charakterlichen Unterschiede zwischen Cartujano und YM erzählen?

Dorothee: Hmm… ja und nein. Zuallererst: Es gilt der Satz ganz oben: ein Pferd ist ein Pferd ist ein Pferd. Genetik ist unglaublich komplex, sodass jede Art von Individualität und Ausreißern möglich ist und das individuelle Pferd ist natürlich auch immer Produkt seines Aufwachsens.

AAAABER:
Natürlich sind Pferde verschieden, je nachdem, was der jeweilige Züchter haben wollte. Züchtet er sehr auf maximales Gangwerk, wird er ggf. Elterntiere akzeptieren, die ihm mit dem Gangwerk auch etwas Büffeligkeit mitbringen. Will er Sonderlack, dann muss er ggf. mit einer etwas geringer ausgeprägter Versammlungsbegabung leben (das sind nur Beispiele, es gibt supersensible Traumdressurer und hochbegabte Bayo/Buckskins :-)).
Ich freue mich immer sehr über Sensibilität, Menschbezogenheit und Intelligenz… das waren Eigenschaften, die grundlegend im Cartujano sein sollten. Aber auch in ganz vielen anderen Linien legt man Wert darauf. Manche Züchter möchten Eigenständigkeit (dafür liebe ich z.B. die charismatischen Boloix), manche möchten Umgänglichkeit und Easyness und „Bedienbarkeit“ — und da sind wir bei der Yeguada Militar. Da ist das Augenmerk auf Korrektheit innen und außen. Ein Charakter muss dafür ausgeglichen sein, fair, mit schönem Leistungswillen, der aber nicht in Arbeitswut mündet.

PRE Herz & Verstand: Mir sagte mal jemand, dass man bei den Spaniern auf die Linie achten müsse, wenn man ein Pferd haben will, das klar im Kopf ist. Stimmt das?

Für mich ist (außer wenigen Ausnahmen) jedes Pferd „klar im Kopf“. So sind Pferde nämlich.

Dorothee: Herzlichen Dank für diese Frage! Ich möchte sehr gerne dazu was sagen, weil mir dieser Begriff regelmäßig sich die Fingernägel aufrollen lässt.
Ich erklär mal: Möchte ich ein „leicht bedienbares“ Pferd haben, das robust gegenüber unsensibler oder „Schema F“-Behandlung ist, dann schiebe ich mit dem dafür oft verwendeten Begriff „klar im Kopf“ die Schuld meiner vielleicht mangelhaften Fähigkeit eines differenzierten Umgangs mit einem komplexen Wesen mit eigenem Seelenleben sehr schlicht (und ungerecht, wie ich finde) dem Pferd zu. Und das ist so richtig Mist. Für mich ist (außer wenigen Ausnahmen) jedes Pferd „klar im Kopf“. So sind Pferde nämlich. Sie sind mehr oder weniger sensibel und besonders die sehr sensiblen können für ihren Menschen eine absolute Erfüllung und der beste Partner ever sein. Wenn ich also ehrlich genug bin, zu sagen: „Ich brauche ein Pferd, das ein bisschen stoisch meinen Mangel an Kommunikationsfähigkeit oder -willen ausgleicht, weil ich echt anderes im Kopf hab beim Reiten, als auf das Seelenleben meines Sportpartners achtzugeben“ — dann ist das aller Ehren Wert und sehr fair. Dieses Pferd gibt’s natürlich (und hier wieder: am ehesten bei Züchtern, die fürs Viereck züchten, weil sie wissen: in Nordeuropa und Übersee legt man Wert auf seelische Robustheit). Und mit denen kann man viel Spaß haben. Aber: Auch die anderen sehr bis ganz doll sensiblen, feurigen, hyperintelligenten sind absolut klar im Kopf. Bis ein Tuppes sie falsch behandelt.

Eine Züchterin sitzt vertrauensvoll auf einem ihrer liegenden Fohlen und spielt mit einem anderen Fohlen
Unsere Züchterin Matilde León inmitten ihrer Jungpferde (Bildquelle: privat)

PRE Herz & Verstand: Wie viel macht in Bezug auf den Charakter eines PRE’s deiner Erfahrung/Expertise nach die Genetik und wie viel die gemachten Erfahrungen aus?

Dorothee: Noch eine super Frage. Beim Menschen ist man sich da nicht einmal einig über die Anteile, es gibt wahnsinnig viele Untersuchungen dazu. Und das bezieht sich auf Situationen, in denen eigentlich alles soweit gutgegangen ist. Beim Pferd kommen ja gern mal so richtig schlechte Erlebnisse dazu, oder — ganz schlimm — echte Traumata. Insofern muss man beides zu mindestens gleichen Teilen einrechnen und je stärker die gemachten Erfahrungen sind, desto mehr treten diese einem erstmal sehr präsent als charakterprägend entgegen. Aber, gute Nachricht: Pferde leben anders als wir — im Hier und Jetzt. Sie haben eine große Gabe, die Vergangenheit auszuschalten. Das bedeutet, wenn ich ein „belastetes“ Pferd habe, kann ich versuchen, es wieder dorthin zu bringen, wo es eigentlich hingehört. Dafür ist natürlich ein bisschen Kenntnis der Genetik ganz cool.
Und dann geht’s los: Macht das Pferd wieder zu dem, was es eigentlich ist und weswegen ihr einen PRE gekauft habt. Das erfordert Kreativität, Achtung und Respekt. Und idealerweise Rückhalt von außen, weil es nicht völlig trivial ist. Übrigens einer der Gründe, „meine“ Facebook-Gruppe zu gründen.

Echte Traumata… die sind leider extrem hartnäckig, gehören auch definitiv in die helfende Hand von Profis, die sich mit Traumabewältigung auskennen (und das ist nicht der Horsemanship-Trainer um die Ecke) und können einen ganz schön an den Rand der Verzweiflung bringen.

Ein Mädchen hält den Kopf eines braunen Pferdes im Arm, dessen Blick traurig und misstrauisch wirkt
Die Augen dieses Pferdes sprechen Bände. Dass es sich den Armen des Mädchens hingibt, zeigt: es möchte wieder Vertrauen lernen (Bildquelle: pixabay)

PRE Herz & Verstand: Wie würdest du ein rassetypisches Exterieur eines PRE beschreiben?

Dorothee: Juppheidi, diese Frage kann ich superschnell beantworten — glücklicherweise hat die ANCCE dazu etwas sehr Informatives rausgebracht: https://www.ancce.es/tutorial-de-la-raza/german

PRE Herz & Verstand: Wie stehst du der modernen Zuchtentwicklung „je größer desto besser“ gegenüber?

Dorothee: Hmm, Zucht ist immer eine Gratwanderung zwischen „altbackenem Vermeiden von Verbesserung“ versus „marktorientiertem Fortschritt bis zum das-ist-nicht-mehr-die-gleiche Rasse“.
Ich wäre sehr für die erkennbare Spezialisierung von Linien, damit das alte Pferd der Könige erhalten werden kann, Spanien aber in der Lage ist, im internationalen Pferdemarkt mitzuhalten. Wenn sich das allerdings so unkontrolliert durchmischt, wird eine Rasse sehr unübersichtlich verändert — leider nach einem Zuchtziel, das nicht zur Rasse gehört. Ein Pferd, das seine Höchstbegabung in der Versammlung hat, auf Größe und Schwung zu züchten (etwas, das in der Warmblutzucht ja nun auch nicht schadlos gewesen ist), halte ich für schwierig. Aber: ich hoffe da auf die eigensinnigen, klassischen Züchter und auf ein zunehmendes Klientel besonders in Nordeuropa, das begabte und körperlich geeignete Reitkunstpferde sucht und auch angemessen bezahlt. Kann ja nicht sein, dass nur der steppende Großdressurer richtig angemessene Preise bringt. Hier brauchen wir dringend ein Umdenken der Kunden!

PRE Herz & Verstand: Gibt es Informationen zu PSSM2 in der Erblinie in Bezug auf PREs?

Dorothee: Hui — spezielle Frage. PSSM Typ2 kommt auch im PRE oder Lusitano vor. Wenn man ganz sicher gehen will, und Angst davor hat, testet man (Center for Animal Genetics, befindet sich in Deutschland. Link: https://www.centerforanimalgenetics.com/), bevor man kauft. Ich bin kein Züchter; insofern nicht akut in der Testung bewandert — ich weiß, dass Zuchttiere auf PSSM-Freiheit getestet werden können, das bezieht sich aber wohl in der Regel auf PSSM1.

PRE Herz & Verstand: Woher hat das spanische Pferd seine Noblesse und woher den Mut und Charakter?

Seitenansicht des Kopf und Halses eines spanischen Hengstes, der dessen Nase an einen künstlichen Stierkopf hält und schnuppert
Dorothees 10-jähriger Cartujano-Hengst Nostalgico (Bildquelle: privat)

Dorothee: Danke für diese Frage — das ist etwas, bei dem ich gerne mal leidenschaftlich werde: Weil Menschen, die für dieses Pferd gebrannt haben, exakt diese Eigenschaften wichtig fanden und es daraufhin selektiert haben.
Größe, Mördergangwerk, Langmähnigkeit: alles das war egal. Wichtig war für das historische iberische Pferd z.B. im Barock, dass es mit genau diesen Eigenschaften für den jeweiligen Adligen im Nahkampf ein zuverlässiges, mutiges, edles Reittier war — und zwar als kostbarer Freund und nicht als beliebige Wegwerfware oder Sportgerät.
Diesen Anspruch haben sich die iberischen Züchter erhalten, und sie haben ihr geliebtes Pferd exakt mit diesen Eigenschaften versehen.
Wenn wir uns dieses Pferd holen, sollten wir es WEGEN dieser Eigenschaften tun, und nicht lieblos oder gleichgültig damit umgehen.

PRE Herz & Verstand: Einige Forscher stellen die Legende des Cartujanopferdes in Frage. Wie ist deine Meinung dazu? Was denkst du über Bizarro XIV? Einige Züchter halten ihn nicht für einen reinen Cartujano… (Diese Frage wurde von einem spanischen User gestellt).

Dorothee: Ähm… wie sage ich das höflich: die Cartujanolegende ist das, was sie ist: eine schöne Legende. Es würde mich sehr wundern, wenn es im Laufe der Geschichte (und vor den Zeiten von Gentests) nicht ein paar „Vertauschungen“ von besonders passenden Pferden in den Stuten/Hengststamm gegeben hätte. Aber: Ich finde das vollkommen egal. In einer Zeit, in der wir über Epigenetik und anschaltbare Gene etc. lernen, kann man definitiv eine klug geführte Zucht mit etwas „Fremdblutbeimischung“ als perfekt akzeptieren, wenn sie immer und ausschließlich im Sinne der alten Zuchtziele geführt wird. Ungeschickt geführte heutige Cartujano-Reinzucht kann deutlich schlechtere Exemplare hervorbringen als eine so geführte sorgsame Festigung alter kostbarer Eigenschaften.

Und Bizarro XIV: Aufgrund meiner entspannten Meinung zur historischen Cartujanozucht (s.o.), bin ich auch indifferent zum Fall Bizarro XIV. Ich habe selber einen Bizarro-Enkel und dieses Pferd ist im Interieur und Exterieur extrem fein und Cartujano im allerstrengsten Sinne. Aber: ich bin natürlich aus züchterischer Sicht nicht extrem begeistert über seine negativen Reitpferde-Points, die er sehr ersichtlich trug und die man sehr sorgfältig bearbeiten muss, um das Erbe im Griff zu behalten.
Ganz abgesehen von den ständigen Reibereien um seine Genetik (die man mit einem groß genug aufgelegten Genomprogramm/phylogenetischen Stammbaumerstellung sicherlich aufklären könnte… mit dem nötigen Kleingeld), fände ich es aus diesem Grund einfach wichtig, ihn in den Linien sorgfältig zu beobachten. Interessanterweise sieht man gute Pferde unter seinen Nachkommen — es kommt, wie immer, eben doch auf die Stutenlinien an.

PRE Herz & Verstand: Woher stammt die Farbenvielfalt des PRE‘s? Oder anders rum — ist es wahr, dass diese von eingekreuzten Lusitanos stammt? Gibt es deswegen unter den PRE‘s auch Ramsköpfe?

Ansicht von oben auf die Mähnenkämme von vielen verschiedenen spanischen Stuten in verschiedenen Farben
Voila — die Farbenvielfalt unserer PRE & Hispano-Araber Zuchtstuten (Bildquelle: privat)

Dorothee: Farben: Die waren immer in der Rasse enthalten. Es ist ein Irrglaube, dass die Ursprungscartujanos immer weiß (oder schwarz) waren und dass alle anderen im PRE enthaltenen „Spanischen Pferde“ zu Beginn der heutigen Zucht im frühen 20. Jhdt. nicht auch diverse Farben mitgebracht hätten. PRE und Lusitanozuchtbücher wurden erst spät getrennt und dann ergab sich zunächst mal der Unterschied, dass die PRE keine verdünnten Farben mehr erlaubten und nachher zwischenzeitlich nicht einmal mehr Füchse. Die Farben kamen aber immer vor (unterm Schimmel kann sich ja jede Farbe verstecken) und wurden entweder ausgesondert oder aber falsch eingetragen (den Bayo kann man z.B. auch erstmal als Braunen eintragen). Deshalb fanden sich nach Wiederanerkennung der Sonderfarben auch recht schnell die Gene der Sonderfarben wieder ein. Die waren nie weg, bloß nie öffentlich.

Ramsköpfe: der klassische ursprüngliche Lusitano ist eigentlich ein Pferd mit kurzem dreieckigem Kopf: die Veigas haben diesen ursprünglichen Typus (und bewahren ihn glücklicherweise). Ramsköpfigkeit war lange nicht als schön angesehen. Das änderte sich in Portugal früher als in Spanien. Die extremen Ramsköpfe sind allerdings — wie jedes Extrem — vermutlich keine Dauererscheinung und schwappen wohl nicht zum PRE rüber. Aber: Inzwischen ist der Kopf des PRE laut Zuchtziel vom zwischenzeitlich gerade bis andeutungsweise „orientalischen“ Kopf zum subkonvexen Kopf geworden. Im ANCCE Tutorial (siehe oben) sind zwei sehr schön beschriebene und kommentierte Pferde enthalten, die das ganz gut zeigen.

PRE Herz & Verstand: Woher stammt die konvexe Kopfform des PRE’s und weshalb kommt das nicht sehr häufig vor?

Profilansicht eines spanischen braunen Hengstes
“Unser” selbstgezogener, zukünftiger Gestütsdeckhengst Pintor Cas, mit konvexer Kopflinie (Bildquelle: privat)

Dorothee: Das ist ein Schönheitsideal, das aus sehr alten Zuchtzeiten stammt. Im Gegensatz zum orientalen Typus (Araber) mit seinen zur hohen Laufleistung sehr erweiterten Nasenflügeln und den großen Augen sowie einer breiten Stirn und der damit entstehenden geraden bis leicht konkaven Kopfform (nicht zu vergleichen mit den heutigen Araberköpfen), war der spanische Genete (wie auch andere Landrassen) im Barock eher leicht ramsköpfig bzw. subkonvex. Da wir hier über nach menschlichem Schönhetsideal gezüchteten Pferde reden, fällt es mir schwer, das auf Ur-Wildpferdeeinfluss (in Spanien/Portugal Sorraia) zu schieben, zumal das Sorraia auch eher gerade Köpfe hat. Die Rasse wird nach einem gemeinsamen Rassestandard gezogen, und der sagt heute „gerade bis subkonvex“ (siehe https://www.ancce.es/tutorial-dela-raza/german).

PRE Herz & Verstand: Was ist das besondere an Hispano-Arabern? Worauf sollte man in der Zucht achten? Was für mögliche Auswirkungen kann die Verpaarung bestimmter Linien bringen? Gibt es Linien, die man nicht verpaaren sollte und wenn ja, warum nicht?

Der bezaubernde Hispano-Araber Wallach Galiano Cas im Spiel (Bildquelle: privat)

Dorothee: Ja, absolut, finde ich auch. Spritzige Pferde, die das Beste oder das Mieseste beider Rassen kombinieren können. Deshalb: immer bei darin erfahrenen Züchtern holen! Ich komme ja eigentlich von den Arabern. Die spanischen Araberlinien sind schon sehr besonders, die das Typische dieses Landes illustrieren (sehr schöne, kompakte Pferde mit runden Linien und wunderschönem Charakter). Ich würde nicht versuchen, einen hochdrehenden russischen Leistungsaraber für einen Hispanoaraber herzunehmen, aber was ich sehe, bleibt man auch bei (sehr guten) Originalspaniern. Das ist aber wirklich ein Spezialgebiet, in das man sich sorgfältig einarbeiten muss, wenn es wirklich gut sein soll und mehr als bloß Gebrauchskreuzungen.

PRE Herz & Verstand: Woher hast Du dieses immense Fachwissen? Wer war dein Mentor? Wir haben das Glück dich fragen können, aber gibt es auch heute noch Dinge die Du selber nachfragen musst?

Dorothee: Hm, ich bin über die Araber (die ich mal viele Jahre lang wirklich gut konnte) in der Methodik des Einarbeitens in Zuchtlinien erfahren; auch die PRE sind ja eine ähnlich gelagerte relativ kleine Hochzucht mit geschlossenem Zuchtbuch. Und die wissenschaftliche Seite der Zucht und Genetik ist mir als Tierärztin recht naheliegend. Ich lese halt unentwegt und grabe mich mit Hilfe des Internets durch (Zeitungs-)Artikel und Statements und alles, was sich greifen lässt. Ich kratze immer nur an der Oberfläche rum — aber das reicht, um zumindest „das Tor zu öffnen“ für ein Reiter/Pferd-Paar. Durchgehen und dahinter leben müssen die beiden dann eh selber. Mehr zu wollen ist Kristallkugel.

Tatsache! Dorothee Stanneck 2013 nicht auf einem Cartujano, sondern auf einem Araber unterwegs! Wow!

PRE Herz & Verstand: Welche einschlägige Literatur ist zu empfehlen, um einen guten Überblick zu bekommen? So zum schmökern und für die Hausbibliothek?

Dorothee: In Deutsch ist das etwas begrenzt. Das „Spaniens Pferde der Könige“ ist sicherlich ein ganz guter Tipp. Aber: die Zucht ist stets im Wandel und so ist ein Buch natürlich nur eine Beschreibung der Vergangenheit.

PRE Herz & Verstand: Ein riesiges Dankeschön, liebe Dorothee, von uns (Agnes & Laura) und auch im Namen aller User! Eine allerletzte Frage von unserer Seite: Hast du einen Wunsch für die pferdige Zukunft?

Dorothee: Ich glaube an die holistische Sicht auf die Dinge — Genetik, Aufwachsen, Körperbau, Psyche, biomechanisch korrekte Ausbildung von Pferd und Reiter, Osteopathie, Tiermedizin, Hufe, Physiotherapie, TCM und nicht zuletzt die Seele — gerade bei sehr auf Emotionalität und Sensibilität selektierten Tieren. Alles greift ineinander. Wenn man nur einen Aspekt betrachtet, kommt man auf Dauer nicht voran. Auch nur ein paar Teilaspekte: das reicht nicht. Ich wünsche mir für die Zukunft offene Netzwerke an Spezialisten aus allen Disziplinen, die ohne Hahnenkämpfe wertschätzend zusammenarbeiten. Und deren Arbeit von den Pferdebesitzern und Kunden entsprechend wertgeschätzt wird. Mal sehen, was draus wird. Die neuen Möglichkeiten rücken das in greifbare Nähe.

PRE Herz & Verstand: Gemeinsam von- und miteinander lernen. Aus Liebe zu den Pferden. Das ist ein schönes Abschlussstatement. Herzlichen Dank! Auch an alle, die uns ihre Fragen haben zukommen lassen. Nun sind wir alle wieder ein Stück schlauer!

Adiós & bis bald!

Hat Dir das Interview gefallen? Sind weitere Fragen aufgekommen? Wir freuen uns sehr über deinen Kommentar!

Agnes & Laura von PRE Herz & Verstand

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