Wir lieben Zebras — aber die Lösungen unserer größten Herausforderungen erfordern die gesamte Kraft der Impact-Welt: Von Non-Profit-Organisationen bis hin zu Social Startups

Vanessa Gstettenbauer
ProjectTogether Magazine
7 min readApr 17, 2021

Willkommen in der Welt der Zebras 🦓 und Herden 🦓🦓🦓🦓, zu einem neuen Movement (im wahrsten Sinne des Wortes). Ist es nicht großartig zu sehen, dass so viele Menschen, die früher “Kapitalist” in ihrer Berufsbezeichnung hatten (mich eingeschlossen 😋), sich einig sind, dass Massenkonsum und das komplette Ausreizen von allem, was dieser Planet zu bieten hat, nicht der richtige Weg ist.

Mit diesem Artikel möchte ich gerne über Impact im ganzheitlichen Sinne sprechen und darüber, was für ganzheitlichen Impact notwendig ist, jenseits der Startup-Besessenheit mit Tiernamen. 😁 Dies ist auch eine (versteckte) Einladung zu unserem ersten Demo Day (Zoom Registrierung hier) für Agri Food Organisationen, Startups, Initiativen, Changemakers und Non-Profits am kommenden Dienstag.

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Lasst uns zuerst ein paar Definitionen aus dem Weg räumen: Zebra 🦓 Unternehmen sind beides, schwarz und weiß: Sie sind profitabel und sie verbessern die Gesellschaft. Sie werden das eine nicht für das andere opfern. Noch wichtiger ist, dass Zebras auch zusammenarbeiten: Indem sie sich in Gruppen zusammenschließen und sich gegenseitig unterstützen. Der individuelle Input führt zu einem stärkeren kollektiven Output.

Die Zebra-Definition steht natürlich in krassem Gegensatz zu dem allzu bekannten Einhorn-Fokus, den die Startup-Welt normalerweise hat, wo die Geschwindigkeit der Skalierung, Kampf gegen Wettbewerber und die Geschäftsmodell-Metriken alles sind, was zählt.

Die Zebra-Bewegung — Startups, die zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen, um gemeinsame Ziele zu erreichen — ist absolut essentiell für das, was wir bei ProjectTogether tun. Jede Initiative, Non-Profit-Organisation, jedes Startup, jeder Verein oder jede andere Organisation bestätigt in ihrer Bewerbung, dass sie durch und durch wirkungsgetrieben ist, offen für Zusammenarbeit und zumindest teilweise Open Source arbeitet.

Wir glauben, dass missionsgetriebene Startups allein nicht zu den notwendigen neuen Marktstrukturen führen werden

Aber — und das ist etwas, das aus unserer Sicht im Markt oft übersehen wird — wir glauben auch, dass uns mission-driven Startups oder Zebras allein nicht zu neuen Marktstrukturen, einem neuen sozialen Kapitalismus innerhalb der Grenzen unseres Planeten bringen werden. Zebras sind natürlich viel besser, vor allem wenn man bedenkt, dass sie kooperativ angelegt sind und nicht jenen laserscharfen Fokus auf das Gewinnen gegen die Konkurrenz haben, der für die Einhornwelt so charakteristisch ist. Aber dennoch sind beide Modelle von einem skalierbaren Geschäftsmodell abhängig, davon, dass Kunden dafür bezahlen, dass sie die Wirkung erzeugen, die in unserer Welt so notwendig ist. Und diese zahlenden Kunden zu haben, ist nicht immer eine Selbstverständlichkeit, nicht für alle Herausforderungen, die gelöst werden müssen.

Nicht falsch verstehen — in einigen Märkten und für einige Modelle funktioniert es unglaublich gut, Impact und Profit auf Augenhöhe zu sehen und der Markt geht zu 100% in diese Richtung mit einer Vielzahl neuer Fonds, die in diesen Bereich einsteigen (danke Planet A, Ananda Ventures, 4P Capital, Revent, BonVenture, Übermorgen.vc und viele mehr). Sie sind auch unglaublich wichtig für unsere gemeinsame Zukunft und unsere Vision wäre, dass alle VC-Fonds sich in die Richtung bewegen, dass Geschäftsmodelle, die die gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen ihres Handelns nicht berücksichtigen und nicht positiv beeinflussen, nicht mehr finanziert werden.

Viele der Initiativen, die wir im Rahmen der Farm-Food-Climate Challenge unterstützen, folgen ebenfalls diesem Modell und wir freuen uns, einige ihrer Geschichten nächste Woche bei unserem Demo Day zu präsentieren.

Aber nicht jede Impact-Innovation beinhaltet ein Geschäftsmodell oder hat Kunden, die dafür bezahlen werden

Wenn wir uns nur auf die Finanzierung hoch skalierbarer Geschäftsmodelle beschränken, bei denen die Wirkung im Geschäftsmodell verankert ist, vergessen wir die Maximierung des indirekten Impacts. Und wir wissen, dass der indirekte Impact immer größer sein wird als der direkte Impact, den ein Startup auf einen Markt haben kann.

Ein spannendes Beispiel hierfür ist Original Unverpackt: Gründerin Milena war überzeugt, dass Supermärkte in Deutschland ganz ohne Einwegverpackungen auskommen sollten. Sie sprach mit einer Vielzahl von Supermärkten, um sie bei der Umstellung in diese Richtung zu unterstützen, bekam aber immer die gleichen Antworten: Das geht logistisch nicht, es gibt kein Angebot, es gibt keine Infrastruktur dafür. Also machte sie sich daran, die Infrastruktur und einen Musterladen aufzubauen. Damit zeigte sie, dass Supermärkte auch anders gebaut werden können. Von Anfang an konzentrierte sie sich auf die Mission, die Wirkung zu skalieren, die Wirkung dieser Idee zu maximieren, damit so viele Supermärkte wie möglich ohne Einwegverpackungen auskommen können.

Anstatt also einen Supermarkt nach dem anderen zu eröffnen, bot sie das gesamte Wissen online und kostenlos an, damit jeder Interessierte einen Zero-Waste-Supermarkt gründen kann. Ein Geschäftsmodell hat sie nicht aufgebaut. Nur wenige Menschen kennen ihren Namen. Sie war weder investierbar, noch ein missionsgetriebenes Startup oder gar ein Zebra. Und die Wirkung durch den Open-Source-Ansatz war viel größer als jede Wirkung, die sie durch eine investierbare Skalierung hätte erzielen können.

Die wichtige Frage, die sich ein Zebra-Gründer also regelmäßig stellen muss, ist: “Maximiere ich noch die Wirkung? Könnte es Strukturen geben, die sich mehr in Richtung indirekte Wirkung öffnen?”

Wir glauben, dass wir beides brauchen: Skalierbare und wirkungsorientierte Geschäftsmodelle UND gemeinnützige / gemeinwohlorientierte, strukturelle und systemische Lösungen, die die Märkte schaffen, in denen wir dann Geschäftsmodelle aufbauen können.

Also was ist die notwendige Ergänzung zur Zebraherde im Startup Zoo?

Es ist komplex, es ist chaotisch und es gibt keine Einheitslösung für alle. Wir haben hybride Modelle, bei denen Gründer einen gemeinnützigen Arm zu ihrem Unternehmen aufbauen und daneben einen gewinnorientierten Betrieb führen. Damit kann eine indirekte Wirkung durch offene, transparente und gemeinwohlorientierte Praktiken (wie der Austausch von Best Practices oder Bildungsformate) innerhalb des gemeinnützigen Arms erzielt werden, während ein Produkt oder eine Dienstleistung mit einem Geschäftsmodell investierbar und skalierbar bleibt. Wir sehen, dass ziemlich viele unserer Initiativen dieses Modell übernehmen — obwohl es in Deutschland unglaublich komplex ist, die saubere Trennung der beiden Arme sicherzustellen. Statt komplexer Hybridmodelle hoffen wir also wirklich, dass wir eines Tages neue Arten von GmbHs in Deutschland haben werden: Ähnlich der Purpose-GmbH oder der von Verena Pausder vorgeschlagenen nGmbH-Idee.

Eine andere Alternative ist natürlich, direkt gemeinnützig zu werden. Und das auf eine skalierbare, wirtschaftlich nachhaltige Weise zu schaffen, ist unglaublich schwierig. Unser Stiftungsfinanzierungsmarkt ist nicht darauf ausgelegt, dass Change Maker ihre Wirkung maximieren können. Ich werde hier nicht in die Tiefe gehen, da es einen super Ashoka-Artikel zu genau diesem Thema gibt, wie man effektiv Systemveränderungen finanziert und warum die derzeitigen Strukturen nicht für den Erfolg ausgelegt sind. Eine weitere Empfehlung ist das Buch Lean Impact von Ann Mei Chang.

Non-Profits (wenn sie denn skalierbar gedacht sind) sind also diejenigen, die schwieriger zu finanzieren sind, aber eine enorme Wirkung haben, indem sie die Strukturen schaffen, die wir für neue Märkte brauchen, die nicht an die Regeln des Kapitalismus gebunden sind.

Kehren wir also zu unseren wunderbaren Definitionen von Einhörnern und Zebras zurück — wie wäre es mit neuen Namen für unsere Hybrid- und Non-Profit-Modelle?

Wie wäre es mit Ameisen? 🐜 Die gemeinsam und koordiniert unglaublich stark sind? Oder Bienen? 🐝 Die eine unglaublich positive (“bestäubende”) Wirkung auf die Umwelt um sie haben? Oder Delphine 🐬 für ihre altruistische Art? Oder für alle Star Trek Fans unter euch: Pilze im komplexen “Myzelium Netzwerk”? (Danke Alexander Berlin 🙏🏼) Schickt uns eure Vorschläge!!

Deshalb setzen wir auf Wirkung im ganzheitlichen Sinne

Deshalb konzentrieren wir uns in unserem Programm auf Wirkung im ganzheitlichen Sinne (dabei tun wir mal so, als ob es tatsächliche eine allgemein akzeptierte Definition von Impact gäbe 😁). Das bedeutet, dass wir skalierbare, wirkungsvolle, missionsgetriebene Geschäftsmodelle — die Zebras — in unserem Programm haben, aber wir unterstützen auch die Non-Profit-Organisationen, Vereine oder hybride Modelle, die sowohl ein Geschäftsmodell als auch einen “gemeinwohlorientierten”, systemischen Aspekt haben.

Nachdem wir neun Monate lang das Potenzial von über 100 Initiativen im Umsetzungsprogramm der Farm-Food-Climate Challenge entfaltet haben, laden wir Euch am 20. April von 18:30–20:00 Uhr zum Demo Day ein! Worauf dürft ihr Euch freuen? Auf Geschichten rund um unser Lebensmittelsystem, die Entscheidungen, die wir als Verbraucher treffen, und den Wandel zu einer regenerativen Landwirtschaft: Eine Vielzahl von missionsgetriebenen AgriTech Produkten, Dienstleistungen und Marken, aber auch gemeinnützige Organisationen, Bildungsprogramme und Arbeitsgruppen, die einen #Systemwandel anstreben.

Wir glauben, dass die Transformation zu einer klimapositiven Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft von morgen eine komplexe Aufgabe ist und Anpassungen in allen Bereichen erfordert. Dafür gibt es kein universelles Gesamtkonzept, sondern es bedarf des koordinierten Handelns vieler Initiativen.

Von Emissionsreduktion & Regeneration in der Landwirtschaft, urbane Lebensmittelproduktion, alternative & transparente Handelsformen, klimapositive Lebensmittel, Vermeidung von Lebensmittelabfällen bis hin zu mehr Bewusstsein & Wertschätzung — die Lösungen der Initiativen adressieren verschiedene Hebelpunkte entlang der Wertschöpfungskette.

Die vollständige Agenda, Speaker:innen und Registrierungslink findet sich hier.

Ein Vorgeschmack auf einige unserer Speaker:innen

Wir freuen uns auf euch!

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Vanessa Gstettenbauer
ProjectTogether Magazine

Co-Lead Farm-Food-Climate Challenge @ProjectTogether, previously Principal @btov Partners & Senior Investment Manager @FoundersFactory in London