Focus III : Deep Work — Effektiv Arbeiten und Lernen

Wie man wirklich wertvolle Arbeit verrichtet und beginnt, es zu genießen

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Will man bei seiner Arbeit oder im Studium erfolgreich sein, so muss man unweigerlich gewisse ‘schwere’ Aufgaben erfüllen. Jeder kennt diese Dinge, die fordernd und mental anstrengend scheinen, die wir nur im Zustand höchster Konzentration ausführen können und die unsere Aufmerksamkeit vollkommen einnehmen. Meistens ist es auch genau diese Arbeit die wir prokrastinieren, um uns lieber einfachen, schnellen Aufgaben zuzuwenden. Genau diese Art von Arbeit nennen wir im weiteren Deep Work, ein Begriff von Cal Newport aus seinem gleichnamigen Buch.

Als Student fällt darunter natürlich das Lernen im allgemeinen. Besonders aber das Verstehen und Anwenden von komplexen Methoden, die unsere ungeteilte Aufmerksamkeit benötigen. Eine Vorlesung zusammenzufassen ist das eine, aber sich den schweren Prüfungsaufgaben zu stellen ist anfangs unangenehm und erfordert Willensstärke. Gleichzeitig ist es aber genau diese Art von Arbeit, die wirklich wertvoll ist. Im Fall der Prüfungsaufgaben vllt. nicht im direkten Sinne. Im Job aber entsteht der tatsächliche Wert nicht durch das Abhalten von Meetings und das Schreiben von Emails, sondern durch Deep Work.

Und obwohl es so offensichtlich scheint, irren wir oft durch unseren Alltag, durchwachsen mit Meetings, WhatsApp Nachrichten und News-Tickern, während wir eigentlich versuchen unsere Arbeit zu erledigen. Unser Geist ist ständig und schnell abgelenkt, was nichts außergewöhnliches ist, sondern eher der Zustand, der sich als normal verkleidet.

Vielleicht hast du wie viele von uns durchaus schon Struktur in deinen Alltag gebracht. Du strukturierst Lernzeiten, dein Training und deine Einkäufe. So schaffst du es jede Menge Zeit für dein Studium zu investieren und verbringst lange Stunden in der Bibliothek. Und doch hast du das Gefühl, nichts geschafft zu bekommen? Du scheinst so viel Zeit zu investieren ohne mit Ergebnissen belohnt zu werden?

Der erste Schritt zur Besserung ist, sich der negativen Auswirkungen von ‘falscher’ Arbeit bewusst zu werden. An welchen Tagen, läuft es gut beim Lernen? Wann bekommst du scheinbar nichts geschafft? Was unterscheidet diese Tage?

Hast du diese Unterschiede erst einmal beleuchtet bleibt die Frage:
Wie machen wir die erfolgreichen Lern-Phasen zum Standard?

Mit Deep Work. Im Folgenden will ich versuchen, zu erklären, wie wir unsere Arbeit zu einer Art Ritual machen, sodass wir wertvollen Fokus kultivieren können.

Deep Work Blocks
Alles beginnt mit den sogenannten ‘Deep Work Blocks’, ausgedehnten Zeitabschnitten, die wir uns ausschließlich für unsere Deep Work Sessions frei halten. Idealerweise schafft man ein tägliches Zeitfenster, sodass sich der Körper an diesen Rhythmus gewöhnen kann. Beispielsweise hält man sich jeden morgen zwischen 9 und 11 Uhr frei von Meetings und anderen Verpflichtungen.

Nur Zwei Stunden? Ja, denn Studien haben gezeigt, dass man sich selbst nach ausführlichem Training maximal 4 Stunden am Tag auf Höchstleistung konzentrieren kann. Außerdem soll es ja unser Ziel sein, unseren Einsatz bei gleichem Output zu minimieren.

Deep Work, nicht ‘Peep’ work
Die Deep Work Phasen bedeuten auch absolute Funkstille. Kein Handy, keine Mails, kein Internet, außer wenn es unbedingt notwendig ist für die Arbeit an sich. (Es lohnt sich in jedem Fall, gewisse mentale Mülleimer zu blockieren. Dazu gehören: Facebook, Instagram, YouTube, … )

Es ist also zehn vor neun und du weißt genau, was zu tun ist in den nächsten zwei Stunden? Klare Aufgabenstellungen und klare Zielsetzungen sind wie in jedem Prozess unabdingbar, also nimm dir die Zeit, diese kurz zu formalisieren bzw. festzuhalten. Entscheidend ist es auch, sich auf eine sehr spezifische Aufgabe festzulegen. Multi-Tasking ist eine gefährliche Illusion, die wir an anderer Stelle nochmal aufgreifen wollen.

Begib dich dann an deinen dedizierten Arbeitsplatz, frei von Ablenkungen und so minimal wie möglich ausgestattet. Die Bibliothek eignet sich aufgrund ihrer Atmosphäre ideal hierfür. Dann beginnt der Fokus.

Ein großer Aspekt der Deep Work Sessions ist die mentale Konzentration. Diese zu trainieren ist ein langer, aber wichtiger Prozess, den wir in anderen Artikeln noch genauer beleuchten wollen.

Für’s erste: Setze dich an deinen Platz, atme einige male tief ein und aus und beobachte deine Gedanken. Was beschäftigt dich noch? Schreibe diese Dinge auf, sodass du später dort weiterdenken kannst oder schließe mit den Gedanken ab, bevor du dich an die Arbeit machst. In jedem Fall wird fürs Erste jetzt alles aus deinem Kopf gelöscht.

Ablenkung nach Plan
Wir sind alle keine Fokus-gurus, also brauchen wir Pausen, Ablenkung und geistigen Freilauf. Unser Geist ist dazu prädestiniert abzuschweifen, also sollten wir ihm ab und zu auch die Möglichkeit geben, dass zu tun.

Ein guter Grundsatz ist immer: weniger Ablenkungen in Form von Social Media, Mails und Handy generell, sind besser. Statt sich aber vorzunehmen, ‘weniger’ ans Handy zu gehen, planen wir ganz genaue Zeiten für unseren Medienkonsum und für geistigen Freilauf ein. Drei mal am Tag das E-Mail Postfach zu checken, ist für den Normalsterblichen mehr als genug. Selbiges gilt, trotz gesellschaftlichem Standard auch für WhatsApp und für Instagram, Snapchat, etc. ohnehin. Vielleicht sagst du deinen Freunden bescheid, bevor du diese neue Routine versuchst, so wundert sich niemand über längere Abwesenheit und du hast deine Freiheit zurück.

Ein neues Verständnis von Arbeit
Für viele hat ‘Arbeit’ einen negativen Beiklang. “Ich muss heute noch 2 Stunden lernen”, “Ich muss zur Arbeit”, Ich muss, ich muss, ich muss.
Es scheint wie Heuchlerei und Selbstverblendung, doch ein kleiner Wandel im Mindset, kann riesige Vorteile mit sich bringen. Deep Work hilft uns, Arbeit klar zu definieren und zu strukturieren. Eine äußerst positive Konsequenz davon ist, dass Arbeit und Freizeit ganz klar getrennt sind. Wenn wir es dann noch schaffen, den komprimierten Arbeits-Sessions mit Motivation und Überzeugung entgegenzutreten, steht dem Erfolg nichts mehr im Wege. Deep Work Sessions generieren durch den immensen Fokus oftmals ein Gefühl von Flow (dazu auch ein separater Artikel), wodurch jede Arbeit zum ‘Vergnügen’ wird.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Abschließend die Frage: Was bringt es, unsere Arbeit kompakter zu gestalten, wenn unsere Freizeit dadurch nicht an Qualität gewinnt?
Es ist zunächst unscheinbar, doch zu einer guten Arbeitsplanung gehört eine noch bessere Freizeitplanung. Unter Freizeit verstehen wir die Tätigkeiten, die wir rein Freiwillig tun wollen. Die Aktivitäten und Menschen, die wir lieben, ganz ohne Agenda und Zielsetzungen. Es sind die die Dinge die wir ihrer selbst wegen lieben und tun.

Auch in diesem Aspekten, kann eine gewisse ‘tiefe’ nicht schaden. Keineswegs wollen wir die rigide Struktur von Deep Work in unsere Freizeit und sozialen Beziehungen eindringen lassen. Jedoch wird Joshua in einem weiteren Artikel darauf eingehen, dass auch unsere sozialen Beziehungen durch mehr Präsenz und Fokus immens verbessert werden können.

Durch Fokus gewinnen wir wortwörtlich unseren Blick für die Schärfe der Realität wieder. Statt durch eine verschwommene, eintönige und distanzierte Welt zu wandeln, erleben wir jedes Detail aus nächster Nähe und in ungekannter Potenz. Das ist Fokus.

Deep Work und der Rest des Tages
Wie wir Deep Work Session unterbringen ist jedem selbst überlassen. Zum Thema Tagesablauf und idealer Verteilung von verschieden Aufgabentypen und der Organisation von Todo-Listen generell, gibt es nochmal viel zu sagen, was aber der Kürze halber in einem anderen Artikel passieren soll.

Take-Away — In aller Kürze

Deep Work ist die Arbeit, die wir nur mit höchster Konzentration und langer Übung ausführen können. Sie ist schwer zu kopieren und intrinsisch wertvoll.

Wie geht es richtig?

  1. Deep Work Blocks festlegen und im Kalender reservieren. Keine Meetings, keine Mails, keine Telefonate.
  • Zeitblöcke timen und auch rechtzeitig Pausen einlegen.

2. Absoluter Disconnect

  • Handy ausschalten, Facebook etc. blockieren.

3. Ablenkung einplanen

  • Handy-Zeiten einplanen und auch ausschließlich dann nutzen.

4. Mindset wechseln

  • “Arbeit” ist nur, was wir zur “Arbeit” machen. Fokus erzeugt Flow und kann intrinsische Zufriedenheit mit sich bringen.

Bücher zum Thema

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Maximilian Franz
ProzessBasis

Enabling a rapid planning process for modern timber buildings with @ModuGen.