Wie wir Design Thinking als Leitprinzip nutzen | Teil III: Sichtweise definieren
Die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer:innen unserer Produkte oder Dienstleistungen lassen sich besser verstehen, wenn wir den Menschen mit Empathie begegnen. Wenn es uns gelingt, uns in deren Lage zu versetzen, können wir ihre Bedürfnisse hinter den Bedürfnissen, d. h. die Werte des Nutzenden, besser verstehen. Das hilft uns dabei, Annahmen über die Denkweise und die Prioritäten eines idealtypischen Nutzenden abzuleiten, konstant zu überprüfen und Lösungen für dessen Probleme zu entwickeln.
In den letzten Wochen habe ich Ihnen die ersten beiden Phasen des Design Thinking-Prozesses vorgestellt, der in sechs Phasen unterteilt ist:
1. Verstehen
2. Beobachten
3. Sichtweise definieren
4. Ideen finden
5. Prototypen bauen
6. Testen.
Während es in den Phasen Verstehen und Beobachten darum geht, so viele Informationen wie möglich zu sammeln, ist das Ziel der Phase 3 — Sichtweise definieren
- die Daten aus den Phasen 1 und 2 zu analysieren und unsere Annahmen zu überprüfen;
- Muster in den Bedürfnissen unserer Nutzer:innen zu erkennen;
- tief in Systeme einzutauchen und sie erlebbar zu machen;
- die Bedürfnisse unserer Nutzer:innen auf allen Ebenen zu verstehen;
- eine Persona zu entwickeln- eine/n idealtypischen Nutzenden unserer Produkte oder Dienstleistungen.
Warum entwickeln wir eine ‘Persona’?
Die Entwicklung einer Persona hilft uns, den Hintergrund, die Erfahrungen, das Verhalten und die Denkweise unserer Nutzer:innen zu verstehen, ihre Ziele und Bedürfnisse, Probleme und Herausforderungen sowie Optionen und Alternativen.
Auf dieser Grundlage können wir Lösungen entwickeln, um die Probleme des Nutzenden zu lösen.
Achtung! Behalten Sie die Wertschöpfungskette im Auge!
In wenigen Sekunden lernen Sie Paula Giegler kennen, eine Persona, die auf Erkenntnissen basiert, die wir durch Forschung und Interviews mit verschiedenen Expert:innen gewonnen haben. Außerdem half uns eine nicht representative Umfrage, die wir anonym und online mit dem Tool SurveyMonkey durchgeführt haben.
Unsere Fragestellung — die Design Challenge — lautete: Wie könnte der Energieversorger der Stadt Verden in Zukunft aufgestellt sein, um die Klimaziele zu erreichen und eine klimaneutrale Energieversorgung sicherzustellen? (Unter diesem Link kommen Sie zur kompletten Grundlagenermittlung.)
Sie fragen sich jetzt wahrscheinlich, was unsere Persona Paula Giegler mit dieser Frage zu tun haben könnte.
Paula ist nur einer der zahlreichen Akteur:innen im Ökosystem eines Energieversorgers. Neben der Stadtverwaltung, Wirtschaftsunternehmen und anderen Organisationen spielen die Bürger:innen eine wichtige Rolle, da sie die Nutzenden der angebotenen Dienstleistungen sind und dafür bezahlen.
Der Energieversorger muss also für seine Kund:innen (die Paula Gieglers) einen Mehrwert schaffen, um in Zukunft erfolgreich zu sein — basierend auf Paulas Zielen und Bedürfnissen sowie Problemen und Herausforderungen.
Andernfalls würde Paula Alternativen und Optionen wählen — die Erzeugung von Strom oder Wärme über eine Photovoltaikanlage oder eine Wärmepumpe oder sogar den Wechsel zu einem anderen Anbieter.
Von der Divergenz zur Konvergenz: Oder wie man Qualität aus Quantität gewinnt.
Die ‘Sichtweise zu definieren’, also, zu analysieren, führt uns von einer umfassenden Frage — die nach wie vor unser Leitstern im Design Thinking-Prozess ist — zu Fragen, die sich auf einen typischen Nutzenden — eine Persona — konzentrieren.
Dieser Ansatz hilft uns, die Erkenntnisse aus den Phasen 1 (Verstehen) und 2 (Beobachten) zu synthetisieren.
Und vor allem hilft es uns, uns in eine vermeintlich reale Person hineinzuversetzen; es ermöglicht uns, eine emotionale Verbindung herzustellen, und das wiederum erleichtert es uns, Lösungen für die Probleme unserer Persona zu finden.
Jede Frage öffnet die Tür zu neuen Welten.
Die Suche nach Lösungen für eine Persona wie Paula Giegler führt zu einer Vielzahl von neuen, aber sehr gezielten Fragestellungen, die sich Versorgungsunternehmen stellen könnten:
- Wie können wir Bürgerinitiativen fördern und anregen?
- Wie können wir die Bürger:innen schnell und umfassend beraten?
- Wie können wir unsere Kundenbetreuung verbessern, wenn Bürger:innen Anfragen haben?
- Wie können wir Dienstleistungen und Produkte effizient an die Bürger:innen liefern?
- Wie können wir die Zusammenarbeit zwischen den Bürger:innen fördern, um gemeinsame grüne Lösungen zu nutzen?
- Wie können wir die erste Anlaufstelle für Energiethemen werden?
…
Vom Konvergieren zum Divergieren: Oder wie man Ideen entwickelt, um nutzer:innenorientiert Probleme zu lösen
Phase 4 des Design Thinking-Prozesses — Ideen finden — widmet sich der Suche nach Lösungen für das Problem unserer Persona. In meinem nächsten Artikel werde ich darüber berichten, wie die Fragen von soeben uns bei diesem Prozess helfen.
Bleiben Sie neugierig!
Andrea Kuhfuss, Mitbegründerin und CEO der QLab Think Tank GmbH