Schluss mit 9 to 5 — Erkenntnisse der Woche 1

Die erste Woche unseres New Work Experiments, in der wir den traditionellen 8-Stunden-Tag einmal komplett verbannt haben, ist vorbei. Gab’s in der kurzen Zeit schon Erkenntnisse? Wer hat was gelernt, welche Probleme gehabt? Hier lest ihr’s.

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5 min readJun 11, 2018

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In der ersten Woche haben wir versucht ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie und wann wir unsere Aufgaben am besten erledigen. Jeder von uns hat aktiv etwas verändert. Aller Anfang ist schwer und wir haben das Rad auch nicht neu erfunden. Im Office ist das Experiment aber trotzdem schon spürbar. Zwar nicht immer nur positiv — aber überwiegend schon.

TL;DR

  • Veränderungen in unseren Abläufen haben wir überwiegend aktiv und bewusst herbeigeführt. Noch fühlt es sich unnatürlich an, den eigenen Rhythmus zu verändern, dennoch haben die meisten von uns schon Leerlauf eliminieren können.
  • Die Zeiten, zu denen mal anfangen will, zu verwerfen, kann für viele Stress mindern; anderen hilft es aber, sich zu zwingen, zu einer Zeit X zu starten. Also bitte nicht versuchen wild und frei zu sein, obwohl man am meisten schafft, wenn der Hahn morgens früh kräht.
  • Das Mittagstief ist der Feind Nr. 1. Ob durch Wechsel ins Home Office, Arbeit an privaten Projekten oder ausgedehnte Pausen — jeder bekämpft es auf seine Art. Manchmal hilft aber schon eine leichtere Mahlzeit dabei, den toten Punkt zu verkürzen.
  • Produktivitätstechniken wie Pomodoro, aber auch eine generell aktivere Reflexion des eigenen Tuns tauchen auf und lassen uns mehr in weniger Zeit schaffen.
  • Das Experiment provoziert, dass wir wirklich konsequent vorgehen, wo wir sonst zögerlich wären. Daraus lassen sich die besten Erkenntnisse ableiten, positiv wie negativ.
  • Schon jetzt zeigen sich erste subjektive (!) Zugewinne an Produktivität, aber vor allem persönliche Ausgeglichenheit. Auch Motivation für Sideprojects und Weiterbildung scheint das Experiment bisher zu begünstigen.
  • Nikotin aufzugeben ist eine üble Sache. Wir sind stolz auf dich, Iza!

“We need to redefine hard work from how many hours we work in a week […] to how how consistently hard we work over a long period of time.” — Michael Simmons

Für die fleißigeren Leser kommen hier die einzelnen Stimmen:

Chris

Generell habe ich die Tage diese Woche gestartet wie immer, nur ohne den Stress, zu meiner eigenen “Deadline” im Office zu sein. Ich habe morgens alles so durchgezogen, wie ich es geplant hatte, ohne auf die Zeit zu achten und bin dadurch mit mehr bereits erledigten Dingen und weniger gestresst ins Büro gekommen.

Die Zeit nach dem Essen habe ich teils genutzt, um meinen privaten Blog zu schreiben, da ich dann nicht sonderlich produktiv bin. Das mache ich für mich persönlich aber es hat einen starken Arbeitsbezug, so finde ich die Zeit dafür super genutzt. Für meine Arbeitstasks habe ich wieder angefangen die Pomodoro Technik anzuwenden.

Ich habe außerdem einige Tage aus dem Home Office gestartet, da mir eigentlich bewusst ist, dass ich produktiver bin, wenn niemand um mich herum ist. Vor dem Mittag habe ich so ca. vier Stunden aktiv gearbeitet statt üblicherweise drei im Office. Einmal aber bin ich so lange im Tunnel verschwunden, dass ich 20 Minuten lang nicht bemerkt habe, dass ein Kunde später mit mir telefonieren wollte und auch keiner wusste, wann ich wieder erreichbar bin. Darauf muss ich zukünftig achten.

Fazit: Ich habe aktiv eine Veränderung provoziert und bin die erste Woche sehr gut damit gefahren. Die reine Zeit außer acht zu lassen, spielt mir in Sachen Produktivität in die Karten. Erreichbar sein und trotzdem so wenig wie möglich gestört zu werden bleibt aber eine Herausforderung.

Micha

Bei mir war es bisher recht durcheinander. Den Dienstag und Mittwoch der ersten Woche habe ich auf der Money20/20 Konferenz in Amsterdam verbracht, wo ich aber neben der Arbeit im Zug auch die Leerlaufphasen auf der Konferenz für zwei einstündige Email-Sessions genutzt habe, was mir später wichtige Zeit zum Schlaf nachholen einbrachte. Meinen Urlaub die Woche zuvor hatte ich nämlich im Rennrad-Trainingslager in Italien verbracht und war körperlich noch ziemlich k.o.

Die restlichen Tage bin ich nach Lust und Laune ins Büro gekommen und habe wieder gemerkt, dass früher besser funktioniert. Kommende Woche probiere ich, noch früher hier zu sein, vielleicht sogar mal um 7. Zwar muss ich mich dann zusammenreißen, aber obwohl ich nicht gern um 6 aufstehe, merke ich, dass ich dann am besten “funktioniere”.

Bisher spüre ich, dass das Experiment mir vor allem hilft, konsequent zu sein. Auf der Konferenz hatte ich Mittwoch früh das Gefühl, alles abgegrast zu haben. Normalerweile hätte ich mit schlechtem Gewissen noch ein paar Stunden Gesprächspartner gesucht, stattdessen habe ich meine Emails abgearbeitet und eine Landing Page gebaut, sodass ich im Zug dann Zeit zum Schlafen hatte. Fühlte sich für mich drastisch an, war aber rückblickend super für Arbeit und Erholung.

Inspiration / Input

Blog: An Ambitious Person’s Brutally Honest Take On Work-Life Balance
Book: The five hour workday – by Stephan Aarstol

Sowohl in dem Buch als auch im Blogpost geht es (nur am Rande) darum, wie Gewohnheiten, die täglich oder wöchentlich wenig Zeit in Anspruch nehmen und kurzfristig kaum Erfolg versprechen, mit der Zeit einen exponentiellen Effekt bekommen (Compounding). Das ist eines meiner langfristigen Ziele geworden: Mich jede Woche für eine gewisse Zeit, aber mindestens 3 Stunden mit diesen Themen (Arbeitskultur, Work-Life-Balance, Self-Improvement, …) aktiv zu beschäftigen. Idealerweise in der Zeit, die ich durch konsequente Arbeitsmethoden dazu gewinne. Bereits nach drei Wochen Beschäftigung mit dem Themenbereich habe ich bereits eine Menge gelernt.

Iza

War an dem Morgen spät dran und wollte direkt durchstarten. Habe mich also entschieden Home office zu machen. Nach dem Mittagessen habe ich Sport gemacht und konnte ich mich dann wieder fit an meine Aufgaben setzen. Dabei habe ich aber noch versucht die 8 Stunden auf den Tag zu verteilen, statt Aufgaben zu strukturieren. Auch Mittwoch war ich morgens im Büro, habe nach dem Essen eine Radtour gemacht und war Abends im Home Office.

Das Interessante: Da ich mich diese Woche entschieden habe kein Niktoin mehr zu konsumieren, waren diese Freiheiten für mich wichtig, da ich sonst wegen des Entzugs wohl ständig unkonzentriert gewesen wäre, wie am Dienstag, als ich nach einem Termin direkt im Büro war — für einen furchtbar unproduktiven Nachmittag. Wer schon einmal das Rauchen aufgegeben hat, kann nachvollziehen, wie schwer die ersten Tage auch auf der Arbeit sind.

Timo

Ich musste erstmal versuchen aus meinen Mustern auszubrechen. Dazu nahm ich mir vor, wie üblich ins Büro zu gehen, aber Mittags längere Pausen einzustreuen.

Am Montag war ich gegen 16 Uhr mit einem Feature fertig und habe dann auch Feierabend gemacht, da ich einer weiteren Stunde ohnehin kein neues Feature anpacken konnte. Dienstag bin ich in der Mittagspause heim, habe den Haushalt erledigt und mich ausgeruht. Danach bin ich wieder ins Büro (5 Min. Fußweg) und konnte dann problemlos dreieinhalb Stunden am Stück produktiv arbeiten. Zum Feierabend fühlte ich mich entspannt, denn ich musste keinen Haushalt mehr machen und hatte großartige Laune. Auch Donnerstag habe ich einen Durchhänger am Mittag genauso überbrückt und war am Nachmittag wieder motiviert.

Nichts davon war im Voraus geplant, sondern spontan. Kommende Woche würde ich das gerne planen, um es dem Team kommunizieren zu können.

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