“Wenn Frauen gemeinsam lernen, entsteht eine besondere Energie”

Zoë Harman Conlon
ReDI School of Digital Integration
4 min readMar 14, 2020

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Klaus Rathje

Im März ist das neue Semester vom Digital Women Program der ReDI School of Digital Integration mit 115 Studentinnen gestartet. Das Angebot richtet sich vornehmlich an Frauen, die ihre Heimat als Flüchtende verlassen mussten und nun ihre Computerkenntnisse auffrischen wollen.

Alina Floroiu blickt in eine Runde erwartungsvoller Gesichter. In einem Raum der ReDI School Berlin sitzen gut 30 Frauen an Tischen mit Laptops und hören gespannt zu, wenn Alina ihnen erklärt, was sie in den kommenden Wochen erwartet. Die Frauen, von denen viele aus Somalia, Iran oder Syrien stammen, haben sich alle für das Digital Women Program angemeldet, um entweder UX-Design zu lernen oder sich mit den wichtigsten Funktionen eines Computers vertraut zu machen. Dieses Kursprogramm geht schon ins dritte Jahr und stellt mit 115 Studentinnen im aktuellen Semester einen neuen Rekord auf. “Wir freuen uns, dass ihr Teil der ReDI-Familie seid!” sagt Alina zu den Frauen auf der Einführungsveranstaltung. “Denkt immer daran, eure Hausaufgaben zu machen!”

Mit diesen beiden Sätzen hat die Programm-Managerin der ReDI School schon den besonderen Anspruch dieser Kursreihe aufgezeigt, denn “es sind beide Ebenen, die von uns gefördert werden: Die persönliche Entwicklung in einer familiären Atmosphäre, um die eigene Stimme zu finden, und das fachliche Computerwissen, das die Frauen dazu befähigt, einen Job zu bekommen.”

Dabei holt das Digital Women Program Frauen auf allen Erfahrungsstufen ab. Der Einsteigerkurs zeigt, wie ein Computer funktioniert, wie man in Word Texte schreibt und E-Mails verschickt. Wer schon Basis-Kenntnisse hat, kann auch gleich in einen Programmierkurs oder einsteigen oder sich an Web-Design versuchen. Die Königsdisziplin (oder Königinnendisziplin …) ist der Fortgeschrittenenkurs zu „UX/UI Design“. Hier geht es darum, User Interfaces, also Benutzeroberflächen zu kreieren und die User Experience (UX) von digitalen Anwendungen zu optimieren.

Kurse mit Kinderbetreuung

Dass es Kurse nur für Frauen gibt, hat seinen Sinn. “Wenn Frauen gemeinsam lernen, entsteht eine besondere Energie”, erklärt Alina. “Viele unserer Kurse, gerade die Einsteigerkurse, werden auch von Frauen gegeben. Das führt dazu, dass sich die Studentinnen mehr trauen, mehr zeigen, wer sie sind. Sie fühlen sich wohler und finden schnell zueinander und es entstehen Freundschaften. Es macht ihnen Spaß, gemeinsam zu lernen.”

Der Ursprung des Frauenprogramms von ReDI lag ganz simpel in der Statistik, wie sich ReDI-Gründerin Anne Bathel erinnert: “Uns fiel auf, dass wir bei unseren IT-Kursen nur zehn Prozent weibliche Teilnehmer hatten, also mussten wir etwas tun. Wir haben dann überlegt, wie wir den Anteil erhöhen könnten, welche zusätzlichen Kurse nötig wären. Dabei fanden wir heraus, dass wir Kurse mit Kinderbetreuung anbieten müssen, denn viele der Frauen, die sich für unsere Kurse interessieren, haben Kinder. Das führte auch zu der Idee, Kurse am Wochenende anzubieten, da viele Frauen nur dann wirklich Zeit dafür haben.”

Anne wollte auch wissen, was Frauen am meisten interessiert, wo also der größte Bildungsbedarf liegt und fand heraus, dass es “vielen erstmal gar nicht darum ging, Programmieren zu lernen, sondern wie man überhaupt einen Laptop benutzt”. Das Digital Woman Program ist also auch gestartet worden, um „Frauen auf einen Job vorzubereiten, der nicht unbedingt ein reiner IT-Job sein muss, aber einer, wo grundlegende Computerkenntnisse nötig sind, was heutzutage auf fast alle Jobs zutrifft“, wie Anne verdeutlicht.

“Ich konnte nur die Grundschule besuchen”

Auch Somayeh hat sich für das Frauen-Programm, das für alle Studentinnen kostenlos ist, beworben und verfolgt das „Onboarding“ am ersten Wochenende. Die Mutter von drei Kindern kommt aus Afghanistan und lebt seit fünf Jahren in Deutschland. “Ich bin hier, weil ich demnächst eine Ausbildung in einer Bäckerei machen möchte”, sagt sie und strahlt dabei. “Die Menschen hier bei ReDI sind alle sehr nett und dieses Programm ist eine große Hilfe für Frauen wir mich. In Afghanistan hatte ich keinen Computer. Ich habe da auch nur die Grundschule besuchen können wegen des Krieges — und weil es für Mädchen in Afghanistan nicht so leicht ist, weiter zur Schule zu gehen.”

Hier könne sie nun lernen, wie man einen Computer bedient. “Das muss ich für meine Ausbildung wissen, aber auch für meine Familie, wenn ich zum Beispiel den Lehrern meiner Kinder eine E-Mail schreiben muss.” Somayeh betont auch, wie angenehm es ist, dass bei Bedarf die Kinder betreut werden während des Kurses und dass es Dolmetscher gibt: “Gerade für Flüchtlinge ist ReDI eine super Chance! Das finde ich toll.”

Ein Nebenjob mit Sinn

Neben den Mitarbeiterinnen der ReDI School gibt es ein großes Netzwerk an Freiwilligen, die den Unterricht im Frauenprogramm bestreiten und sich in ihrer Freizeit bei ReDI engagieren. “Die freiwilligen Lehrkräfte sind sehr wichtig für uns”, betont Zoë Harman Conlon, die neben Alina für das Digital Woman Program in Berlin verantwortlich ist. “Schließlich sind sie wichtige Vertrauenspersonen für unsere Studentinnen und nicht nur Wissensvermittler.”

Wer Designer oder IT-Experte ist und bei ReDI unterrichten möchte, wird damit nicht alleine gelassen” versichert Zoë. “Wir organisieren Trainings für unsere freiwilligen Lehrer, damit sie besser vorbereitet sind und lernen, wie sie die Studenten besser zum Mitmachen animieren. Im Einsteiger-Kurs präferieren wir allerdings Frauen als Lehrkräfte, denn da sind die Studentinnen oft noch etwas schüchtern und haben nicht so viel Selbstvertrauen. Bei den Fortgeschrittenenkursen haben wir einen Mix aus Männern und Frauen unter den Dozenten.Viele der freiwilligen Lehrer wollen „etwas zurückgeben“, sagt Zoë. “Viele wollen einfach ihr Wissen teilen und manche suchen nach einer sinnvollen Tätigkeit neben ihrem eigentlichen Job.”

Somit zahlt sich das Digital Woman Program letztlich für alle Beteiligten aus. Auch die anderen Kursprogramme der ReDI School, die eher auf IT-Berufe abzielen, profitieren davon. Denn inzwischen ist der Frauenanteil bei den ReDI-Programmierkursen von zehn auf 37 Prozent gestiegen.

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Text by: Klaus Rathje

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