Zeiterfassung im Homeoffice

Natalie Pawlik
Reflektor Blog
Published in
4 min readJul 2, 2021

Wie die Pandemie einer zeitgemäßen Arbeitskultur den Weg ebnet

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Montagmorgen an einem Berliner U-Bahnhof: Schlaftrunkene Zombies drängen sich in einen überfüllten Wagen der BVG. Während auf dem Weg zur Haltestelle die morgendliche Winterluft durch Mark und Bein gegangen ist, ist es in der U Bahn heiß und stickig. Der Geruch einer Menschenmasse, die auf engstem Raum eingepfercht ist, lässt sich nicht ignorieren. Wie Ameisen laufen sie eilig durch die Gänge am Bahnhof Alexanderplatz. Trepp auf, trepp ab, man will ja nicht zu spät im Büro sein. Auch wenn sich bei der Erinnerung an solche Szenen jenseits der Pandemie ein Fünkchen Nostalgie nicht leugnen lässt, bedeutet der tägliche Arbeitsweg für viele Berufspendler und -pendlerinnen vor allem eines: Stress.

Hohe Zufriedenheit im Home Office

Vor Corona arbeiteten in Deutschland drei Prozent der Berufstätigen ausschließlich im Homeoffice. Diese Zahl hat sich, einer Befragung des Digitalverbands Bitkom zufolge, während der Pandemie mehr als verachtfacht. Der Arbeitsalltag hat sich für viele Menschen aufgrund von coronabedingten Regelungen stark verändert. Das Arbeiten von zu Hause wird größtenteils positiv bewertet zeigt eine Umfrage des Fraunhofer Instituts. 90 Prozent der befragten Personen sind mit der Arbeit im Homeoffice zufrieden. Der gesparte Arbeitsweg ist nur einer der vielen positiven Aspekte, die das Homeoffice zu bieten hat.

Der erhöhte Geräuschpegel in Großraumbüros führt häufig zu Konzentrationsschwierigkeiten. Im Homeoffice ist ungestörtes konzentriertes Arbeiten oft einfacher zu realisieren. Des Weiteren geht die Arbeit von zu Hause in vielen Fällen mit flexibleren Arbeitszeiten einher. Dadurch lassen sich Familie und Beruf leichter miteinander vereinbaren. Die höhere Flexibilität trägt zudem dazu bei, dass nach dem eigenen Rhythmus gearbeitet werden kann, Powernap inklusive. Diese Aspekte führen zu einer Steigerung der Produktivität. Eine Studie der Forschungsinstitute IGES und Forsa hat ergeben, dass 56 Prozent, derjenigen, die regelmäßig in den eigenen vier Wänden arbeiten, ihre Produktivität zu Hause höher bewerten als im Büro.

Herausforderungen am heimischen Schreibtisch

Nichtsdestotrotz stellt das Arbeiten von Zuhause insbesondere Homeoffice-Neulinge vor Herausforderungen. Die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verschwimmen am heimischen Schreibtisch und es fällt oft schwer eine klare Linie zwischen Arbeit und Freizeit zu ziehen. Vielen fehlt außerdem der direkte Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen, sei es das gemeinsame Mittagessen oder der kurze Plausch an der Kaffeemaschine. Aber auch fachlicher Austausch kommt häufig zu kurz. Zudem muss das Homeoffice erstmal eingerichtet werden.

Wer kein dezidiertes Arbeitszimmer hat, muss auf den Küchentisch ausweichen. Hinzu kommen technische Hürden wie eine instabile Internetverbindung oder Probleme mit der provisorischen Hardware, die verzweifelt aus der hintersten Ecke eines Lagerraums gekramt wurde. Nicht nur die Ausstattung des heimischen Büros auch die Strukturierung des Arbeitstages muss in Eigenregie erfolgen. Dies kann vor allem bei den Ablenkungen, von denen es zu Hause sicher mehr gibt als im Büro, zu einer echten Herausforderung werden.

Eine neue Arbeitskultur

Der pandemiebedingte Umstieg auf das Homeoffice hat einer neuen Arbeitskultur den Weg geebnet. Die Unternehmen stehen unter Druck, digitale Infrastrukturen zu schaffen, die das Arbeiten von zu Hause ermöglichen. Neben der nötigen Hardware müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tools ausgestattet werden, die eine Kommunikation von Zuhause möglich machen. Sind diese Maßnahmen umgesetzt, eröffnet das dezentrale Arbeiten zahlreiche Chancen für eine zeitgemäße Arbeitswelt.

Corona hat uns gezeigt, dass viele Dinge auch online besprochen werden können. Ein Online-Meeting kann ein persönliches Gespräch zwar nicht immer ersetzen, in vielen Fällen ist eine Dienstreise jedoch nicht unbedingt nötig. Dies spart nicht nur Kosten, sondern wirkt sich auch positiv auf die Umwelt aus.

Eine Studie von Greenpeace hat ergeben, dass in Deutschland jährlich 5,4 Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden könnten, wenn 40 Prozent der Beschäftigten an zwei Tagen pro Woche von Zuhause arbeiten würden.

Des Weiteren konnten durch die Pandemie Vorurteile gegenüber dem Homeoffice abgebaut und das Vertrauen zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden gestärkt werden. Die neue Arbeitssituation hat einmal mehr gezeigt, dass ein Entlohnungsmodell, welches auf der Arbeitszeit basiert veraltet ist. Produktivität und Know-How sind nicht mit der Anzahl der Stunden, die eine Person am Arbeitsplatz verbringt, gleichzusetzen. Nicht die Uhr sondern das Ergebnis sollte unsere heutige Arbeitskultur bestimmen. Dies bedeutet auch, dass weniger auf Kontrolle sondern auf Vertrauen gesetzt werden muss. Die Corona-Pandemie hat uns in gewisser Weise dazu gezwungen diesen notwendigen Schritt in die Richtung einer neuen Arbeitskultur zu gehen.

Zeiterfassung als Reflektions- und Kommunikationsmittel

Im Mai 2019 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Mitgliedstaaten Arbeitgebende verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die Arbeitszeit der Arbeitnehmenden erfasst wird. Besonders im Homeoffice werden die Vorzüge einer funktionierenden Zeiterfassung deutlich. Sie dient nicht nur der Dokumentation von Arbeitsstunden sondern fungiert zudem als Kommunikations- und Reflektionsmittel. Arbeitnehmende können die Zeiterfassung nutzen, um über ihre Arbeit zu reflektieren und auf diese Weise ihre Leistungen zu verbessern.

Welche Aufgaben konnten schneller erledigt werden als erwartet, bei welchen handelt es sich vielleicht um Zeitfresser? Zeiterfassung liefert Antworten auf solche Fragen. Man entwickelt ein Gefühl für die eigene Arbeit und Verbesserungen werden messbar. Insbesondere im Gespräch zwischen Teamleitung und beschäftigter Person können die erfassten Daten ein solide Argumentationsgrundlage darstellen. Auf diese Weise basieren derartige Feedback-Gespräche auf konkreten Daten und nicht auf Bauchgefühl. Dadurch wird zum einen das Selbstbewusstsein der Arbeitnehmenden gestärkt, zum anderen kann Zeiterfassung das Vertrauen zwischen Arbeitgebenden und -nehmenden festigen. Dies führt zu mehr Autonomie und Experimentierfreudigkeit am Arbeitsplatz.

Zeiterfassung kann viel mehr als bloß die Anwesenheit zu protokollieren. Smarte Time Tracking Tools können insbesondere im Homeoffice von großem Nutzen sein, indem sie als Kommunikations- und Reflektionsmittel genutzt werden. Sie schaffen Transparenz im Kollegium und können dabei helfen das Stigma, welches das Homeoffice noch immer umgibt, Schritt für Schritt abzubauen.

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