Was macht die Kunst? Werbung!

Hendrik Spree
REKLAME 3000
2 min readJan 20, 2016

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Eine italienische Exkanzlerschneiderei hat — laut Website-Navigation — ihre ADV CAMPAIGN, Spring/Summer 2016 vorgestellt, rausgehauen oder wasauchimmer. Mehr erfährt man dort nicht, kein einziges Wort begleitet die vier Motive. Und auch die Photos selbst üben sich in Zurückhaltung: weder ein Logo, noch ein Hinweis auf die Abgebildeten verunziert die Schwarzweißheiten.

Wie ich dann darauf aufmerksam geworden bin? Nun, das Monopol Magazin berichtet kurz darüber. Wieder sei die “New Yorker Künstlerin Collier Schorr” als Photographin tätig gewesen, wie schon für die Vorgänger-Kampagne habe sie “vier Männer aus dem Kunstbetrieb” als Testimonials abgelichtet. Wobei man getrost davon ausgehen kann, daß hier keinen Handschlag mehr tut als aus einer Pressemitteilung zu zitieren. Wie sie im Text zur Kollektion davor Erwähnung findet. Knapp sieben Monate später liest sich das unter Auslassung der Quellenangabe (dafür aber diesmal mit Nennung des Artikelschreibers) so:

Warum Künstler? Von Brioni hieß es, sie verkörperten die Art Mann, die sich das Unternehmen als Kunden vorstellt.

Banner_Hans1.jpg (Foto: Brioni)

Wohl eher: “…die Art Mann, die sich die Zielgruppe des Unternehmens als Rolemodel vorstellen kann.” Und die Portraitierten können sich noch was drauf einbilden, daß man ihnen genug Bekanntheit zutraut, um auch außerhalb der Kunstblase als Spokesperson relevant zu sein.

Superoriginell auch die Kampagnennamen: Nach “Creative integrity” für Herbst/Winter nun also “Creative Minds” für Spring/Summer. Und überhaupt: Wenn man sich — gerade als Künstler — zu einer Werbefigur machen läßt, dann ist das schön und gutes Recht. Habe ich im Prinzip selbstverständlich nichts dagegen. Aber das Wort Integrität dabei in den Mund gelegt zu bekommen, das hat schon einen beinahe höhnischen Beigeschmack. Abgesehen davon, daß eine Testimonial-Kampagne aus der Marketingperspektive alles andere als creative ist.

Zur Einordnung

Ich habe nichts gegen Werbung — im Gegenteil. Sonst hätte ich ja auch den falschen Job. Ich habe etwas gegen schlechte Werbung. Und da gibt es in der Modebranche ein breites Spektrum an Beispielen unterschiedlichster Qualität. Vom eher zurückhaltenden Kultursponsoring à la Hugo Boss bis zu lauten Kunstlederdesignspektakeln wie etwa bei Vuitton/Murakami, da landet diese Brioninummer irgendwo im weiten Interpretationsspielraum zwischen Mittelfeld und Niemandsland.

Die ausgewiesene Bannerwerbefläche der Website hingegen bleibt in letzter Zeit oft leer.

Ein Wort noch

Die Monopol nennt sich im Untertitel “Magazin für Kunst und Leben”. Wenn man sieht, wie dort (pünktlich zur Mercedes Benz Berlin Fashion Week veröffentlichte) PMs unreflektiert übernommen werden, man etwa ganz im Sinne des Fashionjargons das eingängigere “Spring” dem “Frühling” vorzieht, dann möchte man das zu “Magazin für Kunst und Leben und Werbung” ergänzen. Und immer an die Kooperationen denken, Herr Völzke!

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