Remote Work:
Vertrauen ist gut — Kontrolle ist besser?
Remote Work: trust is good, verification is better?
Kontrolle vs. Vertrauen — Bisher zögerten viele deutsche Arbeitgeber mobiles Arbeiten in ihrem Unternehmen zu ermöglichen. Ein Grund hierfür kann das fehlende Vertrauen in die Arbeitsmoral der Beschäftigten sein. Durch Corona sind viele Unternehmen ins kalte Wasser geschmissen worden und haben sich verschiedene Remote Tools zusammengestellt um die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu schützen und weiterhin arbeitsfähig zu bleiben. Erkennbar ist nicht nur ein starker Anstieg an Produktmanagementtools sondern auch an Überwachungssoftware die grundsätzlich der Produktivitätsüberwachung und Produktivitätssteigerung dienen sollen. Falls sich allerdings Beschäftigte zu stark von den Tools überwacht fühlen und eine psychische Belastung folgt kann es zugleich zu einer Produktivitätsminderung führen.
Um herauszufinden wie man die Kontrolle und den eventuell dadurch entstehenden Druck mindern kann haben wir verschiedene Personen zu ihrem Beschäftigungsverhältnis und ihren Remote-Arbeitserfahrungen befragt. Die Interviewpartner arbeiten teilweise 100% remote oder sind durch die Corona-Veränderungen ins eigene Homeoffice versetzt worden. Aus den Gesprächen geht eine klare Meinung hervor, zu viel Kontrolle führt zu weniger Motivation und Leistungsminderung.
Wichtig für eine gute remote Zusammenarbeit ist ein hohes Vertrauen der Arbeitgeber in die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer. Das Vertrauen scheint zudem im direkten Zusammenhang zu persönlichem Kontakt und Sympathie zu stehen, je vertrauter man den Mitarbeitern ist desto weniger Kontrolle ist nötig. Das Einsetzen von Kontrolltools scheint ein absoluter Einschnitt in die Privatsphäre und das Vertrauen in die Arbeitskraft zu sein. Laut Heiko Tronte schreckt die Einführung einer solchen Software die Mitarbeiter stark ab, sie fühlen sich in ihrer Produktivität und Leistungsbereitschaft gehindert.
“Frage dich ob Kontrolle glücklich macht oder man besser annehmen sollte, das jeder einen guten Job macht und alles gibt. Ich bin als Führungskraft nicht daran interessiert ob jemand am Schreibtisch sitzt oder nicht, solange die Arbeit gut erfüllt wird.”
Ein Weg um Vertrauen zu schaffen oder zu behalten ist klare Aussagen zu formulieren und sich mit dem gesamten Team abzusprechen. Ergebnisorientiert zu arbeiten ermöglicht, dass über den Arbeitsprozess hinweg mehr Flexibilität und Vertrauen vorherrscht und dennoch Abgaben eingehalten werden.
Kommunikation und Absprache
Generell sollte man den analogen Workflow hinterfragen und nicht direkt ins Digitale übernehmen, ein Beispiel ist die vorherrschende Meetingkultur, sind wirklich alle Termine nötig oder werden die Arbeitnehmer nur von ihrer Arbeit abgehalten? Durch zu geringe Absprachen oder vermeidbare falsche Kommunikation wird Ineffizienz riskiert. Häufige Rücksprachen erhöhen nicht nur den Zeit- und Arbeitsaufwand sondern auch den Stresslevel und kostet insgesamt viel Energie.
Laut Stephan Maurer bieten morgendliche Update-Calls eine gute Gelegenheit zu klären “was diese Woche über gemacht wird” und jeden in Kenntnis zu setzen. Teilweise wird diese erprobte Technik sogar in Zukunft ins Analoge übernommen. Klare Absprachen helfen zudem sich nicht gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben im Weg zu stehen und andere zu blockieren, was gerade bei asynchronen Arbeitsrhythmen essentiell ist. Empfehlenswert sind klare Verteilungen von Aufgabenpaketen und eindeutiges Festhalten von Erwartungen.
Handlungsempfehlungen
Wenn man wie Heiko Tronte zu Hause eventuell mehr Ruhe und Zeit hat sich auf die Arbeit zu konzentrieren kann diese effektiv nutzen und sich klare Formulierungen aneignen um Verständnisfragen im Voraus zu vermeiden.
Setze auf gut formulierte Arbeitspakete die gute Ergebnisse liefern.
Zudem empfiehlt sich das Überprüfen der Aussagen vor dem Versenden von Emails. Gerade aus der Sicht des Remote Workers der zusätzlich in unterschiedlichen Zeitzonen zu dem restlichen Team arbeitet fallen weitere interessante Aspekte für eine erfolgreiche remote Arbeit auf. Das richtige Verhältnis von Fragen ist ein Schlüsselelement für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Laut David Clark sollte man “keine Scheu vor Fragen [haben]”, da hierdurch schnell Blockaden ohne großen Aufwand gelöst werden können. Vor allem für neue Mitarbeiter die sich in der Onboarding Phase befinden sind klare Absprachen relevant.
Remote Onboardings durchzuführen funktioniert wenn man nur auf das Erhalten von Technik angewiesen ist und genug Erfahrung mitbringt. Das nötige Vertrauen hat sich allerdings erst durch späteren persönlichen Kontakt verstärkt. Den Kontakt zu seinen Kollegen kann durch den seltenen persönlichen Kontakt nicht kompensieren. Vor allem fehlt ihm das Lernen von den eigenen Kollegen, das zumeist vor Ort im persönlichen Austausch vorkommt. Gerade bei Berufseinsteigern findet er remote Arbeit unangebracht da zu viel Erfahrung in den Entscheidungsprozessen nötig sei und dies durch fehlende Beobachtung oder persönliche Kommunikation sonst zu einem Lerndefizit führen könnte.
Er ist der Meinung, dass Kontrolle mehr Eigenkontrolle sein sollte, um den eigenen Workload zu strukturieren und mit den Kollegen abzusprechen oder den Arbeitsprozess festzuhalten, sodass jeder weiß woran gearbeitet wird und wer kontaktiert werden kann. Grundsätzlich ist dies nicht viel anders als vor Ort, wo Aufgaben nur in geringem Maße kontrolliert werden und mehr darauf geachtet wird, dass das Arbeitspensum in Teams ausbalanciert wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass keiner der Befragten bei einem zu stark kontrollierenden Arbeitgeber angestellt sein möchte. Gegenseitiges Vertrauen, Flexibilität und Wohlfühlen ist essentiell für gutes Arbeitsklima und ermöglicht es den Einzelnen bewusste und eigenverantwortliche Entscheidungen selbst treffen zu können.