How to: Übungszettel lösen

Kim (sblog)
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2 min readMar 19, 2017

Wenn ich einen Mathematik- Übungszettel bekomme und in einer Woche bearbeiten soll, folgt die Herangehensweise in der Regel bestimmten Mustern:

  1. Aufgaben überfliegen.
  2. Einmal, zweimal tief durchatmen und jetzt richtig hingucken und erstmal nur Aufgabe 1 durchlesen.
  3. Kurz verzweifeln. Entweder sollst du beweisen, dass a + b = a+(b+0), darfst aber nicht schreiben “ist ja offensichtlich” oder es wird nach einem Beweis gefragt, wo a = (-b) wenn b vorher eine Weltreise gemacht hat und a gerne Bananen isst.
  4. Beim zweiten Beispiel musst du dir die Aufgabe weitere fünf Male durchlesen und nochmal nachschlagen, was die Definitionen von “Weltreise” und “Banane” sind um eine erste Ahnung von der Aufgabenstellung zu bekommen.
  5. Leute fragen. In der Regel hast du eine Gruppe Physiker, mit denen du die Aufgaben zusammen rechnest. (Ich hab gehört, dass ein Fünftsemester noch nie auch nur einen Zettel alleine gelöst hätte — und das brauchst du theoretisch auch nicht.)
    Bei deiner Gruppe isst idealerweise eine Person sehr gerne Bananen und eine andere hat schonmal eine halbe Weltreise gemacht. Super.
    Wenn du gerade keine Gruppe um dich hast, oder ihr alle ratlos seid, kann man auch wahllos Studierende in der Physik ansprechen. Die helfen (und das meine ich ernst) gerne und mir hat noch niemand gesagt, dass er oder sie gerade keine Zeit oder Lust hätte, sondern sich immer die Zeit genommen mir etwas zu erklären oder Tipps zu geben (an dieser Stelle: Ihr seid alle goldwert, Leute!)
  6. Zusammen diskutiert ihr, schreibt Gleichungen auf, streicht Gleichungen wieder durch, malt veranschauliche Tafelbilder, malt Tafelbilder, die man einfach schön anschauen kann, holt euch Kaffee und Schokolade aus dem Café der Physik, welches wahrscheinlich genau wegen dieser Verzweiflung ziemlich viel Kuchen verkauft und dann setzt ihr euch wieder vor die mehr oder weniger schönen Gleichungen, die entweder noch abstrakter wirken oder ganz plötzlich Sinn ergeben.
  7. Wiederhole 1–6 für alle vier Aufgaben.
  8. Nach einer ganzen Weile von mehreren Tagen solltest du der Meinung sein, die Lösung für jede Aufgabe herausgefunden zu haben und schreibst sie nochmal in deiner Sonntagsschrift auf.
  9. Jetzt kannst du dein Wochenprojekt und Thema deiner Träume in den letzten sieben Tagen in den Briefkasten der Tutoren werfen. Und wir sind fertig.
  10. Beim Wiederbekommen der Zettel, einige Tage später, merkst du dann, dass die Lösung zwar nah dran, aber halt daneben war. Aber wenigstens hast du endlich verstanden, was Bananen und Weltreisen miteinander zu tun haben.

Experimentalphysik-Übungszettel folgen grob dem gleichen Muster, abgesehen davon, dass das Verzweifeln meistens viel kürzer kommt und die Aufgaben Bilder haben.

Hier ein besonders schönes Beispiel einer meiner Schmierzettel.

Jetzt weißt du, wie unübersichtlich Lösungen finden sein kann, wie man im Studium am besten Papier spart und warum Punkt 8 so wichtig ist.

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Kim (sblog)
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Hi, mein Name ist Kim. Ich schreibe über das Physikstudium an der Uni Göttingen.