Espedal übersetzen oder die Kunst, die passenden Wörter zu finden

Alexandra Muheim
Solettres | Universität Basel
2 min readMay 6, 2016
© Anaïs Steiner

Wir erwarten Hinrich Schmidt-Henkel, den Übersetzter von Tomas Espedal, als wir in den Gemeinderatssaal des Landhauses treten. Der Mann, der dort an einem Tisch voller Bücher sitzt, entspricht leider so gar nicht dem Bild des Übersetzers, welches auf der ersten Seite des Programmheftes abgedruckt ist. Die Verwirrung ist gross. Doch das Rätsel löst sich schnell auf: Hinrich Schmidt-Henkel kann aus persönlichen Gründen nicht kommen. Die Enttäuschung hält sich aber in Grenzen, denn als Ersatz wird uns Magnus Enxing aus Münster vorgestellt. Eine nicht minder interessante Persönlichkeit.

Magnus Enxing arbeitet als Lektor norwegischer Bücher an der Universität Münster. Vor ihm auf dem Tisch liegen die norwegischen sowie die deutschen und englischen Ausgaben von Espedals Gehen und Wider die Kunst. Exing selbst hat ebenfalls schon diverse Bücher übersetzt und kennt sich in dem Gebiet bestens aus.

Er lenkt unseren Blick in dieser kurzweiligen Stunde gekonnt auf das grosse Spektrum von Schwierigkeiten, welche das Übersetzten von Büchern mit sich bringt. Jede Sprache hat ihre Eigenheiten, so hat das Norwegische beispielsweise sehr viele Relativsätze. Wenn man diese Sätze in der Deutschen Sprache beibehalten würde, wäre es eintönig. Je nach Verwendung der Sprache gibt der Sprecher oder Erzähler ein politisches Statement ab – wie soll man das ins Deutsche übernehmen?

Die Probleme hören nicht beim Sprachlichen auf. Besonders in Wider die Kunst verwendet Espedal Strassennamen, um die Figuren vorzustellen. Diese Strassennamen haben für die Norweger eine klare Verbindung zu einer sozialen Schicht, in der sich die Figuren im Folgenden verorten werden. Der ausländische Leser kann mit dieser ersten Charakterisierung jedoch nichts Anfangen. Es kann sogar Verwirrung stiften: Wieso betont der Schriftsteller an dieser Stelle den Strassennamen so sehr? Habe ich etwas verpasst? Gegen solche Schwierigkeiten kann der Übersetzter nichts tun. Doch Enxing betont, dass man durch erlerntes Handwerk viele dieser sprachlichen Schwierigkeiten umgehen kann. Trotzdem kann ein Text in einer anderen Sprache nie komplett identisch mit dem Originalwerk sein.

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