Sind graphic novels Comics für die Grossen?

Jessica Cabrera
Solettres | Universität Basel
2 min readMay 7, 2016
flickr.com/jareed/CC BY 2.0

An den Literaturtagen in Solothurn stehen in diesem Jahr erstmals auch Veranstaltungen zu graphic novels auf dem Programm. Sind graphic novels dasselbe wie Comics? Und wie sollen diese an einem Literaturfestival vorgestellt werden?

Die Bezeichnung graphic novel wird erstmals 1976 eingeführt, als Will Eisner sein Werk Ein Vertrag mit Gott in den USA als solche betitelt. Kritische Stimmen sagen, dass der Begriff aus marketingstrategischen Beweggründen entstanden ist. So oder so lassen sich in graphic novels Unterschiede finden zu Klassikern wie Tim und Struppi oder Asterix: Sie sind grundsätzlich komplexer und länger, sozusagen Comics für Erwachsene.

Dass graphic novels auch preisgekrönt werden, belegt Art Spiegelman mit Maus — Die Geschichte eines Überlebenden. Er thematisierte in diesem 1989 erstmals erschienen Werk den Holocaust und erhielt dafür 1992 einen Pulitzerpreis. Dennoch ist die literarische Relevanz von graphic novels umstritten. Ob eine Marketingstrategie dahintersteckt, ob graphic novels als eine Unterform des Comics gesehen werden sollen oder ob sie selbst ein Genre darstellen, darüber sind sich weder Experten noch Künstler einig. In Zeitungen und manchen grösseren Verlagen werden sie zumindest als Genre berücksichtigt. Die Eignung von Comics, sich anspruchsvoller Themen anzunehmen und mit der grafischen Vermittlung der Inhalte einen gewissen Mehrwert zu schaffen, scheint sehr wohl gegeben, wie bei Spiegelmans Maus zu sehen ist.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Comics findet man graphic novels zudem nicht an Kiosken, sondern im Buchhandel, umgeben von (Sach-)Literatur. Wirft man einen Blick hinein, erblickt man statt der bunten Comicbilder meist in Schwarz-Weiss gehaltene Illustrationen, was der erzählerischen Wirkung keinen Abbruch tut, im Gegenteil: Starke Kontraste und klare Linien heben ihren Inhalt eindrücklich hervor. AutorInnen und ZeichnerInnen von graphic novels sind typischerweise unabhängig von Verlagen tätig, wovon man sich eine gewisse Authentizität versprechen darf.

An den Literaturtagen werden mehrere graphic novels und Comics vorgestellt. Vertreten sind Sabrina Bundi, Michel Decurtins und Mathias Durisch mit „Il Crestomat“, Reto Gloor mit „Das Karma-Problem“ und Barbara Schrag, Gregor Gilg und Benedikt Eppenberger mit „Golem im Emmental“. Ihre Werke kann man an der Ausstellung „Narration mit Text und Bild — Graphic Novel und Comic“ vom 5. bis 8. Mai 2016 im Künstlerhaus S11 betrachten. Weitere Veranstaltungen wie z.B. Lesungen sind ebenfalls im Programm der Literaturtage Solothurn zu finden.

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