Wo sind die Lokalpatrioten geblieben?

Von tim.felchlin — dem in Basel gewählten Lokalmatadoren von Solothurn

Jonathan Tadres
Solettres | Universität Basel
2 min readMay 7, 2016

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Es steht ausser Frage, dass man diese Tage der Literatur wegen nach Solothurn reist. Das Rundherum ist aber auch ganz nett. Die Brise des Esprit de Soleure lässt die Buchseiten aufflattern. Solothurns Charme und damit der Charme der Literaturtage hat sich unter Bibliophilen längst herumgesprochen.

Doch wer ist für diesen Charme verantwortlich?

Die Solothurner selbst, wage ich als Einheimischer zu behaupten.

Ob die Stadtbevölkerung Grund genug ist, um einen Abstecher an die Literaturtage zu machen, darf jeder für sich entscheiden. Fraglich bleibt, ob die Literaturtage eine geeignete Kontaktbörse sind, um eben diesen Einheimischen etwas näher zu kommen.

Nun, so manchen Solothurner Rentnern durchaus. Die Festivalverantwortlichen mussten sich bis anhin stets anhören, dass die häufigste Handbewegung an den Literaturtagen nicht etwa das Blättern der Buchseiten, sondern der Griff an den Regler des Hörgeräts ist.

Das Gros dieser Stadt, die sich ihres Kulturbetriebes wegen gerne selbst rühmt, scheint der Literaturbetrieb aber tatsächlich kalt zu lassen. Der (junge) Solothurner besucht lieber die Biertage, die ein Wochenende zuvor in der Aarestadt über die Bühne gegangen sind. Das kultivierte Verköstigen des Gerstensafts ist dem waschechten Solothurner ein Muss.

Doch nur weil der Solothurner den Festivalveranstaltungen fern bleibt, heisst das noch lange nicht, dass ihm die Literaturtage egal sind. Wie gesagt ist man am Jurasüdfuß stolz auf das ansehnliche kulturelle Angebot. Das dürfen die Intellektuellen, die von Basel, Zürich und weiß der Gugger woher anreisen, ruhig wissen. Passiven Lokalpatriotismus könnte man das wohl nennen.

Und Möglichkeiten, wo sich fremde Festivalbesucher und eingeborene Solothurner beschnuppern können, bietet Solothurn alleweil. Nämlich dort, wo sich zur Zeit jeder im Städtchen am liebsten aufhält, wenn er denn kann: In den Cafés, Bars und Beizen, die das Aareufer auf beiden Seiten säumen.

Und stimmt man als Besucher bloss genügend lobende Worte auf Solothurn an, lässt es sich bei einer Erfrischung mit jedem Solothurner gut plaudern.

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