Das Heldsein ist kein Ponyhof

Adroth Rian
Spielmich
Published in
9 min readOct 2, 2020

Spiel mich! Art Spotlight: Sarah Burrini

Mit den beiden Karten “Nerd Girl” (1. und 2. Edition) und “Death Wing” (1. Edition) holt man sich besonders epische und heldenhafte Prunkstücke ins Spiel-mich!-Deck, die nicht nur cool aussehen, sondern auch mit ein paar sehr ausgefallenen Effekten ausgestattet sind.

Spiel mich! ist das erste Sammelkartenspiel, das Comicfiguren aus Indie-Comics verschiedenster Künstler*innen gegeneinander antreten lässt.

Mit Edition 1 und 2 sind bereits über 170 Motive und Sonderkarten erschienen. Comicbegeisterte und Fans schneller Kartenspiele können in verschiedenen Kategorien ihre Lieblingsfiguren sammeln, tauschen und als Team für ein Duell zusammenstellen.

In dieser Reihe stellen wir die Künstler*innen und ihre Karten vor.

(Bildquelle: © Sarah Burrini)

Künstlerin Sarah Burrini

(Bildquelle: © Alexander Lachwitz)

Sarah Burrini arbeitet als freiberufliche Comiczeichnerin und Illustratorin in Köln. Von 2009–2020 zeichnete sie den semi-autobiographischen und absurden Webcomic „Das Leben ist kein Ponyhof“ für den sie 2018 den Max-und Moritzpreis als bester deutscher Comic-Strip gewonnnen hat. 2020 beendete sie den Webcomic mit einem erfolgreichen Crowdfunding zum letzten Print-Sammelband, der ab Herbst 2020 offiziell bei der Edition Kwimbi erscheint.
2018 präsentiert ihre Figur „Nerd Girl“ die Comic Con Germany in Stuttgart.
Der dazugehörige Comic „Die nebenberuflichen Abenteuer von Nerd Girl“ erschien 2018 in der Edition Kwimbi.

Ihre Comics erscheinen regelmäßig auf sarahburrini.com und ihre liebste Superkraft wäre Tonnen an Schokolade zu essen, die sich beim Kontakt mit ihrem Magen in etwas Gesundes verwandeln.

Mehr von Sarah Burrini:
www.sarahburrini.com
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“Das Leben ist kein Ponyhof” auf Facebook
Comicbücher und Hefte von Sarah auf Kwimbi

(Bildquelle: © Sarah Burrini)

Interview mit Sarah

Wie hast Du die Figuren für Deine Spiel mich!-Karten ausgewählt? Hat es einen Grund, weshalb Du Dich sowohl bei der 1. als auch der 2. Spiel mich!-Edition für „Nerd Girl“ entschieden hast?

Ich fand es einfach treffend Superhelden-Figuren für ein Kartenspiel mit „Kampfbasis“ auszuwählen. Das hat sich für mich mehr angeboten, als der Cast aus meinem „Das Leben ist kein Ponyhof“-Webcomic, auch wenn der Elefant sicher immer noch eingeschnappt deswegen ist.

Was macht Nerd Girl und ihre Fähigkeiten so besonders?

Eigentlich ist das Besondere an ihr, dass sie nicht so besonders ist, wie sie annimmt. Sie fühlt sich berufen, weil sie viele Superheldencomics gelesen hat, aber ob das wirklich reicht, kann man in den Comics nachlesen.

Was kannst Du uns zu Death Wing erzählen?

Was auf den ersten Blick wirkt wie eine gewöhnliche Großstadttaube, entblößt sich auf den zweiten Blick als eine gewöhnliche Großstadttaube mit einem winzigen Cape!

Wo man die Karte von Sarah bekommt:
Schreibt sie einfach auf Instagram oder Facebook an!

(Bildquelle: © Sarah Burrini)

Wie kamst Du auf die Idee, Deine Comicreihe “Nerd Girl” ins Leben zu rufen?

Die „Origin“ von Nerd Girl beruht auf einer Anfrage des Tagesspiegel-Redakteurs Lars von Törne. Er suchte für die damaligen Comicseiten der Zeitung eine neue Reihe. Ich kam schnell auf die Idee ein Superheldinnen-Spin-Off zu meinem „Das Leben ist kein Ponyhof“-Webcomic zu entwerfen, in dem Nerd Girl Berlin-spezifische Abenteuer erlebt. Als ich den Auftrag nach dem Pitch nicht bekommen habe, war es zum Glück nicht so schwer Nerd Girl für einen Einsatz in Köln startklar zu machen. Und so beschloss ich das Konzept für eine Veröffentlichung als Webcomic zu nutzen.

Elf Jahre hast Du an Deinem Webcomic “Das Leben ist kein Ponyhof” gearbeitet, bevor Du Dich voll und ganz Deinem neuen Projekt “Nerd Girl” gewidmet hast. Wie sehr unterscheidet sich “Nerd Girl” von Deiner alten Comicreihe? Was hast Du von Deinen vorhergehenden Arbeiten in Dein aktuelles Projekt übertragen und was tatsächlich neu erfunden?

Der offensichtlichste Unterschied ist wohl, dass „Das Leben ist kein Ponyhof“ und „Die nebenberuflichen Abenteuer von Nerd Girl“ komplett unterschiedliche Formate bedienen. Das eine ist ein Online-Strip mit vier Bildern gewesen und „Nerd Girl“ besteht aus einem fortlaufenden Abenteuer auf ganzen Seiten erzählt. „Nerd Girl“ funktioniert zum Ponyhof als eine Art Spin-Off, daher: ich habe hauptsächlich die Protagonistin daraus übertragen. Im Superheldensprech könnte man auch sagen, dass es ein „alternatives Universum“ ist, wo Comic-Sarah einen anderen Alltag lebt und andere Freunde hat. In diesem Fall ist zum Beispiel „Deathwing“, ihr Tauben-Sidekick, mit dazu gekommen.

”Das Leben ist kein Ponyhof” — Das Internet schlägt zurück!

Wenn im Internet kein Platz mehr ist, werden die Trolle auf der Erde wandern… Aber lässt sich das überhaupt noch verhindern? Ist es nicht schon längst zu spät? Ja, ist es, aber das lässt Comiczeichnerin Sarah und ihre Mitbewohner Elefant Ngumbe, Fungoid El Pilzo, Nerddämon Kevin-Asmodias und Quotenpony Butterblume nicht verzweifeln. Gemeinsam trotzen sie den rasanten gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre, stellen sich der täglichen Dosis Horrornachrichten im Netz, den zunehmenden Mimimi-Momenten eines Künstlerlebens während des Spätkapitalismus und den heimtückischen Attacken des “Procrastimancers”.

Ab sofort im Kwimbi-Shop vorbestellbar! Der brandneue Band 4 der Comic-Serie “Das Leben ist kein Ponyhof”. Hardcover mit Spotlack und Leseband, 144 Seiten, zirka 21,5 x 21,5 cm, über 340 farbige Comic-Strips.

(Bildquelle: © Sarah Burrini)

Lässt Du Dich bei Deinem “Nerd Girl”-Comic stark von den Medien um Dich herum beeinflussen oder schöpfst Du die Inspiration hauptsächlich aus Deinem eigenen Leben?

Beides ist der Fall. Klar beeinflusst mich die allgegenwärtige Präsenz von Popkultur in meinem Alltag und ich hab in meinem Leben wahrscheinlich schon mehr als genug Superheldencomics konsumiert, als dass ich glaubhaft vermitteln könnte, dass sie mich nicht beeinflussen. Aber ohne mein eigenes Leben wäre „Nerd Girl” nicht das, was es ist: Die zähneknirschende Erkenntnis, dass man seinen Alltag ohne übernatürliche Kräfte oder teure Gimmicks überstehen muss. Vielleicht sähe der Comic auch anders aus, wenn ich mir jedes Jahr das neueste iPhone kaufen würde.

Welche Krimi- und Superheldenserien schaust Du Dir am liebsten an und welchen Einfluss nehmen diese auf Deine Arbeit?

Eigentlich schaue ich momentan weder Krimi- noch Superheldenserien. Mir reicht ein Blick auf die aktuelle Nachrichtenlage, um Ideen für neue Superbösewichte zu bekommen.

Welche Superbösewichte erschweren Deinen Alltag und wie kommt man am besten gegen sie an?

Allen voran liefere ich mir seit Jahren einen erbitterten Kampf mit Dr. Prokrastinatus. Ich hab aber inzwischen herausgefunden, dass meine Chancen gegen ihn steigen, wenn ich einen ausgeglichenen Pegel für meine tägliche Dosis Work-Life-Balance halte.

Tollpatschigkeit wird gern als eine positive Charaktereigenschaft betrachten: ein Musterbeispiel hierfür ist Bunny Tsukino von Sailor Moon, deren tollpatschige Art niedlich erscheinen und für mehr Empathie-Punkte sorgen soll. Betrachtest Du Tollpatschigkeit ebenfalls als eine Charaktereigenschaft? Was hat Dich dazu bewogen, Nerd Girl mit dieser Eigenschaft auszustatten und welche Wirkung erhoffst Du Dir dadurch auf Deine Leser.

Ich denke, die Darstellung einer tollpatschigen Figur lässt sie einfach menschlicher wirken. Das Problem mit Superman und Micky Maus war immer, dass sie zwar eine tolle Vorbildfunktion innehaben, man sich aber weniger mit ihnen identifizieren kann, weil sie zu wenige Schwächen besitzen. Im Grunde ist „Nerd Girl“ ähnlicher zu Donald Duck als Superman. Tollpatschigkeit als Charaktereigenschaft ist für Nerd Girl insofern wichtig, weil sie sich davon nicht beirren lässt. Ich hoffe, dass ermutigt einige Leser*innen dazu, sich selbst vom Druck zu befreien „perfekt“ sein zu wollen. Denn das kann und muss man auch gar nicht sein.

Bei welchen Themen hört bei Dir der Spaß auf? Oder bist Du der Meinung, dass man das Recht hat, ausnahmslos über alles und jeden im Leben Scherze zu machen?

Sehr gute Frage. Ich rette mich hier mit einem typischen Anwaltsspruch raus: „Es kommt drauf an“. Und zwar immer auf die genaue Situation und ganz besonders wer hier über wen oder was Scherze macht. Wenn man sich über eine Person in einer Machtposition lustig macht, ist es etwas anderes, als wenn man sich über jemanden erhebt, der schon am Boden liegt. Und sicherlich gibt es immer Grenzen des guten Geschmacks, wenn man sich z. B. über körperliche und/oder psychische Beeinträchtigungen und Beschaffenheiten lustig macht. Das hat dann weniger damit zu tun, ob man das Recht hat, sondern mit dem eigenen ethischen Kompass.

Du siehst, ich kann das nicht so pauschal beantworten. Ich finde jedenfalls, man sollte genauer hinschauen, über wen oder was man Scherze macht.

Verkleidest Du Dich manchmal nachts als Superheldin und machst die Straßen von Köln unsiche … äh, entschuldige, ich meinte natürlich … bekämpfst das Böse? Was für ein Gefühl ist das?

Wie kommst Du denn auf so eine abwegige Idee? Natürlich mache ich nichts dergleichen, das wäre pathologisch und ausgesprochen besorgniserregend. (Schiebt unauffällig das Cape unters Sofa)

(Bildquelle: © Sarah Burrini)

Gibt es Deathwing bald als Stofftier zu kaufen? (Bitte sag ja, und wann, und wo!)

Auch wenn Du mit dieser Frage einen mittleren Quietschlaut bei mir auslöst hast, muss ich leider weinen und verneinen. Leider fällt Stofftierproduktion für (deutsche?) Webcomics eher unter Liebhaberei und es ist einfach zu aufwendig, um rentabel zu sein. Die Zeit und Energie, die dafür drauf ginge, werde ich lieber in eine heldenhafte Szene mit Deathwing investieren.

Gibt es noch etwas, was Du Deinen und unseren Lesern sagen möchtest?

Auf jeden Fall möchte ich noch loswerden, dass ich mich sehr bei den Unterstützer*innen meiner Crowdfunding-Kampagnen wie Kickstarter und Patreon bedanken möchte. Ich bin wirklich überglücklich, dass sie mir so viel Vertrauen in monetärer Form schenken, dass es mir weiterhin möglich ist, als Comiczeichnerin zu arbeiten. Das ist nicht selbstverständlich.
Und natürlich sollte ich hier auch erwähnen, dass der vierte „Das Leben ist kein Ponyhof“-Sammelband offiziell im Herbst 2020 erscheinen wird. Würde mich freuen, wenn Ihr danach Ausschau haltet, ich werde bestimmt noch mehr dafür trommeln!

Und zu guter Letzt möchte ich mich bei Dir und der Comic Solidarity für diese Interview-Gelegenheit bedanken.

Auch wir danken Dir für das wundervolle Interview! 😘

Die wichtigsten Infos zu “Spiel mich!”

Was gibt es aktuell für Karten?
Checkliste Edition 1
Checkliste Edition 2

Wie funktioniert das Spiel?
Mehr Informationen hier.
PDF Link zur Anleitung

Wo kann man das Spiel und die Einzelkarten bekommen?
In erster Linie bei den Teilnehmer_innen selbst, auf Comicmessen oder über ihre Websiten (z.B. als Crowdfunding-Belohnung, Verkaufsartikel, Lesezeichen zum Buch etc.).
Bei den Online-Shops Kwimbi und Freibeutershop.
Zu Comicmessen, auf denen Comic Solidarity einen Stand hat.

Teilnehmende Kreative der Editionen 1 und 2:
Abe Raham, Adrian vom Baur, Adroth Rian & Shin Janus (Karrakula), Aerozopher, Anna Kontogiorgas (nihidea), Arne Schulenberg, Asja Wiegand, Caro Podeswa, Christian Effenberger, Christopher Tauber, Comic Cabin, David Füleki, Désirée Kunstmann, Diana Kennedy, Dimitar Stoykow, Dominik Wendland, Eve Jay, Gabriel deVue, Genji Otori, Giske Großlaub, Hannes Radke, Haiko Hörnig & Marius Pawlitza (Pengboom Society), Hammel & Dörp, Heinz Olaf Klöppel, Helen Aerni, Ines Kort, Jan Bintakies, Janika Kefel (Amandola), Johanna Baumann, Kathi Neto, Katrin Felder, Kami, Kilian Wilde und Felix Schittig, KNIGHT+JAY, Lea Wegner, Linda Bunge (Leader Brat), Lisa Rau, Lydia Heymach (Sushi), Maja Verfondern, Marcel Hugenschütt, Mark Fehse (Cross Cult), Max Hillerzeder, Max Vähling (Dreadful Gate Productions), Michael Tewiele, Moritz von Wolzogen, Nicole Klein (Eri Nys), Nigunegu, Olivia Vieweg, pushcart, Said Omar Eshaq, Sarah Burrini, Sebastian Kempke & Dirk M. Jürgens (Studio Buddelfisch), Timo Müller-Wegner & Stew Wegner (illustrie), Timo Thees, Vanessa Drossel (Studio Buddelfisch), Viktoria Underrader, vinny-vieh, Vivian Mittag (KaBOOM!)

Die nächsten Messetermine mit Comic Solidarity:
Termine werden auf Facebook, Twitter und www.comicsolidarity.de. bekannt gegeben.

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