TwistEd — der Killer in uns

Adroth Rian
Spielmich
Published in
10 min readSep 18, 2020

Spiel mich! Art Spotlight: Gabriel DeVue

Die Spiel mich!-Sammelkarten “Gabriel”, “Jaune”, “Barbera” und “Die Lady” (2. Edition) bilden ein ausgeklügeltes und besonders tödliches Vierergespann. Jede einzelne Karten ist mit einem Spezialeffekt ausgestattet, der den gegnerischen Spieler im Handumdrehen in den Schwitzkasten nimmt. Ein Muss für alle, die sich zu der dunklen Seite hingezogen fühlen, von Serienkillern fasziniert sind und auf schwarzen Humor stehen.

Spiel mich! ist das erste Sammelkartenspiel, das Comicfiguren aus Indie-Comics verschiedenster Künstler*innen gegeneinander antreten lässt.

Mit Edition 1 und 2 sind bereits über 170 Motive und Sonderkarten erschienen. Comicbegeisterte und Fans schneller Kartenspiele können in verschiedenen Kategorien ihre Lieblingsfiguren sammeln, tauschen und als Team für ein Duell zusammenstellen.

In dieser Reihe stellen wir die Künstler*innen und ihre Karten vor.

Künstlerin Gabriel DeVue

(Bildquelle: © Gabriel DeVue)

Hey, ich bin die Gab und wohne aktuell in der Nähe von Nürnberg und Mensch, bin ich dafür dankbar, letztes Jahr ins Grüne gezogen zu sein. Obwohl ich im Herzen ein Stadtkind bin, hat mir das stadtnahe Land während der letzten Monate den Verstand gerettet. Schon komisch, dass man während einer globalen Pandemie irgendwie nicht so positiv produktiv ist, wie man sich das immer vorgestellt hat.
In meiner Freizeit arbeite ich an meinem Webcomic TwistEd, schreibe Fantasy-Bücher (Unveröffentlicht. Noch.) und spiele gern: hauptsächlich RPGs und Aufbauspiele. Weil der Tag 28 Stunden hat, funktioniert das auch super parallel. Zusammen mit der Kinderbetreuung. Ahahaha. Haha. Ha. Das mit den 28h/Tag plus sozial akzeptierten Nachteulenwesen wäre ein Traum. Ich habe das unglaubliche Glück, meinen Job (Illustratorin/Grafikerin) mit einer Katze auf dem Schoß nachts um 4:00 zu erledigen.

Mehr von Gabriel DeVue:
www.gabrielarts.de
www.instagram.com/gabrieldevue
www.patreon.com/twisted
www.gabrieldevue.storenvy.com
www.tapas.io/series/TwistEd
www.webtoons.com/en/challenge/twisted

(Bildquelle: © Gabriel DeVue)

Interview mit Gabriel

Wie hast Du die Figuren für Deine Spiel mich!-Karten ausgewählt?

TwistEd hat 4 bunte, eindeutige Hauptfiguren — es gibt in meinen Augen 3 weitere wichtige Figuren (Bob — der kleine Bruder Gabriels, Agent Schrödinger — die Hauptantagonistin, die unseren Figuren auf die Schliche kommt und Mukoshi — ein romantischer Physiker, der die Lady von einer ganz andere Seite kennt).

Was kannst Du uns über Jaune, Gabriel und Barbera erzählen? Welche besonderen Fähigkeiten besitzen sie?

TwistEd ist kein Superheldencomic, sondern eher ein (Horror)Thriller mit schwarzem Humor. Trotzdem haben die Figuren Fähigkeiten, die man bei Superheldencomics findet. Barbera hat einen Hang zu Elektrizität (überlebt und jagt hohe Stromschläge), Gabriel baut unmöglich funktionierende Humunkuli an Monsterfang- und Vernichtungsmaschinen, der Tag der Lady hat 250 Stunden und Jaune ist übermenschlich stark und betörend. Aber das sind alles eher Werkzeuge ihrer Persönlichkeit. Ich will das jetzt nicht “magischen Realismus” nennen, da TwistEd zum Glück nicht realistisch ist. Halt wie Fight Club …

Speziell zu den Karten: Barbera sieht unter anderem rot, wenn sie daran gehindert wird, Wissen zu sammeln. Demnach ist ihre Spezialfähigkeit, bei besonders dummen Gegenspielern die Geduld zu verlieren und an mörderischer Impulsivität über sich hinauszuwachsen.

Gabriel ist ein Kellerkind und riecht auch so. Sie denkt, dass sie “Schwache” vor Monstern verteidigt — zum Beispiel ihren Bruder, der immer wieder an ihrer Seite auftaucht und den nur sie hören kann. Die Monster sind in Wirklichkeit Menschen mit “bösen” Absichten, die sie mit ausgeklügelten Fallen ausschaltet.

Jaune verliebt sich beim kleinsten Anzeichen von Interesse Hals über Kopf und obsessiv. Sie missachtet Warnsignale und redet sich Misshandlung schön. Sie ist naiv, doch sobald ihr klar wird, dass sie schlecht behandelt wird, nimmt sie Rache und kennt dabei keine Grenzen. Die Lady bringt Jaune bei, dass sie mit ihrem Aussehen Menschen manipulieren kann.

Welche Rolle spielt die Lady für Jaune, Gabriel und Barbera? Spiegelt sich das irgendwie in ihrer Spielkarte wieder?

Die Lady ist organisiert. Sie ist ein mysteriöses Mastermind. Das spiegelt sich insofern wider, dass sie auf alles vorbereitet ist (3 Schritte voraus) und ihre Gegenspieler sehr gut einschätzen kann (weswegen sie die Stärke der Spezialfähigkeiten anderer Figuren senken kann). Das trifft natürlich auch für die anderen 3 Frauen in diesem Gespann zu: Barbera, Gabriel und Jaune sind gefährliche und teilweise stark unzurechnungsfähige Menschen — doch die Lady überzeugt sie, an einem Strang zu ziehen. Mehr oder weniger erfolgreich.

Wo man die Karte von Gabriel bekommt:
Schreibt sie einfach auf Instagram an oder kontaktiert sie über ihre Webseite unter www.gabrielarts.de! Wenn ihr im Shop bestellt: Einfach einen Kommentar dalassen, dass ihr gerne Karten aus dem Set hättet. Solange der Vorrat reicht!

Worum geht es in Deinem Comic “TwistEd”?

TwistEd ist ein Comic für ein erwachsenes Publikum. Eine gewisse Vorliebe für Splatter und schwarzen Humor sollte man mitbringen. Wöchentlich um eine Seite erweitert, folgen wir den vier Serienmörderinnen Barbera, Gabriel, Jaune und der Lady. Während sie alleine an der Gesellschaft scheitern, wachsen sie gemeinsam darüber hinaus.

(Bildquelle: © Gabriel DeVue)

”TwistEd”

Der Webcomic “TWiStED” handelt von vier Serien-Killern: der organisierten Lady, der manischen Jaune, der paranoiden Gabriel und der sadistischen Barbera. Sie schließen sich mehr oder weniger freiwillig zusammen, um ihren dunklen Zwängen effektiver zu folgen. Eine Geschichte von Kontrolle, Selbstbestimmung und Chaos.

“TwistEd” lesen? Hier lang!
www.twistedcomic.net (EN)
www.twistedcomic.de (DE)

Wie kommt es, dass die Austauschschülerin Gabriel und Du den gleichen Vornamen habt?

Danke für die Frage! Ist mir nämlich mittlerweile etwas peinlich, weil’s einfach nur noch “Mary Sue” brüllt. Und so ganz falsch ist das auch nicht 😉 — ich wäre schon gern so fähig und uninteressiert daran, was andere von mir halten, aber ungern so traumatisiert und irre. Gabriel habe ich mir ausgedacht, um mit ihr Erlebnisse aus meinem Austauschjahr in den USA zu erzählen. Das hat 2 Kurzcomics lang angehalten — danach ist’s völlig abgedriftet. Im Netz hab ich mich schon immer “Gabriel” genannt. Ich dachte mit 13, dass das ein Unisexname ist und außerdem stand ich auf Christopher Walken in God’s Army. DA. DA ISSES RAUS!

Als ich meine erste Homepage zusammenbastelte, sortiere ich meine Stilexperimente den 4 Figuren aus dem Comic zu, die in meinem Kopf dann schnell ihre Storyline entwickelten.

Was ist Deine größte Angst?

Mh. Meine Ängste … nun. Ich habe einige Therapiestunden hinter mir. Das kommt in Wellen. Wenn’s schlimm wird, trau ich mich nicht an Briefkästen vorbei. Die übernehmen meinen Alltag. Die Ängste. Nicht die Briefkästen. An dem Punkt bin ich zum Glück lange nicht mehr gewesen und habe das letzte Mal auch rechtzeitig gemerkt, dass die Störung zurück schleicht. Da konnte ich mich um eine Therapie kümmern, bevor das wieder richtig losging. Ohne unterstützendes Umfeld und funktionierendes Gesundheitssystem wäre es mir nicht möglich, Comics zu machen. Früher dachte ich auch immer, ich müsse schon “richtig krank” sein, damit mir Hilfe zusteht. Wenn jemand eine psychische Störung hat, ist das aber so eine Sache mit der Selbstdiagnose und diesem Gefühl, dass man sich ja eigentlich nur mal zusammenreißen müsste.

Meine wirklich unmittelbare, größte Angst ist ziemlich langweilig: Dass Menschen, die mir wichtig sind, etwas zustößt. Dass ich keine Kontrolle darüber habe. Und dass mein Wunsch, Kontrolle darüber auszuüben, sie einengen würde. Meine allgemeine Angst ist, wie sich der öffentliche Diskurs entwickelt, wie wichtig unsere “Tribes” sind (dass wir überpersönliche Identitäten annehmen und Ansichten opfern/anpassen, um “dazuzugehören”). Dass es Teile unserer Gesellschaft gibt, die zu ihrem eigenen Nachteil die Gesellschaft weniger offen und fortschrittsgewandt haben wollen — weil … ja warum. Aus Angst? Aus Gehässigkeit? Aus Kurzsichtigkeit? Weil “die da oben” Schwierigkeiten haben, leichte Antworten zu geben, weil es die nicht immer gibt? Klimawandel. Schreiende Ungleichheit. Look at the helpers … be one of them. Das hilft. Und auf den Teil des Venn-Diagramms konzentrieren, der steht für “Dinge, die ich beeinflussen kann.”

(Bildquelle: © Gabriel DeVue)

Als ich durch Deinen Online-Comic blätterte, musste ich unweigerlich an Tim Burton denken. Zudem erinnert mich “Die Lady” an Morticia von der Addams Family, was ich mega genial finde! Ich liebe auch die gelegentlich eingestreuten Farben in einem sonst vorwiegend schwarz-weißen Comic und die animierten Panels. All das wirft bei mir die Frage auf, wo Du die größten Einflüsse auf Deinen Zeichen- und Erzählstil siehst.

Hey, vielen Dank für die netten Worte! Ohne Zweifel Jhonen Vasquez, der mit seiner Serie “Johnny the Homicidal Maniac” die Hauptinspiration ist. Als ich diese Comicreihe gelesen habe, wusste ich: Hey. SO will ich auch Geschichten erzählen. Hits all the sweet spots. Ich liebe Splatter und Gore. Aber ich mag auch die etwas tiefer gehenden Fragen dahinter. Außerdem hatte ich deep shit teenie ANGST und Weltschmerz zu der Zeit. Passt auch immer noch in Teilen auf TwistEd. Au weiha. Warum… ist Horror faszinierend? Ich bin so ein gewaltscheuer Mensch, aber S&M, Horror … das steht auf ‘nem ganz anderen Blatt. Hat auch was mit Kontrolle und Powerfantasien zu tun.

Visuell bin ich auf jeden Fall auch von Tim Burton inspiriert und ‘ne gehörige Portion Manga steckt auch drin. Es gibt eine Menge Künstler, denen ich folge und immer mal wieder Aspekte, die ich an ihren Arbeiten schätze und für mich übersetze.

(Bildquelle: © Gabriel DeVue)

Wie sieht die Zukunft von “TwistEd” aus?

TwistEd läuft seit 2013. Ich frag mich schon hin und wieder, ob es meine Lebenszeit eigentlich wert ist, an so einem Nischending zu werkeln. Ich hab doch noch so viel anderes, was ich erzählen will. Die Antwort ist simpel: Ich MUSS diese Geschichte erzählen und es macht mich glücklich, daran zu arbeiten. Diese Figuren liegen mir am Herzen. Dank Real-Life-Events gibt’s mal Uploadlücken und auch mal eine längere Pause, um nicht vom Projekt ausgebrannt zu werden (dann setze ich auch den Patreon [= monatlicher Unterstützungsbeitrag von Freiwilligen] aus).

Als ich mich entschieden habe, dieses Projekt voll anzugehen (nach 2 vorigen Anfängen ohne die nötige Planung für den langen Atem), habe ich mir eine Prioritätenliste gesetzt:

1) Fertig werden.
2) Es gut machen.
3) Erfolg haben
[definiert durch: “finde ein Publikum” und “kann Miete zahlen”].

1) steht für mich immer an erster Stelle, wenn ich eine Entscheidung zu dem Projekt treffe. Und ich wäre unglücklich, wenn ich 2) nicht auch immer ins Auge fasse. 3) wäre das i-Tüpfelchen, aber da bin ich auch realistisch. Wenn ich mir anschaue, wie große deutsche Comics laufen und wie das in anderen Ländern dagegen aussieht … wie soll dann erst so ein Nischenwerk klarkommen? Gut, TwistEd ist online für ein internationales Publikum abrufbar.

Für mich ist so ein Werk erst “fertig”, wenn es durch die Augen und Köpfe anderer gegangen ist. Und wenn es ungelesen in einer Schublade bleibt oder online nie angeklickt wird — kann ich auch 1) nicht erreichen. Ach Mensch, ich will doch nur malen. Und mit Leuten darüber reden!

TwistEd hat ein kleines, feines Publikum und ist auf keinen Fall etwas für jede*n. Für die Leute, die engagiert jede Woche dabei sind und diejenigen, die sich neu darauf einlassen, bin ich sehr dankbar. Und erst recht für die Menschen, die mit ihrem Rat und ihrer Unterstützung möglich machen, dass ich daran arbeite. Ohne Support-Netz geht so was nicht (oder ist exorbitant schwerer).

Danke für die Fragen und die Beschäftigung mit TwistEd. Danke für die tolle Idee mit dem Kartenspiel!

Die wichtigsten Infos zu “Spiel mich!”

Was gibt es aktuell für Karten?
Checkliste Edition 1
Checkliste Edition 2

Wie funktioniert das Spiel?
Mehr Informationen hier.
PDF Link zur Anleitung

Wo kann man das Spiel und die Einzelkarten bekommen?
In erster Linie bei den Teilnehmer_innen selbst, auf Comicmessen oder über ihre Websiten (z.B. als Crowdfunding-Belohnung, Verkaufsartikel, Lesezeichen zum Buch etc.).
Bei den Online-Shops Kwimbi und Freibeutershop.
Zu Comicmessen, auf denen Comic Solidarity einen Stand hat.

Teilnehmende Kreative der Editionen 1 und 2:
Abe Raham, Adrian vom Baur, Adroth Rian & Shin Janus (Karrakula), Aerozopher, Anna Kontogiorgas (nihidea), Arne Schulenberg, Asja Wiegand, Caro Podeswa, Christian Effenberger, Christopher Tauber, Comic Cabin, David Füleki, Désirée Kunstmann, Diana Kennedy, Dimitar Stoykow, Dominik Wendland, Eve Jay, Gabriel deVue, Genji Otori, Giske Großlaub, Hannes Radke, Haiko Hörnig & Marius Pawlitza (Pengboom Society), Hammel & Dörp, Heinz Olaf Klöppel, Helen Aerni, Ines Kort, Jan Bintakies, Janika Kefel (Amandola), Johanna Baumann, Kathi Neto, Katrin Felder, Kami, Kilian Wilde und Felix Schittig, KNIGHT+JAY, Lea Wegner, Linda Bunge (Leader Brat), Lisa Rau, Lydia Heymach (Sushi), Maja Verfondern, Marcel Hugenschütt, Mark Fehse (Cross Cult), Max Hillerzeder, Max Vähling (Dreadful Gate Productions), Michael Tewiele, Moritz von Wolzogen, Nicole Klein (Eri Nys), Nigunegu, Olivia Vieweg, pushcart, Said Omar Eshaq, Sarah Burrini, Sebastian Kempke & Dirk M. Jürgens (Studio Buddelfisch), Timo Müller-Wegner & Stew Wegner (illustrie), Timo Thees, Vanessa Drossel (Studio Buddelfisch), Viktoria Underrader, vinny-vieh, Vivian Mittag (KaBOOM!)

Die nächsten Messetermine mit Comic Solidarity:
Termine werden auf Facebook, Twitter und www.comicsolidarity.de. bekannt gegeben.

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