Bildrechte — keine unlösbare Geschichte

Stämpfli Kommunikation
Stämpfli Kommunikation
3 min readOct 31, 2019

Hans Roth, Herausgeber Stämpfli Verlag

Wer kennt diese Situation nicht? Die geliebte Schwiegermutter, eine bekennende Baumliebhaberin und Radlerin, feiert in Kürze einen runden Geburtstag und für das grosse Fest sollte noch jemand eine Einladungskarte kreieren. Dafür gibt es natürlich verschiedene Möglichkeiten. Nicht die wenigsten bedienen sich für ein solches Vorhaben bei einem der gängigen Internet-Suchdienste auf der Suche nach einem passenden Motiv.

Anders die kleine Tourismusgesellschaft einer abgelegenen Region, welche mit ihrem vierteljährlich erscheinenden Werbemagazin möglichst viele Tagestouristen hinlocken möchte. Für dieses eine Foto, welches die Redaktion für die Titelseite noch benötigt, schicken sie die Lehrtochter mit einer Digitalkamera in die Umgebung, um möglichst rasch und günstig an Werbeaufnahmen zu gelangen. Auf die Schnelle hat sie ein wunderschönes Motiv mit einem Baum und vorbeiradelnden Velofahrern fotografiert.

Und dann ist noch Thomas, ein sehr aktiver Influencer auf den verschiedensten Social-Media-Kanälen. Für sein Facebook-Profil benötigt er noch ein ansehbares Titelbild und findet tatsächlich eines auf Facebook. Auf einem Profil bei einer kleinen Tourismusgesellschaft findet er ein schönes Bild von einem Baum und Velofahrern, lädt es herunter und nutzt es so für sich.

Bilderfalle
Was haben diese drei kleinen Geschichten gemeinsam? In allen drei Fällen sind die jeweiligen Personen in die Fotofalle der Bildrechte getappt. In jeder kleinen Story handelt es sich um das eine und selbe Bild, welches sich unwissentlich verbreitet hat. Der Anfang des Übels begann beim Fotografieren des Baumes mit den zufällig involvierten Radfahrern. Diese wurden für das Ablichten nämlich nicht angefragt und sehen sich plötzlich auf der Titelseite eines regionalen Werbemagazins wieder. Dabei wurden ganz offensichtlich Persönlichkeitsrechte verletzt. Das Recht am eigenen Bild ist in der Schweizer Bundesverfassung verankert und gilt für alle.

©Hans Roth

WWW und Social Media
Im heutigen privaten, wie auch beruflichen Alltag sind die Social-Media-Kanäle nicht mehr wegzudenken. Von den weltweit 7,7 Milliarden Menschen auf der Erde gibt es rund 3,499 Milliarden aktive Social-Media-Nutzer. Schon allein auf Instagram werden jeden Tag über 95 Millionen Fotos hochgeladen. Dennoch gibt es auch heute noch Personen, die sich nicht im Internet sehen möchten. Die Titelseite in unserem Beispiel gefiel den Machern dermassen gut, dass sie für die Bewerbung ihres neuen Magazins dieses Bild auf Facebook veröffentlichten. Plötzlich sind die beiden Velofahrer für rund 2,375 Milliarden Facebook-Nutzer sichtbar. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts nimmt nun immense Dimensionen an. Dass am Schluss Thomas dieses Bild für sich als Titelbild auf seinem Facebook-Profil in Anspruch nahm, wurde zusätzlich das Urheberrecht verletzt.

Gibt man bei Google die Suchbegriffe «Baum Fahrrad» ein, kriegt der Suchende in 0,28 Sekunden über 10 Millionen Ergebnisse. Dank einem guten Keywording — das hat unsere kleine Tourismusgesellschaft im Eingangsbeispiel wiederum gut gemacht — konnte das Bild für die Einladungskarte sofort gefunden und verwendet werden. Das Internet hat sich mittlerweile zu einem grossen Bedienfeld gewandelt, dabei wissen die wenigsten, dass diese Bilder in den allermeisten Fällen urheberrechtlich geschützt sind.

Bildrecht
Bei Bildern kommen jeweils nicht nur die Urheberrechte, also die Rechte des Fotografens, zum Tragen. Es führt weiter zur abgebildeten Person (Persönlichkeitsrecht) und auch zur Lokalität, wo das Bild aufgenommen wurde (Inhaltliche Rechte). Zusätzlich kommen noch die Eigentumsrechte des Bilds hinzu.

Für die Verwendung von Bildern muss man aber keine Angst haben, sondern eine Strategie, wie man als Produzent zu Bildwerken kommt. Einfache Varianten sind sogenannte Stockbilder. Die professionell fotografierten Bilder werden entweder verkauft oder lizensiert und können vom jeweiligen Käufer oder Lizenznehmer genutzt werden. Auch da gilt es mit Vorsicht zu arbeiten, denn es gibt gewisse Einschränkungen, welche in den jeweiligen AGB ersichtlich sind.

Die sicherste Variante ist immer noch die werbewirksamste. Man fertigt eigene Werbebilder her mit abgeklärtem Rechten: darf ich hier fotografieren? Sind die abzubildenden Personen damit einverstanden? Wer hat welches Recht zur Veröffentlichung des Bildes? So hat man zwar höhere Kosten für das Bild, erhält jedoch im Gegenzug eine einmalige Aufnahme ohne Rechtsverletzungen.

Anm.: Die Geschichten sind frei erfunden und nur symbolisch. Die Daten über Social Media stammen von https://www.brandwatch.com/de/blog/interessante-social-media-zahlen-und-statistiken/.

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