Das Problem mit Deinem Vater (Teil 1)

Die schockierende Wahrheit

Steffen Schulz
Steffen Schulz
6 min readApr 30, 2020

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Dreißig von einhundert Männer, haben sich ihrem Vater entfremdet. Sie sprechen kaum mit ihm und verschwenden keine Zeit ihn zu sehen. Weitere dreißig Prozent der Männer sehen ihren Vater zu Geburtstagen, im Urlaub oder auf Familientreffen. Sie kommen zurecht, aber etwas fühlt sich falsch an. Dann gibt eine dritte Kategorie, wieder 30 Prozent. Dies sind die braven Männer. Sie besuchen ihre Eltern regelmäßig und rufen sie einmal pro Woche an. Aber, sie tun das, weil sie sich dazu verpflichtet fühlen.

Photo by Nik Shuliahin on Unsplash

So traurig sieht es aus: Neunzig Prozent der Männer haben eine schlechte Beziehung zu ihrem Vater. Keine Ahnung was schockierender ist, die Situation oder dass sie als normal empfunden wird.

Aber da sind noch die restlichen 10 Prozent. Diese Männer haben wundervolle Väter. Besser als Freunde, sind diese Väter ein emotionaler Rückhalt für ihre erwachsenen Söhne; Männer, die sie bewundern und von denen sie sich großzügig unterstützt fühlen. Die ihnen nahe stehen, bis zum Tod. Diese kleine Gruppe von Männern, leben ihr Leben mit dem seligen Gefühl geliebt zu werden und dem Wissen der Grund für den Stolz ihres Vaters zu sein. Es sind nur wenige, aber es gibt sie. Die Glücklichen.

Stellen wir uns einmal vor, wie wohl die Welt wäre, wenn wir alle, Männer und Frauen, zu den Glücklichen gehören würden!

Wie steht es um dich?

Wie stehst du zu deinem Vater und allgemein zu älteren Männern? Dies ist eine sehr wichtige Frage — deine Fähigkeit glücklich zu sein, hängt von ihrer Antwort ab. Männlichkeit ist kein Lebensalter, das du erreichst, es geht mehr um Weisheiten und Fähigkeiten, die wir erlernen und dann nach unten weitergeben. Wenn wir keine Verbindung zur maskulinen älteren Generation aufbauen können, wird unsere Männlichkeit vielleicht niemals erblühen und wachsen. Tausende von Jahren maskuliner Weisheiten werden uns verborgen bleiben. Ob gut oder schlecht — unser Vater ist der wichtigste Kanal dieser Weisheiten.

Klar helfen uns alle dabei ein Mann zu werden, unsere Onkel, Opas, Lehrer Bücher, Filme, Freunde oder auch unsere Mütter und andere Frauen, aber unser Vater ist die wichtigste Person. Unsere Männlichkeit hängt von ihm ab, bewusst oder unbewusst und ob es uns gefällt oder nicht. Er war der erste Mann, den wir kennengelernt und uns zum Vorbild genommen haben. War er nicht da, tot oder hat uns ignoriert, dann ist das eine Erfahrung, die uns ausmacht — eine Wunde, die wir heilen müssen.

Die meisten von uns Männern merken irgendwann, dass sie Ihrem Vater ähneln. Das Verhalten, die Angewohnheiten und die Art zu reden, sind ein Teil von ihm, der in uns schlummert und jeder Zeit erwachen kann. Führen wir in unserem Kopf Krieg mit unserem Vater, sind wir wahrscheinlich auch im Krieg mit der Männlichkeit selbst. Wenn wir uns von unserem Vater nicht geliebt und respektiert fühlen, ist es kaum möglich uns selbst zu respektieren. Sollten wir ihn hassen, ist es kein Wunder, wenn wir uns selbst ebenfalls hassen. Wir können diese Dinge heilen, aber erst müssen wir sie ausgraben und den Sand abklopfen. Diese Aufgabe können wir nicht umgehen oder verleugnen. Es ist fast unmöglich, ein vollkommener und glücklicher Mann zu werden, wenn die Vater-Wunde immer noch blutet.

Eine Wunde die Heilung braucht

Sollte unser Vater uns, an einem Punkt unserer Jugend, nicht gegeben haben was wir brauchten, ist es sehr wahrscheinlich, dass unsere Entwicklung darunter litt. Manche bleiben sogar komplett stehen und können sich nicht weiterentwickeln, bis diese Wunde geheilt ist und sie endlich erwachsen werden können. Es ist wichtig herauszufinden, ob diese Situation auf uns zutrifft. Wenn es so sein sollte, müssen wir entscheiden ihn zu konfrontieren oder uns Hilfe zu suchen.

Photo by Ashley Batz on Unsplash

Bei vielen Männern ist der Vater verstorben oder hat die Mutter verlassen und kam niemals wieder. Es gibt sogar Fälle, in denen der Vater Selbstmord begangen hat, meist wenn die betroffenen noch kleine Jungs waren. Solche Erfahrungen hinterlassen tiefe Wunden. Besonders deshalb, weil ein Kind sich immer Fragt, „Was habe ich getan, dass ihn weggetrieben hat?“ oder „Was stimmt nicht mit mir?“ Die meisten Männer unterdrücken diesen Schmerz mit harter Arbeit oder sie leugnen die Wahrheit. Dafür Leben sie an der Grenze zu Kummer und Wut.

Manche Männer aber, nehmen ihr Schicksal in die Hand, machen sich auf die Reise und folgen den Spuren ihres Vaters. Sie sprechen mit Freunden und Verwandten über ihn und erfahren wie er war. Andere machen sich wirklich auf eine physische Reise und fahren durchs Land. Viele große Männer haben das getan, ohne diese Erfahrung wären sie vielleicht nie groß geworden. Barack Obama zum Beispiel, ist ebenfalls ohne seinen Vater aufgewachsen. Er hat ein Buch über seine Reise geschrieben: „Ein amerikanischer Traum: Die Geschichte meiner Familie“.

Auf ihren Reisen durchleben diese Männer innere Veränderungen — ihr Bild ihres Vaters entsteht oder festigt sich und meist können sie ihre Familie endlich aus der Verantwortung entlassen. Plötzlich verstehen sie, warum ihr Leben genau so verlaufen ist und das Puzzle zusammenfügen.

Manche von uns haben es leichter, denn ihr Vater lebt noch. Sie können die Geheimnisse also mit einer richtigen Person lüften. Robert Bly erzählt eine Geschichte von einem Mann, der Versucht die Lücke zwischen ihm und seinem Vater zu schließen. Nach vielen Jahren, mit wenig Kontakt, ruft er ihn an …

„Hallo Papa, ich bin’s.“
„Oh, hallo! Ich hol’ deine Mutter ans Telefon …“
„Nein, brauchst du nicht. Ich wollte dich sprechen …“
Kurze Zeit sagt keiner etwas.
„Warum? Brauchst du Geld?“
„Nein, ich brauch’ kein Geld.“
Und der Sohn fängt an seine leicht einstudierte Rede zu halten …
„Ich denke im Moment viel nach, über dich und die Dinge die du für mich getan hast. Die vielen Jahre Arbeit, mit dem Job den du nicht mochtest, nur um mein Studium zu bezahlen und uns zu unterstützen. Du hast für das Haus, das Essen und unsere Klamotten gesorgt. Du hast mir die Wahl gelassen, was ich studieren und als was ich später werden will. Mein Leben läuft super und das, weil du mir beim Start geholfen hast. Darüber hab ich nachgedacht und mir ist aufgefallen, dass ich nicht wirklich„Danke“gesagt habe …“
Dann ist wieder kurz Stille und der Sohn fährt fort.
„Ich will dir „Danke sagen und das ich dich liebe.“
DerVater sagt eine Weile nichts, bevor er antwortet.
„Hast du getrunken?“

Als ich diese Geschichte zum ersten Mal gelesenen habe, musste ich lachen und gleichzeitig bekam ich glasige Augen. So ergeht es vielen von uns, wenn wir diese Geschichte hören.

Warum wir Respekt falsch verstehen

Mit dem Vater ins Reine kommen ist wichtig, besonders wenn wir selbst Vater sind und ganz besonders, wenn wir eine Führungsrolle besitzen. Du wirst nie Respekt bekommen, wenn du nicht gleichzeitig Respekt gibst. Heutzutage ist Autorität zu einem negativen Begriff geworden. Kein Wunder, denn von den Führern in Politik und Wirtschaft belogen zu werden, ist mittlerweile etwas Normales. Aber in unserem Privatleben brauchen wir Menschen, die wir respektieren können.

Photo by Cristina Gottardi on Unsplash

Leider fängt alles damit an, dass wir „Respekt“ falsch verstehen. Respekt muss sich der Empfänger nicht als eine Art Belohnung verdienen. Wir respektieren nicht für sie, sondern für uns; denn nur wenn wir jemanden respektieren, sind wir empfänglich für das, was er uns gibt. Respektlosigkeit ist also Blindheit. Nicht jeder verdient unseren Respekt, aber es gibt in jedem etwas zu respektieren.

Wenn wir noch Kinder sind, sind Menschen für uns entweder gut oder schlecht. So schützen wir uns in dieser Zeit, in der wir klein und schwach sind. Mit dem älter werden, lernen wir, dass Menschen gut und schlecht sein können oder gut mit schlechten Seiten. Wir lernen also sie zum Teil zu respektieren. Besitzen wir aber überhaupt keine Bewunderung für andere, weißt das auf unsere schweren Wunden hin. Sobald wir diese Wunden heilen, werden wir empfänglicher für Gutes.

Wenn du erfahren möchtest, wie du deine Wunden heilen kannst, indem du mit deinem Vater ins Reine kommst, ließ den zweiten Teil. Du findest ihn hier: Das Problem mit Deinem Vater (Teil 2)

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Steffen Schulz
Steffen Schulz

Nutze die Macht deines Unterbewusstseins, um persönlich zu wachsen und innere Ruhe zu finden.