Das Problem mit Deinem Vater (Teil 2)

Worauf Väter warten

Steffen Schulz
Steffen Schulz
4 min readApr 30, 2020

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Jeder Vater, wartet sein Leben lang darauf, zu erfahren, ob seine Kinder ihn lieben. Mach dir das klar. Er wartet sein ganzes Leben darauf. Das ist eine enorme Kraft, die du besitzt. Klar, Eltern können das Selbstvertrauen ihrer Kinder zerstören, jeder weiß das. Was aber nur wenige wissen ist, dass die Kinder dieselbe Kraft besitzen.

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Wir haben eine Verantwortung zu erledigen. Wir müssen mit unserem Vater sprechen und ihm die Dinge sagen, die falsch gelaufen sind und die Dinge die wir schätzen. Nur so können wir aufhören uns vorzumachen, alles würde gut sein, obwohl es nicht der Fall ist. Es ist die einzige Möglichkeit wirklichen Kontakt aufzubauen.

Es mag unglaublich schwer für uns sein und es mag uns so vorkommen, als würden wir alles nur schlimmer damit machen. Konfrontieren wir ihn nicht, wird er eines Tages sterben und dabei den Schmerz hinterlassen und ein Teil von uns wird ebenfalls sterben. „Ich liebe dich“ ist leicht gesagt, es ist ebenfalls wichtig den richtigen Moment zu erschaffen, um es zu sagen. Das kann nur in einer Aussprache in tiefster Wahrheit geschehen. Viel wichtiger als die Worte, ist das Gefühl angekommen zu sein und die friedliche, authentische Nähe zu spüren.

Eine Anleitung wie man mit seinem Vater ins Reine kommt

Wir Männern drücken uns meist davon mit unserem Vater zu diskutieren. Wir haben Angst einen Riesen Streit zu provozieren und alles schlimmer zu machen. Wir reden uns ein, er wäre zu alt um sich zu ändern oder dass es besser wäre, manche Dinge ruhen zu lassen. Tatsächlich haben auch unsere Väter Angst, wir Söhne würden sie eines Tages mit unseren Beschuldigungen und Kritiken konfrontieren. Gehen wir also davon aus, dass auch sie eine gute Lösung finden wollen.

Hier ist die Anleitung:

  1. Bleibe aufgeschlossen. Nimm die Waffen runter und leg deine „rechtfertige Dich“ Haltung ab.
  2. Rede allein mit ihm. Du musst mit ihm reden, wenn deine Mutter nicht in der Nähe ist, nur so kann er wirklich offen sein. Begib dich mit ihm an einen Ort, an dem er ganz er selbst sein kann.
  3. Mach dir ein paar Gedanken um die richtige Umgebung. Ein Café funktioniert nicht. Arrangiere einen ruhigen Ort, abseits von Zuschauen. Es könnten Tränen fließen und eventuell wird es auch mal laut.
  4. Lass dem Prozess genügend Zeit. Wenn du das Gefühl hast, es könnte schwer werden einen Anfang zu finden, nimm dir Zeit. Am besten fahrt ihr weg, geht Zelten, Angeln oder verbringt ein paar Tage miteinander. Gut eignet sich auch ein Konzert oder eine Veranstaltung, für die ihr euch beide interessiert und ein wenig fahren müsst.
  5. Sei verständnisvoll. Frage ihn nach der ganzen wahren Geschichte seines Lebens. Frag ihn, wie es für ihn war als du geboren wurdest und als du klein warst. Frage ihn nach seiner Arbeit, seinem Leben und den Entscheidungen die er getroffen hat. Du darfst aber keine Pläne haben, außer zu verstehen, wie er war und warum er so war. Dein Vater wird misstrauisch sein, bleib offen oder du wirst nicht die ganze Wahrheit erfahren.
  6. Bereite dich darauf vor, deine Version zu erzählen. Sag ihm, wie du alles empfunden hast, aber ohne vorwurfsvoll zu sein oder ihn zu attackieren. Seine Wahrheit wird etwas anderes sein als deine Empfindungen als Kind.

Manche Väter werden die Situation komplett vermeiden wollen und den Raum verlassen. Es gibt sogar Männer, die solche Situationen, mit Fäusten gelöst haben. Das ist nicht zu empfehlen. Erinnere dich, warum du hier bist. Dein Ziel ist es die Barrikaden zum Fallen zu bringen, nicht deinen Vater.

Kinder wissen oft nicht was los ist und wir als Eltern sind uns unsicher, wann wir sie involvieren sollen und wann nicht. Am Ende kommen sie zur Überzeugung, dass wir sie nicht mögen und gehalten diese ihr Leben lang.
Das sind die wichtigen Dinge, die wir aufklären müssen, wenn wir mit unserem Vater sprechen. Meist ergibt sich plötzlich alles von allein. Eines der wichtigsten Dinge ist es „Danke“ zu sagen. Es gibt wahrscheinlich viele Kindheitserinnerungen, die schön für uns waren. Von diesen müssen wir unserem Vater erzählen, er hat wahrscheinlich keine Ahnung, dass er das ein oder andere Mal alles richtig gemacht hat.

Manche Familien tun auch so als wäre immer alles perfekt gelaufen. Das stimmt natürlich nicht, denn es gibt immer Fehler, überall. So eine Sichtweise kann hohe Barrikaden erzeugen und Misstrauen. Es ist also in Ordnung, wenn wir unserem Vater sagen was wir gehasst haben und wovor wir angst hatten; oder auch wie einsam und traurig wir waren, weil uns die Zuneigung und Wärme fehlte. Vielleicht argumentiert unser Vater zurück und kritisiert uns nochmal komplett. Trotzdem sollten wir nicht aufgeben — wir sind jetzt keine Kinder mehr. Jetzt können wir fragen, warum und alle Gründe erfahren. Am Ende erhalten wir vielleicht eine Entschuldigung, eine andere Sichtweise oder Vergebung. Niemand kann sagen was passiert. Lassen wir uns überraschen.

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Die moderne Psychologie lehrt uns, dass es nicht genug ist, einfach zu vergeben und zu vergessen. Wir müssen die „Arbeiten“ erledigen die wir angefangen haben und die Dinge aufarbeiten und abschließen die uns beschäftigen. Unsere Väter mögen jetzt alt sein und damals eine schwere Zeit gehabt haben, trotzdem müssen wir sie mit der Wahrheit konfrontieren, um selbst die Wahrheit zu finden. Tun wir das nicht und tun so als wäre alles in Ordnung, betrügen wir uns selbst. Tief in uns drinnen, wissen wir das und unser Vater weiß es auch. Manchmal ist es unsere Aufgabe als Sohn unserem Vater aufwachsen zu helfen und nicht mehr umgekehrt. Machen wir uns also an die Arbeit.

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Steffen Schulz
Steffen Schulz

Nutze die Macht deines Unterbewusstseins, um persönlich zu wachsen und innere Ruhe zu finden.