Der Fahrradhelm: Wer schön sein will, muss blechen

Michael Thewanger
STEIERMARK RADMOBIL

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Verschiedenste Studien zeigen, dass bei Menschen, die einen Helm beim Radfahren aufsetzten, das Risiko von Schädelverletzungen stark sinkt. Getragen wird er trotzdem nur von den Wenigsten. Der Helm leidet unter einem Image-Problem: Er ist schlicht und einfach uncool.

Sieht man sich in den Straßen von Graz um, so kommt man direkt zur Erkenntnis: Radfahrer gibt es viele in der Stadt, Radfahrer mit Helm, eher weniger. Ein eigentlich merkwürdiges Bild, da verschiedenste Untersuchungen bereits mehrmals aufgezeigt haben, dass das Risiko für schwere Kopfverletzungen mit aufgesetztem Helm stark sinkt. Eine 2015 durchgeführte Studie von amerikanischen Forschern der Universität Arizona zeigt deutlich auf, was ein Helm alles bringen kann. Sie untersuchten die Daten von mehr als 6200 Menschen, die nach einem Fahrradunfall ein Gehirntrauma davontrugen. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit eines schweren Hirntraumas bei Menschen mit aufgesetztem Fahrradhelm um 58% geringer ist, als bei Menschen, die ohne Helm in einen Unfall verwickelt sind.

Helmpflicht bringt’s nicht

Trotz solcher Zahlen ist die Helmtragemoral der ÖsterreicherInnen nicht die Größte. Eine im Jahr 2015 in Wien durchgeführte Studie vom ÖAMTC zeigt, dass nur rund ein Drittel der erwachsenen Radfahrer einen Helm trägt. Eine allgemeine Helmpflicht für alle Radfahrer ist trotzdem nicht die Lösung. Denn wie eine zwar schon etwas ältere Studie (1991) aus Australien zeigt, ist die Radnutzung in Städten nach einer Einführung der Helmpflicht um 20–40 Prozent gesunken. Das hat zur Folge, dass der positive gesundheitliche Effekt für die Gesellschaft zurückgeht. Der staatliche Zwang bringt also keinen Erfolg, die Menschen müssen von sich aus, einen Helm aufsetzen. Doch wie bringt man Menschen dazu, etwas zu tragen, dass von der Mehrheit eher belächelt wird? „Das weiß ich selbst leider auch nicht so genau. Aber ganz ehrlich gesagt, mir ist es absolut egal ob jemand meinen Helm uncool findet, meine Sicherheit ist mir da definitiv wichtiger.“, meint die 34-jährige Einzelhandelskauffrau Rebecca M.

Eine Frage der Coolness

Ein Thema, welches sehr häufig in den Internetforen diskutiert und aufgebracht wird, ist das uncoole Image des Fahrradhelms. Besonders unter Jugendlichen, gelten Helmträger als Fahranfänger und Feiglinge. Zwar gibt es in Österreich eine Pflicht für Kinder bis zum Alter von 12 Jahren einen Helm zu tragen, danach wird er aber meist abgelegt und nie wieder aufgesetzt. Aber nicht nur junge Menschen sehen den Helm als nervenden Punkt im Radalltag. Es gibt genug Erwachsene die keinen Helm aufsetzen, weil ihnen die Eitelkeit einen Strich durch die Rechnung macht. Viele wollen nicht mit einer zerzausten Frisur in die Arbeit kommen oder sich mit verwuschelten Haaren in die Vorlesung setzen. Dieser Meinung ist auch Lukas O., 21-jähriger Student aus Graz: „Ich bin mir ja bewusst, dass ein Helm viel Sicherheit mit sich bringt. Das weiß glaub ich eh jeder. Trotzdem setzte ich nur ganz selten einen auf. Ehrlich gesagt meistens deshalb, weil ich darunter schwitze und meine Haare irgendwie aussehen, wenn ich ihn wieder abnehme.“

Lukas O. ist kein Fan von Fahrradhelmen

Ein Helm um den Hals?

Eine mögliche Abhilfe für dieses Problem, kommt aus Schweden. Zwei Studentinnen der Universität Lund hatten bereits 2005 die Idee für einen „unsichtbaren“ Helm. Hövding nennt sich dieser, und wird anders als ein gewöhnlicher Fahrradhelm, um den Hals gelegt. Somit gehören zerstörte Frisuren der Vergangenheit an. Dabei funktioniert dieser innovative Helm ähnlich wie ein Airbag. Die im Helm verbauten Sensoren reagieren bei einem Unfall und lösen so ein Luftpolster aus, der sich innerhalb von einer 0,1 Sekunden um den Kopf legt. Weiteres Plus: Es gibt sogar verschieden Farben und Muster, man kann den Hövding also auch seinem Outfit anpassen. Mehr Style geht nicht. Einzig der Preis, der mit 399€ wahrlich nicht günstig ist, dürfte Käufer abschrecken. Aber Schönheit hat ja bekanntlich ihren Preis.

Weiter, mehr oder wenige attraktive, Alternativen zum Standard-Fahrradhelm gibt’s beim Hamburger Stadtmagazin FINK zu bestaunen. Ob da, abgesehen vom Hövding, eine Lösung für die Frisurfetischistenfraktion dabei ist, muss aber jeder und jede für sich selbst entscheiden.

Ein Zwiespalt

Es ist also gar nicht so einfach die Faktoren Geld, Sicherheit und Ästhetik in einem annehmbaren Kompromiss zu vereinen. Wer nicht knapp 400€ für einen Helm ausgeben will und trotzdem nicht auf die perfekt sitzende Frisur verzichten will, hat es nicht leicht. Hoffnung aber gibt es: Es werden immer mehr Alternativen zum klassischen Helm-Modell entwickelt, der Großteil davon mit gleichem, wenn nicht sogar größerem Schutzfaktor. Sollte dann dennoch nichts für einen dabei sein, wäre es vermutlich die einfachste und mit Sicherheit auch günstigste Lösung die eigene Eitelkeit in den Hintergrund zu stellen und sich einen „normalen“ Helm zu besorgen. Der Kopf wird es einem Danken.

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