Wie bitte, ein Fahrrad-Highway?

Lange Zeit wurde an einem Rad-Verkehrskonzept für die Grazer Innenstadt gearbeitet. Nun ist das Projekt vorerst fertig. Die Meinung der betroffenen Anrainer wurde bisher jedoch nicht berücksichtigt, obwohl diese viel zu sagen hätten.

Anja Wilawitzer
STEIERMARK RADMOBIL
4 min readJan 27, 2019

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Von Emma Kleiß und Anja Wilawitzer

Beim Fahrrad-Highway handelt es sich um ein Projekt, das von der TU Graz initiiert wurde. Es beinhaltet einen breiten Radstreifen, der direkt von der Mandellstraße bis zur Petersgasse führen soll. Dafür würde die Mandellstraße allerdings für den KFZ-Verkehr zu einer Einbahnstraße stadtauswärts umgewandelt werden. Eine direkte Fahrradverbindung zwischen Wohngebiet und Stadt oder auch eine verringerte Lärmbelästigung bezeichneten Mitwirkende als Vorteile.

Da es sich beim Fahrrad-Highway zusätzlich um eine Verbindung der drei TU-Bereiche handelt, wurde das Vorhaben schon öfters als „Studenten-Highway“ kritisiert. Laut DI Gerhard Kelz, dem Vertreter des Projektträger der TU Graz, handle es sich trotzdem um einen „Radweg für alle“. Doch wie sich herausstellt, haben die betroffenen Anrainer bisher keine Informationen über das Projekt erhalten.

Anrainerin Elisabeth Kenda fährt tagtäglich mit dem Rad in die Innenstadt. — Foto: Emma Kleiß

„Was ich bis jetzt weiß, weiß ich vom Internet. Meine Nachbarn wissen noch weniger als ich“, erzählt Elisabeth Kenda, die bereits seit 27 Jahren in der Mandellstraße wohnt und sich selbst als „Viel-Radfahrerin“ bezeichnet. Niemand hat die unmittelbar Betroffenen, die Anrainer in der Mandellstraße, bisher direkt informiert oder zu ihren Meinungen befragt. In ihrem Wohnhaus gäbe es durchaus einige Leute, die sich über die Problematik Gedanken machen und auch gerne mitdiskutieren würden, wären sie zu den Gesprächen eingeladen worden. Auch Elisabeth Kenda ist nicht mit allem einverstanden.

Problem 1: Die Parkplatzsituation

Wenn Elisabeth Kenda nach sieben Uhr abends mit dem Auto nach Hause in die Grazer Innenstadt kommt, kann die Parkplatzsuche oft Stunden dauern. „Da bekomme ich bis 11 Uhr sicher keinen Parkplatz und kann im Kreis fahren“, sagt die Anrainerin zur aktuellen Parkplatzsituation vor ihrer Haustüre. Täglich versucht sie auf das Auto zu verzichten und mit dem Rad zu fahren. Aber wenn sie auswärts einen Termin hat oder etwas transportieren muss, helfen weder Rad, noch öffentliche Verkehrsmittel, meint Elisabeth Kenda.

Falls das Verkehrskonzept der TU Graz wie geplant im Herbst 2019 umgesetzt wird, müssten 90 Parkplätze für den Bau des Fahrrad-Highway zur Gänze gestrichen werden. Mögliche Alternativen, wie etwa eigene Anrainer Parkplätze in der Mandellstraße oder eine Parkgarage in der näheren Umgebung sind dafür vorerst (noch) nicht geplant. Für die Bewohner und Bewohnerinnen würde sich die Situation dadurch nur noch mehr verschlechtern. „Das ist wirklich ein Problem. Ich lade auch gerne einmal jemanden ein, mit mir um sieben Uhr am Abend im Auto zu sitzen und zu versuchen einen Parkplatz zu bekommen.“

Problem 2: Verlagerung des (stehenden) Verkehrs

Wäre das Problem des Parkplatz-Mangels einmal überwunden, stellen parkende PKWs die nächste Hürde dar. Durch den Fahrrad-Highway ändert sich nämlich an der Straßenbreite an und für sich nichts. „Die Autos, die nicht richtig eingeparkt sind, behindern den fließenden Verkehr, weil man an ihnen einfach nicht vorbeikommt. Schon gar nicht, wenn einem LKWs entgegenkommen“, erklärt die Grazerin.

In der Mandellstraße könnte ein Fahrstreifen bald den Fahrrädern gehören. — Foto: Anja Wilawitzer

Außerdem würde sich der KFZ-Verkehr von der Mandellstraße durch die Einbahn-Regelung teils in die Münzgrabenstraße und in die Plüddemanngasse verlagern. Doch auch dort gäbe es ohnehin regelmäßig Staus, da insbesondere der Dietrichsteinplatz bei Stoßzeiten lange Wartezeiten verursacht. Eine Verlagerung führe dementsprechend zu einem „Chaos ohne Ende“. Dabei käme auch der Umwelt-Aspekt zu kurz, da eine derartige Behinderung des Verkehrsflusses die Luft umso mehr belasten würde.

Problem 3: Geschwindigkeit der Autos

Die Mandellstraße ist aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens tatsächlich nicht ideal zum Radfahren geeignet. Es gibt dort keinen expliziten Radweg und die Autos fahren oft mit einem viel zu hohen Tempo an den Radfahrern und Radfahrerinnen vorbei. „Ich kann nur empfehlen in den Nebenstraßen zu fahren. Man muss ja nicht zwingend die Hauptstraße nehmen“, rät die passionierte Radfahrerin.

Eine 30er-Beschränkung wäre ihrer Meinung nach beispielsweise eine sinnvollere Alternative für den geplanten Fahrrad-Highway. Die Geschwindigkeitsbeschränkung könnte nämlich genau jene gefährlichen Überholmanöver verhindern, denen die Radfahrerinnen und Radfahrer regelmäßig ausgesetzt sind.

“Eine Lösung ist schwierig”

Für Elisabeth Kenda steht fest: Die Grundidee des Fahrrad-Highways ist gut gemeint. Doch um den Schwierigkeiten langfristig entgegenzuwirken, wäre ein Konzept für ganz Graz wichtig. „Es kann nicht nur für fünf Straßen eine Lösung geben und der Rest quillt über. Es muss eine Gesamtlösung sein“, betont sie immer wieder. In der Realität seien Autos von einer so wichtigen Hauptstraße nicht wegzudenken. Auch die Meinung der Betroffenen könne man nicht einfach ausblenden, findet die Grazerin.

“Ich sehe halt auch die Seite vom Anrainer — und damit haben sich die Ideengeber vielleicht noch nicht beschäftigt.”

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