Tom Fröis, ein Smart Textile Gründer

Johannes Moser
Steinbock
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4 min readDec 6, 2017

Es passiert nicht oft, dass Vorarlberger für große Preise im Osten des Landes nominiert werden. Noch seltener passiert es, dass diese dann auch die Preise gewinnen. Das Startup Texible, das Tom Fröis mitgegründet hat, hat aber genau das mit dem Futurezone Award geschafft und das, richtig, mit einem Smart Textile Produkt. Texible stellt eine Betteinlage her, die Nässe erkennen kann und so in der Pflege eingesetzt werden kann. Wir haben mit ihm über Smart Textiles, das Gründen und Steinbock geredet.

Tom Fröis grinst schelmisch. (Quelle: https://www.instagram.com/texible/)

Hi Tom, im Moment bist du ja Mr. Smart Textiles hier in Vorarlberg. In diesem Thema ist Vorarlberg sowieso ganz vorne mit dabei. Trotzdem können sich viele Menschen unter dem Thema vermutlich nicht viel vorstellen. Was sind denn Smart Textiles?

Hallo Johannes, danke für die Lorbeeren aber ich würde mich nicht als Mr. Smart Textiles bezeichnen, da gibt es ein paar Leute die machen das schon wesentlich Länger hier in Vorarlberg.
Smart Textiles werden auch oft intelligente Textilien oder Funktionstextilien genannt. Egal wie man diese auch nennt, den letzten Begriff finde ich am treffendsten, denn es läuft darauf hinaus Funktionalität in den Stoff zu bekommen. Eine solche Funktionen kann beispielsweise die Erzeugung von Wärme sein, wie es die Heiztextilien der Firma Lenz aus Schwarzach machen. Ein weiteres sehr bekanntes Beispiel ist das Projekt Jacquard der zwei Giganten Google und Levis, welche textile Gestensteuerung in eine Jacke integrieren. Von Leuchttextilien bis hin zur Druckmessung sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, was die Funktionalität angeht.

Die Texible Kits (Quelle: https://www.instagram.com/texible/)

Vorarlberg hat in der Textilbranche eine lange Tradition. Warum ist die Region so stark wenn es um Smart Textiles geht? Warum hat sich hier so ein Cluster gebildet?

Es gibt sicher viele Gründe warum unsere Region eine Vorreiterrolle im Smart Textiles Bereich hat. Ein Grund ist bestimmt das Vorhandensein der gesamten Textilen Wertschöpfungskette auf engstem Raum. Die Entwicklung von Smart Textiles benötigt die Zusammenarbeit vom Garnhersteller bis zum Textilveredler. Aber auch andere Branchen wie Elektronik und Kunststoff müssen integriert werden. Ein weiterer Grund ist bestimmt auch die enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft. Wir haben im Ländle das Forschungsinstitut für Textilchemie und Textilphysik, das Textile Competence Center und die V-Trion als spitzen Forschungseinrichtungen im Smart Textiles Bereich. Zu guter Letzt ist das Sprichwort “Not macht erfinderisch” sicher auch treffend, da eine Neuausrichtung für viele Textilunternehmen eine erfolgversprechende Perspektive für die Zukunft ist.

Wie wird man den so ein professioneller Smart Textiler? Wie bist Du zu dem Thema gekommen?

Ich bin als Quereinsteiger von der Elektrotechnik gekommen und verstehe immer noch nicht allzuviel vom Textil, aber das muss ich auch nicht, wir haben genug Personen im Land die etwas von Textilien verstehen.

Meiner Meinung nach sollte ein guter Smart Textiler oder eine Smarte Textilerin die Fähigkeit mitbringen als Schnittstelle zwischen unterschiedlichen Disziplinen zu fungieren. Von dem her müssen alle Teilnehmer beim Steinbock Product Development Camp bestens qualifiziert sein um zukünfte Profi Smart Textiler zu werden.

Der Messestand von Texible. (Quelle: https://www.instagram.com/texible/)

Mit Texible habt ihr eine Betteinlage entwickelt, die Nässe erkennt und in der Pflege zur Betreuung vor allem von älteren Menschen verwendet wird. Das ist jetzt als Startup-Idee nur bedingt sexy. Wie seid ihr darauf gekommen?

Vor ca. 8 Jahren haben sich einige Vorarlberger Stickereibetriebe neu ausgerichtet und sich auf technische Textilien spezialisiert. Im Zuge der enge Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für Textilchemie und Textilphysik der Universität Innsbruck sind eine Reihe öffentlich geförderter Forschungsprojekte entstanden. Ich habe die Smart Textiles Projekte von Anfang an begleitet. Im Zuge der Zusammenarbeit mit mehreren Pflegeeinrichtungen in einem EU Projekt hat sich herausgestellt, dass gerade im Pflegebereich neue Lösungen zur effizienten und besten Pflegeversorgung gefragt sind. Das hat uns dazu gebracht das erste industriell waschbare Sensortextil zu entwickeln.
Wir sehen ein riesen Potential für neue Lösungen in diesem Bereich, da die Nachfrage im Zuge des demografischen Wandels auch steigen wird.

Die Matte ist eigentlich vom Prinzip her nicht wirklich kompliziert aufgebaut, trotzdem weiß ich von einigen Herausforderungen in der Entwicklung. Worin lagen die?

Die erste Schwierigkeit war es die Anforderungen für das Textil aufs Papier zu bringen. Die Wäsche war dabei noch einfach aber wie das Textil im Alltag eingesetzt wird und was damit alles gemacht wird während eines Pflegetages, benötigte doch einige Entwicklungsschleifen.

Weil äußerst viele Firmen an einem Projekt beteiligt sind, ist die Koordination schon eine große Herausforderung. Man ist ja gezwungen, in sehr kurzer Zeit alles unter einen Hut zu bringen, weil die Ressourcen sehr stark begrenzt sind. Ich glaube die Entwicklung eines neuen Produkts als Start-up ist grundsätzlich eine große Herausforderung :)

Auch unternehmerisch ist es vermutlich nicht einfach in diesem Bereich zu starten. Welche Herausforderungen gibt es da und was waren die wichtigen Meilensteine?

Ich bin mir nicht sicher ob andere Bereiche einfacher zum starten sind allerdings ist der Markt für Pflegeprodukte eher Träge gegenüber neuen Lösungen. Die Kommunikation bei Tabuthemen ist definitiv auch eine andere als bei Lifestyle-Produkten. Der Gewinn des Futurezone-Awards letzten Monat war bestimmt ein solcher Meilenstein und ist auch werbetechnisch super.

Was erwartest Du dir vom Steinbock Programm?

In erster Linie bin ich davon überzeugt, dass es ein riesen Spaß wird bei dem wir alle viel dazu lernen. Deswegen ein großes Dankeschön an dich und alle Helfer fürs Organisieren.

Ich freue mich schon sehr auf die Diversität der Teams, das hat ein riesen Potential für coole Ideen und Prototypen.

Lieber Tom, vielen Dank für das Gespräch.

Wenn ihr jetzt Lust bekommen habt, auch wie Tom zu sein, dann meldet euch bei uns an.

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Johannes Moser
Steinbock

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