Die Klimabilanz von KI

Samuel Portmann
Taskbase
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2 min readJul 12, 2019

Künstliche Intelligenz zu trainieren kann die Klimabilanz genauso belasten wie Flugreisen. Was bedeutet das für die Forschung und Entwicklung?

Spätestens seitdem Europas Schülerinnen und Schüler freitags regelmässig auf die Strasse gehen und Massnahmen gegen die Klimakrise fordern, hat der Klimaschutz auf der öffentlichen Agenda höchste Priorität. In den Ferien nach Bali fliegen, Fleisch essen oder die Haltung von Haustieren; was lange wie selbstverständlich dazugehörte, wird nun in Frage gestellt.

Auch künstliche Intelligenz (KI) verbraucht Energie, sehr viel Energie sogar. Denn damit zum Beispiel eine KI selbstständig übersetzen oder Texte verstehen kann, müssen Forscherinnen und Forscher die KI zuerst trainieren. Während dieser Trainingsphase muss die KI mit Milliarden Worten und Artikeln gefüttert werden. Je präziser die KI, desto ressourcenintensiver das Training.

In einer im Juni 2019 publizierten Studie haben Emma Strubell, Aranya Ganesh und Andrew McCallum der US-Universität Massachusetts Amherst nun den Energieverbrauch von vier KI-Systemen untersucht, die allesamt zur schriftlichen Texterkennung eingesetzt werden. Das neurale Netzwerk GPT-2 zum Beispiel wurde mit einem Korpus von acht Millionen Webseiten (~40 Gigabyte Text) gespiesen. Ein solches Netzwerk zu trainieren drückt gemäss Studie mit 284 Tonnen auf die Kohlenstoffdioxidbilanz. Das entspricht etwa den durchschnittlichen Emissionswerten von fünf Autos während der gesamten Lebensspanne: Von der Produktion bis zur Verschrottung.

Was bedeutet das für die Entwicklung von KI-Programmen? Muss die energieintensive Forschung und Entwicklung eingeschränkt werden, wenn wir den Klimawandel stoppen wollen? Die Innovationen, die überhaupt erst durch KI ermöglicht werden, einzudämmen ist keine Option. Nicht zuletzt, weil KI etwa Energiemärkte effizienter gestalten kann. Wichtig ist hingegen die Bewusstseinsbildung. Forscherinnen und Forscher, sowie Firmen müssen über die Energieeffizienz ihrer Arbeit nachdenken und Lösungen finden. Google beispielsweise baut den Verbrauch erneuerbarer Energien für das eigene Datenzentrum aus.

Der Energieverbrauch von Google ist natürlich nicht nur wegen dem Einsatz von KI so hoch. In diese Bilanz fliesst jede Google-Suche ein, die wir täglich tätigen. Jede einzelne verbraucht soviel Energie wie eine 60 Watt Glühbirne die 17 Sekunden lang brennt. Google verarbeitet jeden Tag schätzungsweise 40'000 Suchanfragen — pro Sekunde. Das sind 1,2 Milliarden pro Tag. ForscherInnen haben berechnet, dass über 100 Milliarden internetfähige Geräte in den nächsten Jahren etwa 20 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs ausmachen und somit bis 2025 für 3,5 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses verantwortlich sein werden — mehr als etwa der globale Flugverkehr. Klimaschutz beginnt folglich bereits beim Googeln von Flugverbindungen nach Bali.

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