Wie viele Computer im Schulzimmer stehen, ist egal

Samuel Portmann
Taskbase
Published in
3 min readAug 7, 2018

Darüber, was Artificial Intelligence für den Schulunterricht bedeutet, wird gerne diskutiert. Oft werden dabei aber Birnen mit Äpfeln verwechselt.

Blended Learning, eLearning, machine learning, digitale Didaktik, Medienbildung, Informatikunterricht: Wenn es um die Möglichkeiten digitaler Didaktik geht, werden oft bedeutungsschwangere Begriffe herumgereicht und recht austauschbar eingesetzt. Dabei werden unterschiedliche Konzepte sehr oft vermischt und deshalb über einen Kamm geschert.

Administrative Programme: Kalender und PDF’s auf digitalen Plattformen und Chatgruppen sind praktische Organisationsinstrumente, die oft viel Zeit und Papier sparen. Aber ob ein Lehrer seiner Klasse eine Aufgabe als Blatt Papier mitbringt, oder ob die Schülerinnen und Schüler ein PDF herunterladen und ausfüllen, ist eine reine Formsache.

Medienkompetenz: Computergestützte Inhalte und Angebote nehmen unbestritten an Bedeutung zu. Dass es zu der Aufgabe der Schule gehört, junge Menschen im Umgang mit unterschiedlichen Technologien auszubilden und ihr Bewusstsein für den kritischen Umgang mit persönlichen Daten, Informationen und Geräten zu fördern, ist selbstverständlich. Aber auch das ist nicht der Kern der digitalen Didaktik. Medienkompetenz ist die Metaebene, die unter anderem das Verständnis und die Fähigkeiten für AI-basierte Technologien ausbildet.

AI-gestützte Didaktik: Hier stehen die Lernenden und ihre Lernwege im Vordergrund. Im Prinzip könnten dabei die Aufgaben von Programmen wie etwa dem Lernnavi auch ausgedruckt, von Hand ausgefüllt und wieder eingescannt werden. Daran, was das Programm mit den Daten macht und welche Instruktionen es an den Menschen weitergibt, ändert das Medium nichts. Wenn wir über die Chancen und Herausforderungen von AI-gestützter Didaktik diskutieren, spielt es deshalb keine Rolle, wie viele Computer nun in einem Klassenzimmer zur Verfügung stehen.

AI-Technologie kann den Schulunterricht als eines von vielen Instrumenten unterstützen. Beispielsweise als Hilfe für Lehrer, 26 Aufsätze zu korrigieren oder den Lernfortschritt von 20 jungen Menschen detailliert im Überblick zu behalten.

AI-Technologie kann den Lehrplan auch ergänzen, indem es einen schier unendlichen Katalog an Inhalten und Kursen zur Verfügung stellt — und gleichzeitig sowohl Lehrerin als auch Schülerin einen geordneten Überblick über die Lernfortschritte und Schwierigkeiten erlaubt. So wie die Wahlfächer, in denen sich Schüler gemäss ihrer persönlichen Interessen mit Schach, Psychologie oder einer Fremdsprache auseinandersetzen können, bieten AI-basierte Lernprogramme die Möglichkeit, individuelle Interessen zu vertiefen und zu fördern — aber thematisch um ein Vielfaches breiter und organisatorisch so effizient, dass sich jeder einzelne Schüler frei nach seinen Stärken und Interessen weiterbilden kann.

AI-basierte Didaktik kann aber auch die Basis für ganz neue Schulmodelle sein, Modelle in denen Klassen vielleicht nicht rigide nach Alter zusammengestellt und der Stundenplan in isolierte Einheiten von Mathematik, Deutsch, Biologie oder Englisch aufgeteilt sind. AI kann so beispielsweise die Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Vision von multidisziplinärem Lernen unterstützen: Ein Thema, etwa der Klimawandel, wird in der Schule holistisch aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachtet — naturwissenschaftliche Hintergründe, gesellschaftliche Auswirkungen, sprachliche Analysen.

Dabei sollen Kinder und Jugendliche diejenigen Fähigkeiten entwickeln, die sie brauchen in einer Welt, von der wir heute noch nicht einmal wissen, welche Berufsfelder sich ergeben werden: Neugierde, das Vermögen, sich rasch Wissen anzueignen und dieses kritisch zu hinterfragen und die Fähigkeit, kommunizieren zu können.

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