Dichten, denken, digitalisieren?

Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung, im Interview

Sonja Anton
Tech4Germany
Published in
12 min readAug 20, 2019

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Dorothee Bär wurde 1978 in Bamberg geboren. Die Diplom-Politologin ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestags. Von 2009 bis 2013 war sie Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie stellvertretende Generalsekretärin der CSU. Dorothee Bär ist seit 2017 stellvertretende Parteivorsitzende der CSU, seit 2010 Vorsitzende des CSU-Netzrates und seit 2011 Vorsitzende des CSUnet. Von 2013 bis 2018 war sie Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. Seit 2018 ist Dorothee Bär Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung.

Was würde die 14-jährige Dorothee Bär, die gerade in die Junge Union eingetreten ist in ihrer jetzigen Stelle als Digitalisierungs-Ministerin sagen?

Die würde wahrscheinlich gar nicht verstehen, was das bedeutet, weil es vieles, was uns heute beschäftigt, damals ja noch nicht in der Form gab. Das Internet gab es zwar schon, aber nicht so, dass man es mit 14 schon gekannt hätte. Wenn die Voraussetzungen so wären wie sie jetzt sind, würde ich wahrscheinlich genau das sagen, was ich jetzt meiner 13-jährigen Tochter auch sage. Ich versuche die Begeisterung für alles, was mit Technik zu tun hat, mit Mathematik, mit Naturwissenschaften zu wecken. Das hat gerade bei Mädchen auch noch immer viel mit Stereotypen zu tun, wir brauchen kein „Mädchen können kein Mathe“, sondern ein „Mädchen lieben Mathe“.

Auch heute noch wird Mädchen schnell gesagt, sie seien sprachbegabt, was sie von den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern eher wegführt. Das müssen wir ganz anders verkaufen: Programmiersprache ist die ultimative lingua franca. Wenn Mädchen also so sprachbegabt sind, dann sollte das ganz oben auf der Agenda stehen. Die 14-jährige Dorothee Bär wäre in jedem Fall auch sehr neugierig und immer eher offen als verschlossen gegenüber neuen Entwicklungen, das ist über die letzten Jahrzehnte meines Lebens so geblieben. Und sie würde sich sehr aktiv daran beteiligen, dass heute auch junge Leute in der Politik eine viel stärkere Stimme bekommen und mehr partizipieren können. Social Media etwa sind ja geradezu prädestiniert, das zu ermöglichen. Ich wäre da auch mit 14 Jahren voll eingestiegen.

Gelten Sie bei sich zu Hause als Digital-Expertin, oder sehen Ihre Digital-Native-Kinder das anders?

Das hält sich die Waage. Ich arbeite daran, dass wir alle Digitalexperten sind, jede Generation hat da aber einen ganz anderen Zugang und Umgang. Als meine Mittlere zum Beispiel zum Geburtstag eine Spielekonsole bekommen hat, habe ich ihr gesagt “Lass sie dir von deiner Schwester einrichten”. Ich könnte es zwar auch, aber ich habe das Gefühl, dass meine Kinder das durch diese Intuition wesentlich schneller und leichter machen. Auch wenn irgendein Streaming Service eingerichtet werden muss, lasse ich das meine Älteste machen. Erstens, damit sie es lernt, und zweitens damit ich es nicht machen muss (lacht).

Valerie Mocker, Direktorin der Innovationsagentur Nesta, hat letztens nach einer Digital-Natives-Quote ausgerufen. Würden Sie sich hinter eine solche Quote stellen?

Ich finde es grundsätzlich einen guten Ansatz mal zu überlegen, wie eine gute Mischung ausschauen kann, wobei ich es am geistigen Alter, nicht am Lebensalter festmachen würde. Ich sehe das häufig im Bundestag. Man hat Kollegen, die sind 60 oder 70 Jahre alt und sehr offen und technikaffin. Die kennen sich aus und probieren Neues aus. Gleichzeitig gibt es 35–40 jährige, die geistig vergreist sind. Deswegen würde ich es unterstützen, wenn diese Quote aufs geistige Alter bezogen wäre, aber nicht aufs Alter, das im Pass steht. Da kann man sich nämlich teilweise sehr stark täuschen.

Sie waren vor einigen Monaten bei SXSW in Austin, wo laut ihrer Aussage alle “Lust auf Zukunft haben”. In Deutschland hingegen macht man sich über ihre Aussagen zu Flugtaxis lustig. Mangelt es hier in Deutschland an Zukunftslust oder -vision?

Momentan habe ich den Eindruck, ja, und finde das erstaunlich. Denn wir sind ein Hochindustrieland. Wir sind ein Land der Dichter und Denker — vor allem Denker — und ein Land der Ingenieure. Alles was wir nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut haben, haben wir auch einem starken Erfindergeist zu verdanken. Bei uns ist etwa weltweit die erste Eisenbahn gefahren — sogar in Franken! Wir sind momentan in der schizophrenen Lage, auf der einen Seite nach Wandel zu schreien, aber die Veränderungen nicht zu wollen. Erst recht nicht bei uns selbst. Es ist natürlich auch wesentlich anstrengender, Gelerntes zu hinterfragen. Eine Erklärung dazu ist vielleicht, dass wir tatsächlich viel zu verlieren haben. Wir hatten die letzten zehn Jahre sprudelnde Steuereinnahmen. Wenn man sich Studien anschaut, stellt man fest, dass auch Unternehmensgründungen in den jungen Generationen zurückgehen. Auch der Gründergeist ist da also aktuell nicht so ausgeprägt.

Ich hoffe nicht, dass wir eine große Krise brauchen, die uns dann dazu bringt eben diesen einen berühmten Schritt weiter gehen zu müssen. Es gibt aber auch bei dem Thema Leistungsbereitschaft durchaus widersprüchliche Signale. Auf der einen Seite kennen wir Studien, die zeigen, dass die Deutschen im europäischen Vergleich die meisten unbezahlten Überstunden machen. Dann wiederum spreche ich mit 30-jährigen in Vorstellungsgesprächen, die einem sagen “Wenn ich mir das alles hier so anhöre, wie das bei Ihnen im Kanzleramt zugeht, dann hört sich das so stressig an. Ich lass mir doch meine Jugend nicht kaputt machen. Ich möchte noch ein bisschen mehr Work-Life-Balance.” Auch daran sieht man, dass wir momentan in einem Land leben, dessen Generationen von ganz unterschiedlichen Arbeitseinstellungen geprägt sind. Den extra Schritt zu gehen wird sehr wichtig bleiben, gerade in einer Zeit, in der sich die Karten neu mischen. Hinzu kommt, dass die ausgeprägte Skepsis vor Technik und ihren Folgen uns leider lähmt. Ich propagiere keinen naiven oder unkritischen Umgang mit der Digitalisierung, aber konstruktiv und anpackend muss er sein.

Man hat häufig das Gefühl, dass wir in Deutschland immer versuchen alles zu 120 % fertigzustellen, statt eine Beta-Versionen oder einen Pilot zu veröffentlichen. Woher kommt diese Angst?

Das ist eine Art des Perfektionismus, der einem vielerorts begegnet. Ich hatte gerade vorhin ein Interview für einen Mama-Blog, in dem es um die Themen Karriere und Mutterschaft ging. Bei dem Thema beobachtet man das Gleiche wie bei der Digitalisierung: Dieses sich fertig machen, weil man immer so perfektionistisch sein will — und damit faktisch wenig voranzukommen, sondern eher zu verzagen. Die perfekte Ehefrau, die perfekte Mutter, die perfekte Arbeitnehmerin oder Arbeitgeberin, aber auch nicht nur, sondern noch die perfekten Kinder und das perfekte Pausenbrot. Alles was nicht Insta-tauglich ist kann nicht gepostet werden und existiert dann nicht. Sich von diesem Druck zu befreien kann wahre Wunder wirken und ganz neue Kräfte wecken.

In der Digitalisierung ist es genauso. Ziel sind 120 Prozent, die schafft man aber nicht, weil das Ansinnen dann immer zu groß ist. Dann bleibt das Projekt stecken, dauert zu lang in der Umsetzung und ist überholt, bevor es überhaupt begonnen hat. Das Gleiche haben wir jetzt mit der Digitalisierung an den Schulen. Es muss ein Konzept her, das sofort alle Schulen und alle Schularten mit einem Knopfdruck perfekt durch digitalisiert. Stattdessen muss man einfach einmal mit fünf Schulen anfangen und Lehren aus den Erfahrungen ziehen, die dann man weiter verwertet. In Deutschland hören sie stattdessen: “Bei fünf brauchen wir gar nicht erst anfangen”. Also macht man lieber 120 Prozent nicht, bevor man mal mit fünf Prozent anfängt. Dabei ist doch gerade der Charme an bei digitalen Projekten, ist ja gerade das Schöne an der Digitalisierung, dass man kleine Projekte hochskalieren kann. Damit man sieht wie man mit einem kleinen Projekt viel bewirken kann und zeigen kann, dass es geht.

Sie haben zu Beginn ihrer Amtszeit den Traum eines externen Thinktanks von Jugendlichen geäußert. Kommt der noch, was haben Sie sich generell davon erhofft und woran scheitern solche Dinge?

Bei dem Thema merken Sie, wie zäh Pionierarbeit ist. Nur ein Detail: Alle Personen unter 18 müssen zunächst einmal Versicherungsschutz haben, sonst dürfen sie die gar nicht einladen. Der Weg des geringsten Widerstandes wäre, nur Personen über 18 Jahren zu nehmen. Ich möchte aber tatsächlich auch 14-jährige motivieren mitzumachen. Ich glaube, dass alle Hürden lösbar sind, es ist aber einfach sehr zäh und kleinteilig. Dazu braucht man natürlich auch Leute die da mitziehen und das auch wollen. Sprich: Ich habe das nicht aufgegeben und arbeite weiter daran. Es wird auch kommen. Ich würde mir nur wünschen, dass solche Dinge schneller gehen und mehr Leute ins Gelingen verliebt sind. Sie finden hingegen immer genug Leute, die einem sagen, was alles nicht geht.

Haben Sie denn das Gefühl die Jugendlichen sprechen darauf an und haben Lust da mitzumachen?

Es ist unfassbar, wie viele Blindbewerbungen kamen, obwohl ich es gar nicht ausgeschrieben sondern nur artikuliert hatte. Einer, zufällig ein Schüler aus Nürnberg, hat geschrieben, seine großen Vorbilder seien Bill Gates, Elon Musk und Jeff Bezos, so einer will er auch werden und er arbeitet schon jeden Tag dran. Also eine ganz coole und ganz süße Zuschrift. Ich hatte jetzt just am Wochenende eine Besuchergruppe mit Kindern. Die jüngsten Kinder waren fünf, die ältesten Kinder waren 13 Jahre alt. Das waren so 30 Kinder hier in Berlin, die den Bundestag, das Kanzleramt und Verkehrsministerium besucht haben. Es ist beeindruckend, was für Fragen die Kinder stellen und wie klug und engagiert sie sind. Deswegen fände ich es echt schade, die unter 18-jährigen nicht als Experten zu nehmen.

Sie scheinen ja ganz gut auch an die richtigen Leute ranzukommen. Bei Tech4Germany haben wir die gleiche Erfahrung gemacht, dass sich sehr qualifizierte, engagierte und interessierte Menschen bewerben. Trotzdem hat man in der Verwaltung generell Fachkräftemangel. Wie schafft man es solche Leute auch in die Verwaltung zu bekommen?

Ich fand ja eine interessante Aussage bei unserer letzten Diskussion, dass man sich bei Tech4Germany finanziell weit unter Wert verkaufen würde. Das hat mich beeindruckt, weil Gehalt natürlich auch eine Rolle spielt, die Aussage aber zeigt, dass es eben nicht alles ist. Wir haben jetzt eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, die bis September Ergebnisse liefern soll wie wir auch in der Verwaltung eine andere Durchlässigkeit bekommen. Wir brauchen Modelle, wie engagierte Experten für eine begrenzte Zeit in die Verwaltung kommen können, ohne dass sie bis an ihr Lebensende dort bleiben und intypische Beamtenlaufbahn eingegliedert werden müssen. Wir haben auch viele überkommene Strukturen, die gar nicht zu dem passen was eigentlich notwendig wäre, wie zum Beispiel interdisziplinäre Arbeit.

Es muss etwa auch möglich sein mitzuwirken, wenn man irgendwas ganz Verrücktes studiert hat, oder eine Ausbildung gemacht hat. Wir rennen in Deutschland noch sehr stark bestimmten Abschlüssen hinterher, die in der Verwaltung das Maß aller Dinge sind. Es reicht aber nicht, nur BWLer und Juristen einzustellen. Da sind andere Behörden, wie in den USA die CIA zum Beispiel, schon weiter als wir. Ich erhoffe mir jetzt, dass wir im September auf Vorschlag der Arbeitsgruppe und mit Unterstützung des Digitalrats Ideen bekommen, wie so etwas rasch und niederschwellig umgesetzt werden kann. Jeder soll die Möglichkeit erhalten, etwas für sein Land zu tun, so wie Sie es mit Tech4Germany machen, aber statt für ein paar Wochen vielleicht für 2–3 Jahre. Federführend ist das Innenministerium, aber alle Ministerien und natürlich auch das Kanzleramt arbeiten daran.

Eine Studie der TUM hat zuletzt die Arbeitgeberattraktivität der Verwaltung untersucht. Eine Frage an Studierenden war, was die Assoziation mit der Verwaltung sind. Als Antworten kamen Assoziationen wie: altmodisch, hierarchisch und chaotisch. Was sagen Sie dazu? Spiegelt das die Realität der Verwaltung wieder, oder kommuniziert die Verwaltung nicht adäquat was für spannende Herausforderungen es zu lösen gibt?

Chaotisch habe ich jetzt noch nicht gehört, aber hierarchisch, ja klar. Ich bin natürlich gewählte Abgeordnete und keine Beamtin. Wir arbeiten zwar in der Verwaltung, aber nicht als Staatsbeamte oder als öffentlicher Dienst, sondern als direkt Gewählte. Das ist es noch einmal anders. Ich erlebe, dass eine individuellere Herangehensweise nicht so gern gesehen wird und es einen recht rigiden Verhaltenskanon gibt. Ich habe neulich von jemandem, der eng mit ihm zusammengearbeitet hat, gehört, dass Helmut Kohl wohl sehr offen war und sich nicht besonders um Hierarchien geschert hat. Er habe wohl oft über Hierarchien hinweg einfach lieber einmal einen Referenten mitgenommen statt einen Unterabteilungsleiter, wenn der Referent mehr Ahnung hatte. Aber das kann natürlich auch für böses Blut sorgen.

Ich fände es gut, wenn man mehr Möglichkeiten zum Ausprobieren hätte, etwa in Form von Sandboxes. Natürlich haben wir immer die Verpflichtung, sehr verantwortungsvoll mit Ressourcen umzugehen, es sind schließlich alles Steuergelder. Da hat man natürlich nochmal eine andere Verpflichtung, als wenn jetzt ein Unternehmer sagt “Ich habe hier Spielgeld und ich lasse jetzt mal ein paar Leute etwas ausprobieren.” Wir haben das Geld zur Verfügung, das Menschen in Deutschland jeden Tag hart erarbeiten. Da muss man sich genau überlegen, was geht und was nicht. Ich glaube ein bisschen mehr ginge schon als das was wir jetzt machen.

In der EU wurde vor kurzem eine Richtlinie beschlossen, dass Open Data von allen Institutionen veröffentlicht wird. Deutschland wurde wohl in diesen Debatten als Bremser wahrgenommen. Sie haben sich selbst schon für Open Data Initiativen eingesetzt. Was glauben Sie, warum dieses Thema in Deutschland nicht so begeistert aufgenommen wird und was kann man dagegen tun?

Jeder sitzt immer so gern auf allem, was er hat. Meine Erfahrung ist, dass es gar nicht weh tut, Daten zu veröffentlichen. Als ich Staatssekretärin im Verkehrsministerium war, haben wir die mCloud eingerichtet, in der wir einfach alle Daten, die wir hatten, zur Verfügung gestellt haben. Wie viel Neues daraus entstehen kann! Alle anderen Häuser waren damals der Meinung, das wären alles geheime Daten. Es gibt natürlich Häuser, die auch Daten haben, die nicht zur Veröffentlichung stehen, etwa unsere Geheimdienste. Aber gerade bei Bildung und Forschung, oder auch Landwirtschaft und bei anderen Themen spricht eigentlich nichts gegen eine Veröffentlichung.

Wir hatten natürlich einen großen Datenschatz im BMVI, weil dazu auch die Wetterdaten und Verkehrsdaten gehören, die sehr spannend sind. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie und das Kraftfahrtbundesamt sind ebenfalls spannende nachgelagerte Behörden mit tollen Daten. Auch andere Häuser haben solche nachgelagerten Behörden, die über eine Vielzahl von nützlichen Daten verfügen. Ich hatte damals gehofft, dass das Beispiel ein bisschen mehr Schule macht. Das Thema ist insgesamt noch nicht in jedem Haus angekommen. Aber ich würde da auch nicht aufgeben. Ansonsten bin ich der Meinung, dass Daten, die keine Sicherheitsrelevanz haben, wo die Persönlichkeitsrechte der Bürger nicht tangiert sind, und die schon einmal erhoben wurden, auch allen wieder zur Verfügung stehen müssen.

Es gibt gerade eine Initiative die heißt “Public Money, Public Code” aus der Zivilgesellschaft zusammen mit ein paar Politikerinnen und Politikern, die fordern, dass Code, ohne persönliche Daten, öffentlich gemacht wird. Was halten Sie von dieser Initiative?

Ich finde die Idee nachvollziehbar. Natürlich muss man dann im Einzelfall sehen, um welchen Code es geht, da eignet sich sicher nicht alles. Es gibt eben auch sensible Bereiche, wo sie das nicht verwirklichen können und sollten. Sprich: Man sollte das Prinzip auf die konkreten Einzelfälle runterbrechen, sie jeden Bereich genau ansehen, dann kommt man voran.

Zum Thema Bildung und digitale Kompetenzen: Es macht den Eindruck als kämen Weiterbildungsangebote in diesen Bereichen immer häufiger aus dem privaten Sektor. Wie können wir sicherstellen, dass digitale Bildung nicht zum Privileg wird?

Indem wir tatsächlich alle Schulen im Blick haben. Ich mache aber noch einmal einen Schritt zurück, noch nicht in der Weiterbildung, sondern auch schon bei den Schulen beginnend. Da reden wir häufig, wenn wir überhaupt darüber reden, über Grundschulen und weiterführende Schulen. Aber ich versuche auch ein ganz großes Augenmerk auf unsere Berufsschulen zu legen. Die fallen manchmal hinten runter, dabei sind sie an der Stelle mit am elementarsten. Was die Weiterbildung betrifft, finde ich schon, dass wir auch dringend die Arbeitgeber brauchen. Ich hatte letztes Jahr einmal versucht, eine Initiative mit unseren Fachhochschulen zu stärken. Ich habe mich mit den bayerischen Rektoren aller Fachhochschulen getroffen, weil ich gesagt habe, die Universitäten sind vielleicht nicht der richtige Ort, aber die FHs können es schaffen noch zusätzliche Kurse für die digitale Weiterbildung anzubieten. Das wäre nämlich auch für die Fachhochschulen nochmal eine zusätzliche Existenzberechtigung bzw. noch ein weiteres Modell. Die sind näher dran an den Leuten und könnten z.B. Mini-Degrees einführen. Das wäre von der öffentlichen Seite eine sehr gute Ergänzung zu den privaten Initiativen.

Was würden Sie sich als ihr Vermächtnis als Digitalministerin wünschen?

Ich mach tatsächlich keine Politik für Geschichtsbücher, sondern versuche eigentlich immer, nach vorne zu arbeiten. Was nicht heißen soll, dass ich nicht aus der Vergangenheit lerne. Ich denke nicht in Vermächtnissen oder Geschichtsbüchern oder sowas. Als ältestes Geschwisterchen habe ich immer vorgearbeitet und alle Hürden aus dem Weg geräumt, damit die Kleinen nur noch absahnen mussten. Genauso hoffe ich jetzt, dass egal wer meine Nachfolgerin oder mein Nachfolger wird, sich schon in ein gemachtes Nest setzen kann. Das sage ich in dem Wissen, dass Pionierarbeit anstrengend ist. Aber sie hat auch viele Vorteile: Man kann etwas prägen. Aber es wird sich weiterentwickeln und es wird sich auch weiterentwickeln müssen. Ich kann schon jetzt nach einem Jahr sagen, was geht, was passt, was nicht passt und wo es gern schneller gehen könnte. Aber ich würde gerne ein relativ gut bestelltes Nest hinterlassen in der Hoffnung, dass keiner glaubt, dass die Arbeit dann schon getan ist.

Zum Schluss haben wir noch eine kurze Speed Round für Sie vorbereitet mit sechs kurzen entweder/oder und Ja/Nein Fragen. Sind Sie bereit?

Ja.

Als Gamerin: Candy Crush oder Counterstrike.

Jelly Splash.

Frauenquote: ja oder nein?

Ja — als Krücke sage ich immer dazu.

Döner oder Brezn?

Brezn auf jeden Fall.

Techno oder Schlager?

Schlager definitiv. Das ist die einfachste Antwort. Ich habe Techno noch nie was abgewinnen können.

Was kommt früher, die Marslandung oder die OZG Umsetzung?

Jetzt weiß ich nicht, wie schnell die mit dem Mars sind, aber mit dem OZG werden wir hoffentlich alle überraschen.

Elon Musk hat letztens 2024 in den Raum gestellt.

Da sind wir schneller! Bayern will 2020 fertig sein, zumindest mit den wichtigsten Leistungen.

Zuletzt, Manuel Neuer oder Mats Hummels?

Thomas Müller.

Vielen Dank für das Interview.

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