5 Herausforderungen, die die Event-Branche in der Corona-Krise lösen muss

Micha Sprick
TECTIX Blog
Published in
4 min readOct 26, 2020

Die Corona-Krise trifft die Event-Branche durch die erneut hochschnellenden Infektionszahlen und entsprechenden Maßnahmen und Beschränkungen besonders hart. Da niemand zurzeit sagen kann, wie lange die Pandemie noch anhalten wird, lohnt es sich, die Zukunft der Branche in die Hand zu nehmen und neu zu planen. Doch zunächst einmal stellt sich die Frage, welche Probleme und Herausforderungen uns in der Veranstaltungsbranche überhaupt bevorstehen.

Die wirtschaftliche Situation in der Eventbranche

Eine im Juni dieses Jahres veröffentlichte Studie des Rifel-Instituts, die die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Veranstaltungsbranche aufzeigt, stellte fest, dass rund 1,5 Millionen Arbeitsplätze in der Branche direkt beschäftigt sind. Mit rund 130 Mrd. Euro rangiert die Branche auf Rang sechs der umsatzstärksten Branchen in Deutschland. Hier sind Zulieferer und Dienstleister, die bei Veranstaltungen zusätzliche Dienste anbieten, nicht mit eingerechnet. Es entsteht gerade also ein massiver Schaden für die deutsche Wirtschaft.

Seit Beginn der Corona-Krise sind Schätzungen zufolge rund 90 Prozent aller Veranstaltungen in den Bereichen Kultur, Musik, Sport und Unterhaltung ausgefallen. Die wenigen Veranstaltungen, die stattfanden, konnten dies nur mit deutlich reduziertem Publikum, unter Hygiene-Auflagen und häufig unter freiem Himmel durchführen. Mit Einbruch der kälteren Jahreszeit und den ansteigenden Infektionszahlen fallen solche Alternativen weg. Schließungen, Klagen gegen Sperrstunden und das Aufkommen von Alternativangeboten (Verkauf von Konsumgutscheinen, Livestreams etc.) bezeugen, wie schlecht es den Unternehmen in der Veranstaltungsbranche geht.

Das gilt selbst in Gebieten, in denen die Corona-Zahlen niedrig ausfallen und Veranstaltungen wieder in beschränktem Rahmen stattfinden dürfen. Denn dabei werden oft nicht einmal die verkleinerten Kontingente komplett verkauft. Ein großes Problem ist, dass sich Auflagen und Bedingungen unter denen Veranstaltungen stattfinden dürfen, regional stark unterscheiden und sich schnell wieder ändern können. Die ohnehin vorhandene Verunsicherung, die dadurch bei Fans und Kunden verstärkt wird, wird damit auch zum Problem für die Veranstalter. Der wirtschaftliche Schaden wird so also vergrößert.

Verunsicherung und Planungsunsicherheit

Wie lange die Corona-Krise noch gehen wird, ist unklar. Weite Teile der Event-Branche hoffen und fordern daher weiterhin auch Hilfe von der Bundesregierung. Ersparnisse sind bei den meisten inzwischen aufgebraucht und die Aufnahme von (weiteren) Krediten ist oft sinnlos, da die Margen in der Veranstaltungsbranche typischerweise sehr gering sind und so Rückzahlungen schwerfallen oder sogar unmöglich sind.

Zwar dürfen vielerorts wieder Veranstaltungen im begrenzten Rahmen stattfinden, aber das Publikum ist natürlich extrem verunsichert. Aus diesem Grund wird oft selbst die verringerte Kapazität bei derzeitigen Veranstaltungen nicht erreicht. Grund hierfür sind auch die mangelhafte Möglichkeit, Events, Sicherheitsvorkehrungen und Hygiene-Standards zu kommunizieren. Kurzfristig kann kriselnden Veranstaltern also nur durch die Politik Hilfe geboten werden. Doch die Corona-Krise ist auch die perfekte Gelegenheit für Veranstalter, sich von Ticketing-Anbietern unabhängig zu machen und die eigene Situation zu verbessern. Für uns stehen dabei folgende Probleme im Fokus.

Welche konkreten Herausforderungen gibt es in der Branche aktuell?

1) Zu wenig Traction für kleinere Veranstalter

Im Ticketing hat sich die Digitalisierung bisher vor allem darauf beschränkt, Tickets auch digital verfügbar zu machen. Diesen Service für kleinere und lokale Veranstalter anzubieten, lohnt sich für die größeren Ticketing-Anbieter aber nicht. Gerade kleine Veranstalter haben aber nicht die kritische Größe, um den Aufwand einer Website, eines Ticketshops und dazugehörigen Dienstleistungen zu betreiben. Effektiv bleiben sie so von der Digitalisierung ausgeschlossen. Gerade digitale Mittel sind in Zeiten einer Pandemie aber ideal, da sie schnell und natürlich jederzeit kontaktlos benutzt werden können.

2) Ungleichgewicht zwischen Kunden-Service und Informationsbedarf

Die Corona-Krise hat ein Informationsbedürfnis bei Kunden verursacht, dem die Kunden-Services nicht nachkommen können. Die Informationen unterscheiden sich nicht nur regional, sondern teilweise schon von Veranstaltung zu Veranstaltung was Hygiene-Standards, Navigation, Sicherheitsvorkehrungen oder den Umtausch von Tickets betrifft. Zum Teil ändern sich die Auflagen von einem Tag auf den anderen. Die zentralisierte Struktur stellt hier ein fatales Ungleichgewicht her zwischen Informationsbedarf und Informationsleistung.

3) Kleine Kartenkontingente und No-Shows

Kleine Kartenkontingente bedeuten auf Zuschauerseite, dass Karten zur Mangelware werden. Sie sind also begehrter als zuvor. Kunden neigen somit noch mehr dazu, sich Karten zu reservieren. Aus Veranstalter-Sicht bedeuten kleine Kartenkontingente aber, dass es noch wichtiger wird, das komplette Kontingent zu verkaufen.

Leider hat diese Sachlage im Sommer dazu geführt, dass sich Kunden Karten reservieren, obwohl sie noch nicht genau wissen, ob sie überhaupt erscheinen können. Sogenannte “No-Shows” sind in der Corona-Krise für die Veranstalter fatal — vor allem wenn erst bei Erscheinen gezahlt werden soll. Die wenigsten haben die Möglichkeit, reservierte Karten kurzfristig neu zu verkaufen — selbst wenn gebuchte Karten zurückgegeben werden.

4) Schwarzmarkt für Tickets

Mit dem dritten Problem hängt auch das Problem des Schwarzmarkts zusammen. Sehr begehrte Tickets sind oft das Ziel von dritten Parteien, die Tickets aus rein kommerziellen Gründen erstehen, um sie weiterzuverkaufen. Der Preiswucher, der dabei betrieben wird, unterläuft meistens das Interesse des Veranstalters, Karten für alle sozialen Gruppen erschwinglich zu halten.

5) Zu geringe Margen

Durch die typischen geringen Margen in der Veranstaltungsbranche gibt es wenig Möglichkeiten, Änderungen in der Veranstaltungsbranche zu bewirken. Lösungen dürfen daher nicht kapitalintensiv sein und müssen möglichst kurzfristig positive Auswirkungen zeigen. Digitale Mittel sind hierfür prädestiniert, aber in der Praxis für viele schwer umzusetzen.

Fazit:

Die Corona-Krise verursacht in der Veranstaltungsbranche einen massiven Schaden von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. Selbst als Veranstaltungen regional wieder in begrenztem Rahmen stattfinden durften, war in der Eventbranche noch immer eine starke Verunsicherung vorzufinden. Die Probleme, die dabei auftraten, offenbaren die Schwachstellen der aktuellen Ticketing-Anbieter. Die Krise ist eine gute Gelegenheit, das Ticketing auf neue Beine zu stellen und die Situation für Kunden und Veranstalter gleichermaßen zu verbessern.

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Micha Sprick
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Tech-Blogger @mobilegeeks.de - topics: privacy, software, startups. Based in Cologne, Germany.