Recht für Autoren-Widerrufsrecht für Verbraucher beim Kauf von Ebooks

Hat die Mwst.-Entscheidung des EuGH Auswirkungen auf das Widerrufsrecht bei Ebooks?

Alexander Batel
Buch & Mehr
3 min readJul 26, 2015

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© Gina Sanders — fotolia.com

Widerrufsrecht seit 2014

Im Juni 2014 kam es zu grundlegenden Umwälzungen, beim Verkauf von Waren an Verbraucher, zumindest im Fernabsatzgeschäft. Das Anbieten von Ebooks fällt hierunter und ist gerade für Selfpublisher interessant, die entweder an diverse Weiterverkäufer wie Amazon etc. gebunden sind oder selbst auf ihrer Internetseite Bücher zum Verkauf anbieten.

§ 356 IV BGB gewährt jetzt die Möglichkeit, dass mit einer “vollständig erbrachten Dienstleistung” das Widerrufsrecht derart eingeschränkt werden kann, dass vor “Auslieferung” der Kunde zur Abgabe eines Verzichts auf sein Widerrufsrecht “gezwungen” wird. (Anmerkung: Schon davor war in § 312d III BGB a.F. ein solches Schlupfloch eingebaut gewesen.)

Jedenfalls zeigt die Formulierung “auch dann” im Gesetzestext an, dass diese vom Gesetzgeber als Sicherheitsnetz vorgesehen ist, wenn “Dienstleistungen” durch die Gerichte nicht als Dienstleistungen im überwiegenden Sinne interpretiert werden.

“Wie bitte?”, fragt der unbescholtene Selfpublisher.

Übersetzt heißt es folgendes: Die EU hat etwas vorgegeben und der Gesetzgeber wollte ein Schlupfloch gewähren. Unsere Parlamentarier waren sich nicht sicher, ob z.B. das Versenden von Ebooks als Dienstleistung anzusehen ist und darauf das Hauptaugenmerk liegt. Oder ob nicht doch der Schwerpunkt auf der “Ware” Ebook bzw. dem Werk an sicht liegt.

Jedenfalls ist es seit Juni 2014 bisher am sichersten gewesen, das Widerrufsrecht mit Versenden des Ebooks auszuschließen, falls man dies wollte.

Einige Branchengrößen räumten aber wohl weiter ein Rückgaberecht ein und wählten nicht diesen “Trick” (so Ansgar Warner in seinem Beitrag Neues Widerrufsrecht: E-Book-Kauf ist keine Einbahnstraße mehr ).

Wie der kleine Autor auf seiner Webseite damit umgehen soll?

Widerrufsrecht ausschließen oder die Angst haben, dass sein Werk “raubkopiert” wird? Schwer hier die korrekte Antwort zu geben.

EuGH: Ebooks sind als Dienstleistungen einzustufen

Das Urteil vom 5.3.2015 schlug in der Ebook-Szene große Wellen: kein ermäßigter Mwst.-Steuersatz für Ebooks.

Selfpublisher schüttelten nur mit dem Kopf: Bücher = ermäßigt, Hörbücher = ermäßigt, Ebooks = normaler Steuersatz.

Für das Gerechtigkeitsempfinden kleiner Autoren ein schwerer Schlag. Wird doch die Welt der physischen Bücher und der Hörbücher von den großen Verlagen dominiert; die Welt der Ebooks von Selfpublishern.

Typischer Fall von David gegen Goliath; oder anders: Lobbyarbeit siegt.

Doch hatte dieses Urteil eine, meines Erachtens nach, bisher unbeachtete Nebenwirkung:

Ebooks wurden vom EuGH als Dienstleistung eingestuft. Sprich: Beim Verbrauchsgüterkauf müsste man keinen “Trick” zum Ausschluss des Widerrufsrecht mehr anwenden.

Auszug aus § 312g II BGB:

“(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:

(…)

8. Verträge zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, (…)”

Auf den ersten Blick hat das EuGH-Urteil weitreicheichendere Folgen als nur die Entscheidung hinsichtlich der Mwst.-Sätze.

Zumindest Online-Händler wie Amazon oder Thalia könnten so leichter das Widerrufsrecht bei der Lieferung von Ebooks verneinen, ohne die kundenunfreundliche Formulierung eines expliziten Verzichts zu wählen.

Auch könnten Anbieter von E-Papers oder kurzen Sachbuchdarstellungen sich auf eine analoge Anwendung des § 312g II Nr. 7 BGB (“Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen”) berufen. Analog bedeutet hier laienhaft, dass man auf gleichwertige Behandlung zweier ähnlicher und vergleichbarer Rechtsgüter verweisen kann und der Gesetzgeber eine Regelung, entgegen seinem Plan, unterlassen hat.

Zweifel beim Selfpublishing auf eigener Webseite

Der EuGH stellte auf den überwiegenden Schwerpunkt der Handlungen beim Verkauf von Ebooks durch einen Onlinehändler ab. Anders verhält es sich aber, wenn man als Autor sein Werk auf der eigenen Webseite anbietet.

Hier bin ich der Auffassung, dass der Schwerpunkt nicht mehr allein bei der Dienstleistung selbst liegt, sondern sein eigenes Werk zu verkaufen.

Autoren, die ihre Werke auf der eigenen Webseite anbieten, sollten weiterhin den Käufer zur Abgabe einer Verzichtserklärung auffodern, falls dies so gewünscht wird.

Zumindest um auf der rechtssicheren Seite zu sein.

Ich persönlich würde dem Kunden aber ein Widerrufsrecht einräumen, auch wenn letzten Endes die Rechtslage sich ändern sollte:

Die Leser wissen es zu schätzen, wenn man ihnen Vertrauen entgegenbringt.

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Alexander Batel
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Wortschmied und Buchstabenschwinger +++ Autor — SciFi & Fantasy +++ Impressum: http://on.fb.me/1KF1rIp