Selfpublishing & Crossmedia - Verwertung eines Ebook auf verschiedenen Kanälen

Alexander Batel
Buch & Mehr
Published in
5 min readAug 2, 2015

Die #gamescom2015 steht mal wieder vor der Tür. Viele Romanvorlagen werden als Spiel umgesetzt, nicht nur als Film. Ob es solche Größen wie »Game of Thrones« sind, die ihre Umsetzung finden.
Oder die etwas kleinere Reihe »Shadowrun«, die ursprünglich als Pen&Paper-Rollenspiel begann und seit 1991 als Taschenbuchreihe bei Heyne erscheint.
Diese Beispiele sind nur exemplarisch zu nennen für den immer weiter zunehmenden Trend der crossmedialen Verwertung.

Doch welche Möglichkeiten bieten sich denn dem Self-Publisher, der nicht die finanziellen Mittel eines Verlagshauses besitzt?

http://melleum.com/data/uploads/11/299807-comics.jpg

Comics: Die »alte« Schule

Mittlerweile kann man das Medium Comic zum alten Eisen zählen, obwohl die Geschichte des modernen Comics noch relativ jung ist.

Es gibt die Mischform zwischen Romanen und Comics, die sog. Graphic Novels. Doch die sind für den zeichnerisch unbedarften Autor nicht unbedingt geeignet, außer man heißt Robert Kirkman oder hat ähnliches Talent.

Scott McCloud hielt in seinem Werk »Comics neu erfinden« fest: “ Keine Umsetzung eines Comics schöpft ihr komplettes Potenzial aus.” Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auch ein Roman dies nie erreichen kann. Versucht man es doch, könnte man den Leser schnell ermüden. (Empfehle auch Scott McClouds Comics machen ; insb. wenn man überlegt ein Graphic Novel zu erschaffen)

Um dem Leser neue Facetten seines schriftstellerischen Werkes näher zu bringen, kann hier ein Comic sehr hilfreich sein.

Nützlich ist hier die Kooperation mit einem fähigen Comic-Zeichner bzw. Illustrator oder seine Geschichte einem spezialisierten Verlag wie CrossCult heranzutragen. Die sind immer auf der Suche nach neuen, unverbrauchten Ideen.

Spiele: Aber ich bin doch kein Nerd… oder vielleicht doch?

Die Umsetzung als Spiel erscheint auf den ersten Blick doch recht schwierig, setzen die Publisher und Entwickler in erster Linie nur auf etablierte Marken. Es ist aber auch nachvollziehbar: Die Programmierung ist sehr kostenintensiv und zeitaufwendig.

Je nach Genre könnte man aber sein Werk auch in einem sog. Mod (=Modifikation eines Spiels) verwerten.

Man schreibt an einem Zombie-Horror-Survival-Roman?

Gut geeignet für Modding in diesem Genre ist das Spiel Project: Zomboid, wobei per Script verschiedene Events geschrieben werden können und ein Map Editor bereits erschienen ist.

Oder man hat ein mittelalterliches Setting, mit Intrigen, Verrat und Liebe?
Dann sollte man zu Crusader Kings 2 greifen: Modding ist hier schnell und einfach zu erlernen.
Das Schöne an dem Spiel ist, dass die Modding-Community irrsinnig groß und aktiv ist. Zugleich legten die Entwickler sehr viel Wert auf Intrigen, Verrat und Überleben der Sippschaft als Spielelemente.

Doch ich muss ehrlich zugeben:
Man könnte nicht für jedes Spiel das zugehörige Modding erlernen. Zudem ist es zeitintensiv, sodass weniger Zeit für weitere Schreibprojekte bleibt.

Aber man sollte nicht den Marketing-Effekt unterschätzen, den ein solcher Mod mit sich bringt. Außerdem: Man kann noch andere Mitstreiter aus den Communities für sich gewinnen. So ist man am Ende nicht allein am scripten.

Apps: Die moderne crossmediale Verwertung für »Smombies«

Erste Frage: Was ist ein Smombie? Ein Smartphone-User, der die ganze Zeit auf sein Telefon starrt und wie ein Zombie durch die Gegend läuft.
Und Smombies brauchen eine App?
Eine App ist die modernere Variante eines Hörbuchs: Wer auf der Zugfahrt eher Lust hat ein Buch zu hören, könnte auch dazu geneigt sein einer »Buch-App« seine Aufmerksamkeit zu schenken.

Ein Buch einfach als App umsetzen? Nein, das ist unsinnig. Wenn, dann sollte die App natürlich auch einen Mehrwert anbieten.

Gutes Beispiel hierfür ist »Die fantastischen fliegenden Bücher des Morris Lessmore«.
Der Entwickler »Moonbot Studios LA, LLC« hat sich auf die Entwicklung von Ebook-Apps spezialisiert.

Vorteil gegenüber einem Comic ist, dass man auch Musik oder Animationen einbauen kann. Nachteil ist aber, dass Apps aufwendig bei der Programmierung, insbesondere Android, und bei Updates sind.

Hörbücher, Vines & Youtube

Beispiel für einen erfrischend “anderen” Buchtrailer — dementsprechend sind die Klickraten hoch, auch für amerikansiche Verhältnisse — Link zum Buch

Neben einem möglichen Zusatzangebot bespielt der moderne Schreiberling zudem die verschiedensten Medien zum Zwecke des Marketings. Das Buch muss ja an den Mann gebracht werden.

Zusätzlich können aber auch neue Kunstformen vermittelt werden, die das Werk aus einem neuen Winkel beleuchten. Beispielsweise kurze Stop-Motion-Videos gepostet auf Vine. Ein Buchtrailer, der über die klassische Grundform der »Bewerbung« hinausgeht und eine kleine Geschichte erzählt.

Oder ein Hörspiel als Podcast oder Hörbuch könnte dem Leser den gewissen Mehrwert bieten. Natürlich könnte man auch sein Werk klassisch als Hörbuch vertonen. Wenn man eine gute Stimme und ein vernünftiges Equipment hat, könnte man dies auch selbst bewerkstelligen.
Man muss aber schon ehrlich zu sich selbst sein: Wenn man ein guter Schreiber ist, hat man nicht in jedem Metier, das auch nur entfernt an Kunst erinnert, automatisch ein gutes Händchen.

Dann sollte man einfach dies an kompetente Helfer abgeben.

Fazit

Viele Varianten stehen dem Selfpublisher von heute offen, wie er sein Werk medial dem Leser vermitteln kann. Letzten Endes sind die Grenzen nur von der Vorstellungskraft gesetzt. Und leider ist auch das Geld ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Ein Autor, ohne Verlag im Hintergrund, wird selten bei seinem Erstlingswerk die volle Produktpalette an crossmedialer Unterstützung seinen Lesern bieten können.

Doch auch wenn ein Verlag einen Autor unter Vertrag nimmt, wird ihm nur in den allerseltensten Fällen eine Förderung zukommen, die alle Möglichkeiten ausreizt.
Die Verlage kalkulieren eisern; sie sind aber auch durch die neuerwchsene Konkurrenz wie Amazon unter Druck geraten.
Auf der anderen Seite sind Schriftsteller oft so knauserig, dass schon von Beginn das Buch unter keinem guten Stern steht:
»Mein Werk ist Kunst. Es steht für sich selbst. Was zählt schon die Optik; meine Prosakunst ist doch ausreichend genug.«
Man sieht als alltäglich in den unsäglichen Diskussionen, die mit Grafikern geführt werden: »Nein, ich möchte für mein Buchcover gar nichts ausgeben. Man sollte mir Geld geben, dass mein Werk mit einem Bild verziert werden darf.«
Dementsprechend sehen leider auch die meisten Cover von Self-Publishern aus: Einfach grottig (wer jetzt pikiert ist, sollte sich lieber fragen, ob nicht doch etwas Wahres dran ist).

Man sollte gerade den (un-)heimlichen Riesen aus Übersee weiter beobachten, planen sie doch ihre Autoren mit einer lückenlosen crossmedialen Verwertungskette an sich zu binden. Doch muss man hier aufpassen, da man sich aus diesem Griff als kleiner Autor nur schwerlich wieder lösen kann.

Ich bin jedenfalls gespannt, ob und wie sich der Ebook-Markt auch im Hinblick auf VR verändern wird. Und welche Ideen Schriftsteller letzten Endes verwirklichen werden oder ob doch einer Rückbesinnung zum »alten Papier« vorgezogen wird.

Dir gefällt mein Beitrag?

Dann würde es mich freuen, wenn du auf den Recommend-Button klickst, damit auch andere Leser diesen Artikel angezeigt bekommen. Danke dir!

--

--

Alexander Batel
Buch & Mehr

Wortschmied und Buchstabenschwinger +++ Autor — SciFi & Fantasy +++ Impressum: http://on.fb.me/1KF1rIp