AfD, Chemnitz, Leak-Vorwürfe: Ist Maaßen noch zu halten?
Der Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, widerspricht in der Bewertung der Chemnitzer Vorfälle Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er zweifelt ohne Belege ein Video an und liefert damit Staatsverächtern Futter. Gerüchte um eine allzu große AfD-Nähe kursieren schon länger. Schafft er es, sich im Amt zu halten?
Zu Beginn ein Hoffnungsträger
Hoffnungsträger Maaßen? Im Jahr 2012 war dies genau seine Rolle, als er an die Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz berufen wurde. Sein Auftrag damals lautete, das Vertrauen in den Verfassungsschutz wieder her zu herstellen. Der Ruf des Inlandsgeheimdienstes hatte vor allem nach Bekanntwerden der NSU-Mordserie erheblich gelitten.
Zu jenem Zeitpunkt arbeitete Maaßen bereits seit 21 Jahren für das Bundesinnenministerium. Außerhalb der Ministerialbürokratie war Maaßen seinerzeit unbekannt. Allerdings kam zum Zeitpunkt seiner Berufung eine alte Affäre wieder hoch. Maaßen hatte im Jahr 2002 dafür gesorgt, dass dem Bremer Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz die Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland entzogen werden konnte.
Fehltritte und fragwürdige Äußerungen
Mittlerweile muss Maaßen um seinen Job fürchten, wozu er maßgeblich selbst beigetragen hat. Er steht wegen diverser umstrittener Handlungen und Äußerungen in der Kritik, wie zum Beispiel:
- Die von Maaßen initiierten Treffen mit AfD-Politikern wie der ehemaligen Parteichefin Frau Petry. Laut einer Aussteigerin soll Maaßen der Partei Ratschläge gegeben haben.
- Die Affäre rund um Anis Amri, den Attentäter vom Berliner Breitscheidtplatz. Maaßen dementierte, dass es einen V-Mann gegeben habe–inzwischen scheint das Gegenteil belegt. Zudem verschickte Maaßen einen “Korrekturbericht” an die Medien.
Der “Merkur” mit einer Übersicht seiner Fehltritte.
Die Opposition im Bundestag hat sich schon länger auf Maaßen eingeschossen. Doch vor allem wegen seiner Einlassungen zu den Geschehnissen von Chemnitz, wo es am 26. und 27. August zu schweren Ausschreitungen gekommen war, zog Maaßen die Kritik auf sich. Belastbare Informationen über “Hetzjagden” gebe es nicht, sagte Maaßen.
Zudem stellte er die Echtheit eines Videos infrage, in dem mehrere Rechtsextreme einen Mann mit schwarzen Haaren jagen:
Von dieser Position ist Maaßen nach Informationen von “Spiegel Online” mittlerweile abgerückt.
Das Problem: Maaßen konterkarierte mit diesen Aussagen nicht nur die Bundesregierung in Person von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Regierungssprecher Steffen Seibert.
Noch problematischer ist seine Andeutung, das Video sei gefälscht. Diverse Faktenchecks legen das Gegenteil nahe. Auch, wenn er jetzt offenbar zurückrudert: Warum ließ sich Maaßen, Leiter einer wichtigen Ermittlungsbehörde, ohne Belege zu einer solchen Einschätzung hinreißen?
Erhielt die AfD vertrauliche Informationen vom Verfassungsschutz?
Am Montag reichte Maaßen seinen Bericht bei seinem Vorgesetzten, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), ein. Dieser blockte Fragen nach Maaßens Zukunft zunächst ab. Er habe noch keine Zeit gehabt, dessen Bericht zu lesen. Doch wie lange wird er noch seine schützende Hand über Maaßen halten? Am Wochenende wurden zudem Vorwürfe publik, Mitarbeiter des Verfassungsschutzes würden bewusst Informationen an die AfD durchstechen:
Provoziert Maaßen seinen Rauswurf?
Am kommenden Mittwoch wird Maaßen vor dem Innenausschuss des Bundestags erwartet–wird er danach noch im Amt sein? Oder arbeitet er bewusst an seiner Demission? Diese Vermutung äußert Klaus-Dieter Frankenberger von der “FAZ” :
Ein Profi wie er, geübt in der Selbstdarstellung, wird sich nicht wundern, dass seine Entlassung gefordert wird. Vielleicht legt er es ja auf einen großen Knall an.
Im Hintergrund: der Konflikt Merkel vs. Seehofer
Wie auch immer die Affäre rund um den Verfassungsschutzpräsidenten ausgehe, letztendlich stehe dahinter ein größeres politisches Zerwürfnis, schreibt Stefan Braun von der “Süddeutschen Zeitung”, das zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer:
Horst Seehofer lässt es zu, dass der Chef des Verfassungsschutzes ohne Belege die Kanzlerin bloßstellt. Auf diese Weise trägt Seehofer einen politischen Angriff auf die Integrität der Regierungschefin mit.
Hinzu kommt: Entlassen werden kann Maaßen formal nur von Seehofer, seinem direkten Vorgesetzten.