Der Bamf-Skandal und seine politischen Konsequenzen

Sarah Borufka
upday DE
Published in
3 min readJun 5, 2018

Am Anfang standen Ungereimtheiten um 1200 falsche Asylbescheide in Bremen. Jetzt werden immer mehr Details über die Arbeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bekannt, die den Schluss nahelegen: Die Behörde war komplett überfordert. Bundesminister müssen sich rechtfertigen und selbst für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kann die Sache unangenehm werden.

Die Außenstelle des Bamf in Bremen. Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Es begann in Bremen

Im April wurde bekannt, dass die frühere Leiterin der Bremer Außenstelle Ulrike B. zwischen 2013 und 2016 in etwa 1200 Fällen Asyl gewährte — ohne dass dafür eine rechtliche Grundlage bestand. Der Vorwurf: Rechtsanwälte aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sollen systematisch Fälle ins Bremer Amt geleitet haben, um dort positive Bescheide zu erhalten.

Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Ulrike B. sowie drei Rechtsanwälte und einen Dolmetscher. “Focus Online” mit dem Überblick zur Affäre:

Aufklärer Horst Seehhofer?

Das Bamf samt Bremer Außenstelle untersteht Innenminister Horst Seehofer (CSU). Der kam lange nach den Vorgängen in Bremen ins Amt, ist also unbelastet. Im Interview mit dem ZDF versprach er:

“Es wird von mir schonungslos aufgeklärt”

Allerdings hatte er bald ein Problem, und damit begann der Skandal größere Kreise zu ziehen. Josefa Schmid, jene Beamtin, die von Ulrike B. die Leitung des Bremer Bamf übernahm, hatte wiederholt auf Missstände aufmerksam gemacht. Schmid wurde daraufhin versetzt. Sie wandte sich in einem persönlichen Brief an Seehofer — und zwar schon viel früher, als dieser offiziell eingestand.

Das gesamte Bamf war mit dem Flüchtlingsstrom überfordert

Hunderttausende Flüchtlinge kamen 2015 innerhalb weniger Monate. Die Geschichte jedes Einzelnen wurde von Bamf-Mitarbeitern überprüft. Aber die Behörde war unterbesetzt, Vorgaben und Technik fehlten, ebenso Dolmetscher. Immer wieder war vom “Antragsstau” im Bamf die Rede, wie z.B. dieser Bericht aus dem Frühjahr 2016 zeigt.

Frank-Jürgen Weise wurde 2015 als Krisenmanager an die Spitze des Bamf berufen. Die Leitung hat er bereits wieder abgegeben. Doch der Bremer Skandal fällt in seine Amtszeit, weswegen Weise sich im “Spiegel” zu Wort meldete: “Das Versagen war, nicht zu handeln, als feststand, welche Herausforderung durch die Geflüchteten auf Deutschland zukommt.” Dies habe “zu Überforderung und unhaltbaren Zuständen geführt”.

Ein Problem für Altmaier, de Maizière — und Merkel?

Angela Merkel wusste offenbar schon Anfang 2017 von den Mängeln in der Behörde. Der frühere Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise soll sie im persönlichen Gespräch über die Missstände informiert haben.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagt sogar, die Kanzlerin sei noch früher mit den grundsätzlichen Mängeln im Bamf befasst gewesen. Schon im Jahr 2015 soll Merkel demnach gemeinsam mit dem damaligen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), zugleich Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, zu dem Schluss gekommen sein, dass die Arbeit der Behörde reformiert werden sollte. Altmaier und de Maizière müssen am 15. Juni vor dem Innenausschuss des Bundestags aussagen.

Kommt der Untersuchungsausschuss zum Bamf?

FDP-Fraktionschef Christian Lindner hat am Montag offiziell einen Untersuchungsausschuss zur Bamf-Affäre beantragt. „Wir halten eine gründliche Ausleuchtung der Vorgänge für notwendig“, sagte er.

Der Ausschuss kommt aber nur zustande, wenn mindestens zwei weitere Parteien mitstimmen. Die AfD, Schmuddelkind des Bundestags, wäre wohl grundsätzlich bereit. Die Grünen hingegen sträuben sich, weswegen Lindner ihnen eine “Beißhemmung” vorwirft.

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