G7-Gipfel: Einer gegen alle
Freihandel, Klimapolitik, das Iran-Atomabkommen: Die Liste der Streitpunkte zwischen den USA und Europa ist lang. Der G7-Gipfel in Kanada verspricht, eine Zusammenkunft mit wenig Konsens und viel Misstrauen zu werden. Schafft es die EU, Lösungen für das angespannte Verhältnis zu den USA zu finden?
Ein tiefer Graben zwischen alter und neuer Welt
Am morgigen Freitag treffen sich die G7-Länder im kanadischen La Malbaie zu ihrem alljährlichen Gipfeltreffen. Überschattet wird das Treffen zum einen vom Streit um Strafzölle, die US-Präsident Donald Trump auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der Europäischen Union, Kanada und Mexiko verhängt hat. Auch auf Trumps Absage an das internationale Klimaabkommen von Paris reagierten EU-Politiker, gelinde gesagt, nicht gerade mit Begeisterung. Schon das letzte G7-Treffen in Taormina (Sizilien) 2017 verlief alles andere als harmonisch. Damals brachte es EU-Ratspräsident Donald Tusk (Polen) so auf den Punkt:
“Europa sollte Präsident Trump dankbar sein: Dank ihm sind wir nun frei von allen Illusionen. Er hat uns gezeigt: Sollten wir eine helfende Hand brauchen, finden wir sie am Ende unseres eigenen Armes.”
Für diesen Gipfel stehen die Vorzeichen noch schlechter. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte im Vorfeld klar, dass zwischen Deutschland und den USA ein tiefer Dissens bestehe. Sie ließ sogar offen, ob es dieses Mal überhaupt eine gemeinsame Abschlusserklärung geben wird.
Trump will im Zollstreit nicht nachgeben
Kanadas Premierminister Justin Trudeau rechnet mit “sehr, sehr offenen Gesprächen” und will Trump seinen Ärger persönlich übermitteln. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte in etwa das Gleiche — nur nannte er die Gespräche, die er mit dem US-Präsidenten führen werde, “freimütig”. Es scheint also, als seien EU und Kanada nicht mehr bereit, im Streit mit Trump ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Die USA haben im Vorfeld des Gipfels noch einmal betont, wie ernst es ihnen mit ihrer harten Linie im Zollstreit ist. Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow sagte:
“Das Welthandelssystem ist kaputt, wir versuchen es zu reparieren.”
Er nannte die Welthandelsorganisation (WTO) “komplett ineffizient” und bezeichnete Trumps Zollpolitik als eine der größten Welthandelsreformen der jüngsten Geschichte.
Rache, süße Rache
In Europa wächst der Widerstand gegen Trump: Ab dem 1. Juli verhängt Deutschland Vergeltungszölle gegen amerikanische Produkte wie Bourbon, Jeans und Tabak. Vor allem der Strafzoll auf Bourbon sorgte für Aufregung: “Ich hoffe, dass dieser Konflikt schnell beigelegt wird”, sagte beispielsweise Greg Fisher, der Bürgermeister der Bourbon-Hauptstadt Louisville im Bundesstaat Kentucky— der ist übrigens mit 62,5 Prozent Stimmen für die Republikaner fest in Trumps Händen. Im Jahr 2017 exportierten die USA Spirituosen im Wert von fast 790 Millionen Dollar (knapp 670 Millionen Euro) in die EU. Kein Wunder also, dass die Vergeltungszölle für wenig Vergnügen sorgen werden.
Im Streit mit den USA könnte der Rest der Welt näher zusammenrücken
Die harte Linie Trumps hat zumindest dazu geführt, dass die Europäer, Japan und Kanada näher zusammenrücken. Seit Trump im Weißen Haus regiert, hat sich die Gruppe quasi in 6 plus 1 gespalten. Neben Deutschland haben auch Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich mit Strafzöllen reagiert. Trump Handelskonflikte könnten so den Rest der Welt tatsächlich näher zusammenbringen. Ob es gelingt, ein gemeinsames Kommuniqué zu veröffentlichen, oder ob der G7-Vorsitzende die Ergebnisse lediglich zusammenfassen wird, bleibt angesichts Trumps “America First“ fraglich.