Trump feuert FBI-Chef Comey: Die Fakten zum Politbeben von Washington

The upday team
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4 min readMay 10, 2017

Was bezweckt Donald Trump mit dem Rauswurf des FBI-Chefs James Comey? Die Fakten, soweit sie bekannt sind, zu einer rätselhaften Affäre.

“Dear Director Comey”, beginnt Donald Trump das Entlassungsschreiben an James Comey Foto: Jon Elswick/AP/dpa

James Comey erfuhr von seiner Entlassung während einer Rede in Los Angeles — aus den Nachrichten, die hinter ihm über den Bildschirm flackerten. Der US-Präsident persönlich hatte den Chef des FBI gefeuert.

WAS IST GESCHEHEN? Donald Trump hat am Dienstagabend (Ortszeit) den Chef der Bundespolizei, James Comey, mit sofortiger Wirkung des Amtes enthoben. Er sei dabei dem Rat des Justizministers Jeff Sessions gefolgt, sagte Trump.

DIE OFFIZIELLE BEGRÜNDUNG: In einem knappen Brief aus dem Weißen Haus heißt es, Comey habe die Ermittlungen in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton nicht angemessen gehandhabt. Man wolle nun das “öffentliche Vertrauen und die Zuversicht” in die wichtigste Sicherheitsbehörde des Landes wiederherstellen. Der Brief im Wortlaut:

WER IST JAMES COMEY? Der 56 Jahre alte Ex-Jurist ist 2013 vom damaligen Präsidenten Barack Obama für zehn Jahre als Chef der Sicherheitsbehörde nominiert worden (hier ein Porträt des Mannes von tagesschau.de). Der ehemalige Republikaner ermittelte im Fall der E-Mail-Affäre gegen Hillary Clinton und sprach Barack Obama von der Behauptung frei, Donald Trump abgehört zu haben. Das hatte Trump ihm vorgeworfen.

Gefeuerter FBI-Chef James Comey Foto: Michael Reynolds/EPA/dpa

DIE ZWEIFEL: Die Begründung des Weißen Hauses — Comeys Umgang mit Hillary Clintons E-Mail-Affäre — löste vor allem aus einem Grund Irritationen aus: Trump hatte von genau jenen Ermittlungen im Wahlkampf profitiert.

Comey setzte knapp drei Wochen vor der Präsidentschaftswahl die Ermittlungen gegen Clinton (sie hatte Dienstmails vom privaten Rechner bearbeitet) wieder in Gang. Clinton nannte Comeys Vorgehen damals “zutiefst besorgniserregend”. Trump wiederum sah in der Affäre seiner Rivalin eine “ernste Bedrohung unserer Demokratie” und bekundete “Respekt für das FBI”.

Trump war in jedem Fall Nutznießer von Comeys Umgang mit der E-Mail-Affäre. Warum feuert er ihn jetzt deswegen?

DIE REAKTIONEN: Die oppositionellen Demokraten sind erwartungsgemäß empört — aber nicht nur sie. Zahlreiche Republikaner, also Leute aus Trumps eigener Partei, sind verblüfft, wie ihr hier lesen könnt.

MUSSTE COMEY WEGEN DER RUSSLAND-ERMITTLUNGEN GEHEN? Das lässt sich nicht eindeutig belegen. Tatsache ist: Das FBI ermittelt derzeit, wie intensiv die Kontakte zwischen Trump-Vertrauten und Vertretern Moskaus waren und sind — und ob Straftaten begangen wurden.

Donald Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn musste bereits wegen seiner Moskau-Kontakte sein Amt aufgeben. Er soll am 29. Dezember 2016 mit Russlands Botschafter Sergej Kisljak telefoniert und in mit ihm Sanktionen gegen Moskau diskutiert haben. Die Frage ist: Wusste Trump von den Machenschaften seines Beraters?

Es gibt zudem Indizien, dass Russland durch gezielte Hacker-Attacken und Medien-Kampagnen versucht hat, die US-Wahl zu beeinflussen und die Demokraten-Kandidatin Clinton zu schwächen.

TRUMPS WATERGRATE? Manche Kritiker sehen nach dem Rausschmiss von Comey Parallelen zum “Saturday Night Massacre” 1973: Damals hatte Präsident Nixon in der Watergate-Affäre einen unabhängigen Sonderermittler entlassen.

“Das ist ein grotesker Missbrauch von Macht und genau die Art von Verhalten, wie wir sie von Nichtdemokratien kennen” (Jeffrey Toobin, Rechtsanalyst)

Andere attestieren der US-Regierung sogar ein Demokratiedefizit. Politikwissenschaftler Andrew Denison meint: “Trump will etwas Schlimmeres vermeiden”.

Kommentatoren in deutschen Medien bewerten den Rauswurf Comeys ähnlich. tagesschau.de sieht einen “kritischen Moment für die Demokratie”.

FAZ.NET sieht in den Russland-Ermittlungen des FBI eine mögliche Erklärung für die Entlassung Comeys – vermutet aber auch noch einen anderen Grund.

Bei “Spiegel Online” wird auf das Risiko hingewiesen, das Trump mit dem Rauswurf eingeht. Immerhin ist das FBI ein mächtiger Ermittlungsapparat mit 35.000 Mitarbeitern. Schon einmal brachte das FBI einen Präsidenten zu Fall.

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