Donald Trumps Null-Toleranz-Politik und ihre Folgen
Es waren Bilder, die weltweit für Empörung sorgten: Weinende Kinder, die an der US-Südgrenze von ihren Eltern getrennt wurden, viele von ihnen im Grundschulalter, manche sogar jünger. Kritik an dieser Methode des US-Präsidenten Donald Trump, gegen illegale Einwanderer vorzugehen, kam von allen Seiten. Menschenrechtsorganisationen, Vertreter seiner eigenen Partei und der Papst bezeichneten die Familien-Trennungen als unmenschlich. Nun hat Trump die Praxis zwar per Dekret beendet — doch seinen Kritikern geht die Verordnung nicht weit genug.
Eine Audio-Aufnahme, die kaum zu ertragen ist
Es war ein Audio-Mitschnitt aus einem der Kinderlager an der US-Südgrenze, der das Grauen für viele erst richtig begreifbar machte. Ein Reporter des Non-Profit Newsdesk “ProPublica” machte ihn öffentlich. Auf der Aufnahme zu hören sind Kinderstimmen, die nach der Trennung von ihren Eltern darum betteln, wieder zu “Mama” oder “Papa” zu können. Eine Sechsjährige verhandelt mit den Beamten um ein Telefonat mit ihrer Tante, diktiert ihnen deren Telefonnummer und bettelt schließlich regelrecht darum, mit ihr sprechen zu können. Auch die flapsigen Kommentare eines Beamten sind auf der Aufnahme zu hören. Sie dauert knapp acht Minuten und ist nichts für zarte Gemüter.
Massenproteste gegen den US-Präsidenten
Vom 5. Mai bis 9. Juni wurden laut aktuellen Zahlen insgesamt 2342 Migrantenkinder von ihren Eltern getrennt — fast 67 pro Tag. Trumps harter Kurs gegen illegale Einwanderer ist schon seit seinem Wahlkampf kein Geheimnis, er warb unter anderem damit, dass er zwischen den USA und Mexiko eine Mauer errichten werde. Seine “Null-Toleranz-Politik” nahmen Parteikollegen bislang hin. Doch die Bilder von weinenden Kindern, von Mädchen und Jungen in Käfigen — das ging selbst vielen Republikanern zu weit. Menschenrechtsorganisationen riefen zum Protest auf, mehr als 80.000 Menschen unterschrieben eine Petition gegen die unmenschliche Methode.
Selbst die First Lady kritisierte die Familientrennungen
Nicht nur führende Republikaner gingen aufgrund der Familientrennungen an der Grenze auf Distanz zum Präsidenten— sogar First Lady Melania Trump ging diese Methode ihres Ehemanns zu weit. “Frau Trump hasst es zu sehen, wie Kinder von ihrer Familie getrennt werden, und hofft, dass sich die beiden Lager im Kongress endlich auf eine erfolgreiche Einwanderungsreform einigen können“, sagte ihre Sprecherin Stephanie Grisham.
Die Mehrheit der Bevölkerung findet die Methode unmenschlich
TV-Moderatorin Rachel Maddow brach in einer Live-Sendung auf MSNBC in Tränen aus, als sie die Meldung von den Familien, die an der Grenze von ihren Kindern getrennt werden, vorlesen sollte. Auf Twitter erhielt sie für ihre Emotionalität viel Zuspruch — zwei Drittel der Amerikaner sind laut einer Umfrage ebenfalls gegen die Familientrennungen.
Was steckt hinter Trumps Eingeständnis?
Der sonst so sture US-Präsident scheint sich nun dem Druck der Öffentlichkeit gebeugt zu haben — und unterschrieb am Mittwoch ein neues Dekret, das die Familientrennungen stoppt. Doch die Verordnung enthält viele Unklarheiten und juristische Schlupflöcher. Weiterhin unklar ist das Schicksal jener Kinder, die bereits interniert sind.
Hinter dem Einlenken Trumps steckt möglicherweise ein Kalkül: Er möchte seinen politischen Gegnern den Wind aus den Segeln nehmen, mit der öffentlich inszenierten Unterzeichnung einer Vereinbarung, die in weiten Teilen vage ist. Ob diese Rechnung aufgeht, ist allerdings unklar: Kinder dürfen nicht länger als 20 Tage in einem Internierungslager der Einwanderungsbehörden festgehalten werden, selbst, wenn die Eltern dabei sind — so lautet ein Gerichtsurteil von 1997. Der Regierung drohen also Klagen, wenn sich in den Fällen der bereits festgehaltenen Kindern nichts tut.