Erdogan allmächtig — wohin steuert die Türkei nach der Wahl?

Thomas Kieschnick
upday DE
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3 min readJun 25, 2018

Recep Tayyip Erdogan holt bei den Präsidentschaftswahlen in der Türkei die absolute Mehrheit und zementiert seine Macht. Hat der Westen die türkische Opposition überschätzt? Wie steht es um die Demokratie im Land? Und kann die Bundesrepublik jetzt noch mit Ankara zusammenarbeiten? upday mit den Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Erdogan allmächtig? Der türkische Präsident feiert seinen Wahlsieg. Foto: Uncredited/POOL Presidency Press Service/dpa

Hat der Westen die türkische Opposition überschätzt?

Am Ende war das Ergebnis deutlicher als erwartet: Mit 52,5 Prozent holte Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit bei den türkischen Präsidentschaftswahlen. Herausforderer Muharrem Ince gestand am Montag seine Niederlage ein. Auch wenn die Wahlen von Manipulationsvorwürfen überschattet waren: Zahlreiche Beobachter hatten ein engeres Rennen erwartet. “Wechselstimmung in der Türkei? Pustekuchen! Sehr viele (…) haben die Stimmung in der Türkei ebenso falsch gedeutet, wie es viele Oppositionsführer getan haben”, kommentiert die ‘Frankfurter Allgemeine Zeitung’.

Wie demokratisch ist das System Erdogan noch?

Der Wahlsieg von Erdogan schließt einen Prozess ab, den der türkische Präsident euphemistisch als “demokratische Revolution” bezeichnet. Per Verfassungsänderung hatte er das Amt des Präsidenten mit umfassenden Befugnissen ausstatten lassen (Die Geschichte von Erdogans Aufstieg lest ihr hier). Mit der Wahl vom Sonntag ist Erdogan jetzt auch Regierungschef — das Parlament ist weitestgehend entmachtet. Was hat das neue System noch mit demokratischen Institutionen zu tun? ‘Spiegel Online’ hat die Antworten:

Kann Deutschland noch weiter mit der Türkei kooperieren?

“Sollte Erdogan bei zentralen Grundwerten wie den Menschenrechten nicht endlich liefern, muss Brüssel die Reißleine ziehen und die Beitrittsgespräche beenden”, kommentiert der österreichische Kurier die türkischen Wahlen. Und in der Tat: Es deutet sich bereits an, dass die Türkei ihre internationalen Partner nicht mehr diesseits des Bosporus verortet. Als Erste gratulierten Wladimir Putin (Russland) und Hassan Rohani (Iran) zum Wahlsieg. Kanzlerin Angela Merkel schlug weniger euphorische Töne an und sprach von “konstruktiven Arbeitsbeziehungen” zur Türkei. Ein Verweis auf die Zukunft des Flüchtlingsdeals?

Warum schnitt Erdogan in Deutschland so gut ab?

Rund 1,4 Millionen in Deutschland lebende Türken konnten am Sonntag ihre Stimme für einen der Präsidentschaftskandidaten abgeben — weniger als 50 Prozent machten davon Gebrauch. Die überwältigende Mehrheit von ihnen votierte für Erdogan. Ähnlich gestaltete sich das Bild in Belgien, den Niederlanden und Großbritannien. Warum erzielt Erdogan bei den Türken in Europa derart gute Wahlergebnisse? Eine Erklärung findet ihr hier auf ‘tagesschau.de’.

Bastelt Erdogan an einer Dynastie?

Wird Recep Tayyip Erdogan jetzt türkischer Präsident auf Lebenszeit? Wohl kaum. Trotz zementierter Machtposition bastelt der 64-Jährige offenbar schon an seiner Nachfolge. Die kommt aber nicht aus der AKP, sondern aus der eigenen Familie. Sein Schwiegersohn Berat Albayrak gilt bereits jetzt als sein engster Berater. Warum Erdogan Albayrak gegenüber seinen eigenen Kindern bevorzugt, lest ihr auf ‘Focus Online’.

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Thomas Kieschnick
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