Kommt wegen Italien die Euro-Krise zurück?
Nach der gescheiterten Regierungsbildung von Rechten und Populisten steckt Italien tief in der Krise. Staatspräsident Sergio Mottarella bekommt Morddrohungen, Lega und Fünf-Sterne-Bewegung organisieren Protest auf der Straße, die Zinsen für italienische Staatsanleihen schnellen hoch. Das könnte Folgen für ganz Europa haben.
Lega und Fünf Sterne sehen aus wie die sicheren Sieger
Lega und Fünf Sterne waren sich einig — aber dann kam ihnen Sergio Mattarella in die Quere. Der Präsident weigerte sich, den Euro- und Deutschland-Kritiker Paolo Savona („Deutschland hat seine Vision für seine Rolle in Europa nach dem Nationalsozialismus nicht geändert”) zum Finanzminister zu ernennen. Die Regierung war geplatzt. Jetzt steht Italien vor Neuwahlen. Und es sieht so aus, als könnten davon ausgerechnet die Rechtsextremen und die Populisten profitieren.
Hetze gegen den Präsidenten
In sozialen Medien gibt es Morddrohungen gegen Mattarella. Auch Lega und Fünf Sterne machen Stimmung gegen den Präsidenten. “ZEIT ONLINE” analysiert, ihre Strategie richte sich im Kern gegen die Demokratie — und sie scheine aufzugehen.
Die Lega und die “Wildsau”
2013 erreichte die rechtsextreme Partei, die damals noch “Lega Nord” hieß, nur drei Prozent. Jetzt steht sie bei 25. Dahinter steht Matteo Salvini, den viele in Italien “il cinghiale” nennen: “die Wildsau”. Er hat Silvio Berlusconi beiseite geschoben, verpackt die Unzufriedenheit der Italiener in einfache Sprüche. Und in denen ist allzuoft Europa an allen Problemen schuld.
Investoren und Börsen sind nervös
Die Auswirkungen der italienischen Regierungskrise sind bis an die Wall Street zu spüren, sie brachte auch den Euro unter Druck, der am Mittwoch zeitweise bei 1,1510 US-Dollar stand. Zinsen für italienische Staatsanleihen stiegen erstmals seit 2014 auf mehr als drei Prozent (Zum Vergleich: Deutschland kann sich Geld derzeit schon für 0,31 Prozent leihen). Die EZB warnt Italien denn auch vor einem Aufflammen der Staatsschuldenkrise:
“Als 2012 Finanzmärkte das Land attackiert haben, hat das gezeigt: Sie können in ihrer Wahrnehmung sprunghaft sein und die Risikoeinschätzung für einen Schuldner abrupt und schnell ändern, manchmal mit gravierenden Folgen.”
Vitor Constâncio, Vizepräsident der Europäischen Zentralbank
Würde die EZB im Notfall Italien vor der Pleite retten? Die gesamte Lage weckt bei Analysten Erinnerungen an die Eurokrise 2011/2012.
Das sagt ein deutscher Wirtschaftsexperte
Hans-Werner Sinn, der langjährige Präsident des Ifo-Instituts, kann sich jedenfalls einen Euro-Austritt Italiens durchaus vorstellen. Forderungen nach höheren Staatsschulden und Schuldenerlassen, die Lega und Fünf Sterne bei ihrem geplatzten Bündnis gestellt hatten, würden die Lage zusätzlich verschärfen, so Sinn.
Carlo Cottarelli soll es richten
Bis zu Neuwahlen könnte Carlo Cottarelli, 63, Ex-Direktor beim IWF, Ex-Sparkommissar der italienischen Regierung, die entscheidende Figur werden. Mottarella hat ihn als Übergangspremier vorgesehen. (“WirtschaftsWoche” porträtiert ihn als “Italiens Ausputzer”.) Allerdings will der Präsidentenpalast nun aber doch noch einmal abwarten. Offenbar gibt es Hoffnung, dass doch noch eine reguläre Regierung zustande kommt. Fünf Sterne wenigstens zeigt sich kompromissbereit.